Anton Biebl:Ein Mann, viele Baustellen

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Anton Biebl beim SZ Kultursalon. (Foto: Stephan Rumpf)

Münchens neuer Kulturreferent Anton Biebl stellt seine Handlungsziele für die nächsten Jahre vor.

Von Christiane Lutz

Seit neun Jahren schon ist Anton Biebl im Münchner Kulturreferat beschäftigt - stets in zweiter Reihe allerdings, als Stellvertreter des ehemaligen Kulturreferenten Hans-Georg Küppers. Seit 1. Juli dieses Jahres nun ist Biebl in die erste Reihe aufgerückt, und somit auch aufs Podium im Pathos, wohin die Süddeutsche Zeitung zum SZ Kultursalon geladen hatte. Im Gespräch mit Nina Bovensiepen, Leiterin des Ressorts München, Region und Bayern, und Susanne Hermanski, Leiterin der Kulturredaktion, bezieht Biebl Stellung zu alten und neuen Themen, für die er nun verantwortlich ist.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Durch die hohen Fenster des "Pathos" auf dem Kreativquartier kann man jetzt ins Innere blicken - auf den SZ Kultursalon etwa mit Anton Biebl (vorne Mitte), der sich den Fragen von Susanne Hermanski und Nina Bovensiepen (rechts) stellte. Jahrzehntelang war der Industriebau in eine Black Box umgewandelt.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Neue Pfade für die Kultur beschreiten Daniel Hahn, der etwa die Alte Utting auf die Bahnbrücke stellte, und Judith Huber. Die künstlerische Leiterin des Pathos hat das Theater so licht wie lässig renoviert und war die Gastgeberin des Abends.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Die Theatermacherinnen: Ingrid Trobitz (links) ist die designierte stellvertretende Intendantin des Residenztheaters, sie wird das Haus von der kommenden Spielzeit an mit Andreas Beck leiten. Andrea Gronemeyer ist seit 2017 die Intendantin der Schauburg.

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(Foto: Stephan Rumpf)

An jedem Finger ein Großprojekt: Anton Biebl hat in den nächsten Jahren als Kulturreferent jede Menge Baustellen zu bewältigen und dies im wahrsten Sinne des Wortes: Die Gasteig-Sanierung, das neue Volkstheater und das Stadtmuseum sind nur drei davon.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Zukunftsmusik: Michael Amberger plant im Heizkraftwerk Aubing ein Kunst- und Eventzentrum, dessen Intendantin wird Marie Theres Sturm sein. Christian Beuke (rechts) hatte den Bau früher als Interimsort für die Philharmoniker im Auge.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Alles was zählt: Reinhard Scolik, seit 2016 Fernsehdirektor des Bayerischen Rundfunks, nutzt den zweiten Teil des SZ Kultursalon-Abends, um sich Anton Biebl persönlich vorzustellen und gemeinsame Themen anzureißen.

Das Kreativquartier

Biebl ist überzeugt davon, dass das seit 15 Jahren in Planung befindliche Kreativquartier für geschätzte 93 Millionen Euro auch wirklich entstehen wird. Also genau da, wo Biebl beim Kultursalon sitzt. Die kulturell genutzten Orte Jutier- und Tonnenhalle werden renoviert, das bereits dort angesiedelte internationale Kulturlabor Imal soll an der Stelle erhalten bleiben sowie auch das kürzlich aufgefrischte Theater Pathos. "Ich habe Herrn Küppers gesagt, er soll sich am 18. Juli 2025 nichts vornehmen, da eröffnen wir nämlich", sagt Biebl und lobt außerdem den zwar langsamen, aber steten Fortschritt des Projekts.

