Mit dem Wörtchen "granular" ist es so eine Sache, das merkt man schon an diesem Texteinstieg. Wörtchen, es geht hier also vermeintlich nur um Kleinigkeiten. Doch das ist ein Irrtum. Aus dem Lateinischen abgeleitet - granum - ist das Korn, oder, nun ja, das Körnchen gemeint, eine Feinstruktur, die zwar kleinteilig, aber deshalb nicht unbedingt unbedeutend ist. So war es vermutlich auch gemeint, als Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) die Beschlüsse von Bund und Ländern zum Bürokratieabbau und zur Begrenzung der Migration am Dienstag kommentierte. Sie seien zwar "granular", würden aber "eine ordentliche Wirkung entfalten". Rhein scheint sich also der häufigen Fehlinterpretation des Wortes bewusst zu sein, denn nur weil aus etwas viele Körnchen werden, verliert es nicht an Gewicht. In der Medizin ist das Zerkleinern tatsächlich ein bewährtes Prinzip. Medikamente werden mitunter bewusst als Granulat verabreicht, entweder zum Lutschen oder aufgelöst in Wasser. Das hilft etwa Patienten, denen das Schlucken schwerfällt oder die eine sehr fein justierte Dosierung benötigen. Aber, und das weiß man womöglich auch im politischen Berlin: Es gibt auch Granulate, die resistent sind gegen Magensaft. Sie entfalten ihre Wirkung deshalb erst sehr spät.
Aktuelles Lexikon:Granular
Wenn Politiker ihre Beschlüsse als "granular" bezeichnen, heißt es nicht, dass sie zu vernachlässigen sind. Im Gegenteil.
Von Felix Hütten
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