Soll keiner sagen, die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer wären nicht auf der Höhe der Zeit! "Wir sehen, dass die Folgen des Klimawandels bei 1,5 Grad Celsius viel geringer sind als bei zwei Grad", so steht es wörtlich in der Schlusserklärung ihres Treffens in Rom. Recht haben sie! Nur, was folgt daraus? Da wird es dürftig.
Nie lag ein G-20-Gipfel strategisch so wichtig wie dieser. Die Gespräche in Rom liefen noch, da wurden die in Glasgow gerade eröffnet. Aus der italienischen Hauptstadt hätten Impulse kommen können für den zweiwöchigen Klimagipfel in Schottland, sie hätten vor allem Entwicklungsländern Gewissheit geben können: Der Club der 20, in dem alle aktuellen und historischen Verursacher des Klimawandels versammelt sind, dieser Club meint es ernst. Das Treffen in Rom hätte die wichtigste Ressource internationaler Verhandlungen in rauen Mengen fördern können: Vertrauen.
Doch das hat er versäumt.
Ferne Ziele versprechen sich leicht
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die G 20 nun kollektiv darauf verständigen, um die Mitte des Jahrhunderts herum, kohlenstoffneutral zu wirtschaften. Also nicht mehr CO2 in die Atmosphäre zu pusten, als sich gleichzeitig der Atmosphäre entziehen lässt. Das entspricht nur dem, was die meisten G-20-Mitglieder schon vorher zugesagt haben. Und gemessen an ihrer 1,5-Grad-Erkenntnis wäre alles andere auch blanker Hohn.
Doch ferne Ziele versprechen sich leicht. Entscheidend ist, was in naher und mittlerer Zukunft geschieht. Genau da aber bleiben die G20 vage. Manche ihrer Mitglieder, etwa Australien, haben schon durchblicken lassen, dass sie weiter fleißig Kohle baggern wollen, solange es einen gibt, der sie dann auch verfeuert.
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Eine Gruppe von Staaten hat angekündigt, Südafrika beim Ausstieg aus der Kohleverstromung zu unterstützen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze spricht von einem "Vorzeigeprojekt".
Klimaschutz ja, aber keine Einschränkungen daheim - mit solchen Staaten ist keine Welt zu machen. China legt einen neuen Klimaplan vor, bekennt sich darin aber zu altbekannten Zielen; und Indien bleibt einen solchen Plan gleich ganz schuldig. Die Verantwortung sieht Delhi bei den anderen: Sollen die doch erst mal schön liefern.
Trotzdem war das Treffen in Rom nicht sinnlos
Gemessen an solchen Kandidaten hat Italien mit seiner G-20-Präsidentschaft schon einiges erreicht. Das Ende der internationalen Kohlefinanzierung etwa, vom Ende dieses Jahres an. Die Erwähnung eines Preises auf Kohlendioxid als probates Mittel. Oder eben die bloße Nennung des 1,5-Grad-Ziels als eigentlich sinnvolle Sache. Es ist noch gar nicht lange her, da spendierten die G20 dem Klimaschutz bestenfalls zwei Absätze weit hinten. Diesmal sind es derer neun. Nur: Prosa allein rettet das Klima nicht.
Die 20 stehen für vier Fünftel aller Emissionen. Doch wer gehofft hat, ihre kollektive Erkenntnis würde dem Gipfel in Glasgow Flügel verleihen, sieht sich nach diesem Wochenende enttäuscht. Gut nur, dass sie in ihren Formulierungen so schwammig geblieben sind: Das macht Fortschritte beim Klimagipfel zwar nicht leichter - aber auch nicht völlig unmöglich. Und zum Glück sitzt der Club der Klimasünder in Glasgow nicht mehr alleine da. Sondern mit all denen zusammen, denen das Wasser bald buchstäblich bis zum Hals steht.