Der Gasteig

Die Sanierung des Gasteig ist eine weitere, von Küppers geerbte Großbaustelle des neuen Kulturreferenten. "Ich bin seit Beginn der Planung zur Sanierung des Gasteig im Lenkungskreis und den Leitungsgremien", sagt Biebl, "und habe meine Meinung zur Vorgehensweise in der Zeit nicht geändert." Er ist überzeugt, dass die Philharmoniker im Herbst 2021 ihr Interimsquartier am Stadtwerke-Areal in Sendling beziehen werden. Auf die Frage, ob er Angst vor dem temperamentvollen Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker Valery Gergiev habe, antwortet Biebl höflich - wie er grundsätzlich extrem höflich antwortet: "Nein, wir sind noch nie aneinandergeraten. Gergiev fragt nur bei jeder Begegnung, ob wir mit der Sanierung im Zeitplan sind." Biebl erklärt außerdem das System der "Steckbriefe", die für die Generalsanierung des Gasteig erstellt worden sind und das Zentrum in 25 Bereiche gliedert. Einer davon ist der Carl-Orff-Saal. Für diesen steht zur Diskussion, ihn von 800 auf rund 1000 Plätze auszubauen und mit einer multifunktionalen Bühne auszustatten. Ein Thema, das Biebl dabei besonders am Herzen liegt, ist die Kulturvermittlung. Die nämlich soll künftig viel stärker im Gasteig stattfinden. Auch in der Zentralbibliothek, die für die Sanierung ebenfalls zu großen Teilen ausziehen muss. Für die Münchner Stadtbibliotheken gefällt Biebl die Idee des "Third Place", also der Bibliothek als erweitertes Wohnzimmer. Dahin sollen sich die Stadtbibliotheken entwickeln, mit verlängerten Öffnungszeiten etwa.

(Foto: N/A)

Das Stadtmuseum

Seit Langem strahle nichts mehr am maroden Münchner Stadtmuseum, beklagt Ressortleiterin Nina Bovensiepen, das sei für eine Stadt wie München doch peinlich. Biebl pflichtet ihr diplomatisch bei - wie er überhaupt sehr diplomatisch ist. Manch einer fände ja nicht mal den Eingang zum Museum. Lang schon ist ein umfassender Umbau geplant, passiert ist nichts. Neuster Stand: Eine Generalsanierung für rund 200 Millionen Euro könnte Ende 2022 beginnen, das Museum müsste für mehr als sieben Jahre schließen. Biebl sagt, eine am Nachmittag desselben Tages abgehaltene Fraktionssitzung im Stadtrat "lässt mich diesbezüglich froh zurück", Genaueres verrät er nicht. Die "Zukunftsfähigkeit des Stadtmuseums" jedenfalls müsse "bautechnisch herbei geführt" werden.

Die Münchner Theater

Viel lieber als über das Stadtmuseum spricht Anton Biebl vom gerade im Schlachthofviertel entstehenden Volkstheater. Wo, fragt er, würden überhaupt noch nagelneue Theater gebaut? Er betont, dass leider nicht ohne Weiteres an jeder Stelle des Bedarfs kurz mal 131 Millionen Euro aufgetrieben werden könnten. Das Volkstheater habe sich den Neubau "verdient", weil das Haus hervorragende Kunst unter schlechten Bedingungen mache. Zum Weggang von Matthias Lilienthal von den Kammerspielen im Sommer 2020 und der damit verbundenen Sorge mancher Theaterfans, die Uhr würde künstlerisch zurückgedreht werden, sagt Biebl, er habe großen Respekt vor Lilienthals Arbeit, weil es ihm gelungen sei, das Theater zu öffnen. Nicht zuletzt durch sein öffentliches Engagement gegen Rassismus und rechte Hetze. Der Nachfolgerin Barbara Mundel aber würde er, wieder diplomatisch, jede Unterstützung anbieten, ohne sich in konkrete Spielplanideen einzumischen.

Kulturelle Stadtentwicklung

Einerseits widme sich die Stadt der Errichtung des Werksviertels mit dem neuen Konzerthaus - andererseits ließe sie sich Filetstückchen wie die Paketposthalle durch die Finger gleiten, die für allerlei kulturelle Nutzung in Frage gekommen wäre. Werden da etwa einige Stadtteile bevorzugt? Auch wenn die Paketposthalle inzwischen an einen privaten Investor verkauft sei, sagt Biebl, wäre die Stadt offen, mit diesem über eine mögliche kulturelle Nutzung zu verhandeln. Er nimmt sich für seine Amtszeit vor, mit Stadtbaurätin Elisabeth Merk und Kommunalreferentin Kristina Frank, künftig früher bei der Stadtentwicklungsplanung dabei zu sein. Er betont außerdem, dass in allerlei Stadtteilen neue Kulturzentren entstünden, wie etwa der Kopfbau Pasing im Westen, oder die Luise für Ludwigsvorstadt, Isarvorstadt und Sendling.

© SZ vom 17.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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