In München gibt es zwei Viertel, die weit über die Stadt hinausstrahlen: das einst mondäne Schwabing, die Szene-Heimat der Bohème und vieler Künstler - sowie das bodenständige Giesing, das seine Bekanntheit vor allem einer Person verdankt. Franz Beckenbauer ist hier aufgewachsen, als Straßenkicker, und hier musste er sich entscheiden, zu welchem Verein er wechselt: zum eher schnöseligen FC Bayern in der nahen Säbener Straße oder zum Giesinger Arbeiterverein TSV 1860 in der Grünwalder Straße.
Wie sehr sein Viertel auch Beckenbauer geprägt hat, belegt ein Spruch über ein mieses Fußballspiel: "Das war ein bisschen wie Obergiesing gegen Untergiesing." Tatsächlich ist sein Heimatviertel zweigeteilt: Es streckt sich im Südosten Münchens unten bis an die Isar und oben die Flusskante hinauf bis zum noblen Harlaching. Viele Wohnblöcke von Genossenschaften bewirken, dass sich Alteingesessene die Lage noch leisten können. Mittendurch pflügt sich als Lebensader brachial die Tegernseer Landstraße, liebevoll Tela genannt. Für den rauen Charme Giesings stehen auch die typischen Stüberl, also Bierkneipen, die von der Gentrifizierung noch verschont blieben.