G 20 in Rom:Klima des Ungefähren

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Gruppenbild vor dem Trevi-Brunnen in Rom: Treffen der Staats- und Regierungschefs der G 20 mit mauen Ergebnissen (Foto: Andreas Solaro/AFP)

Er hätte ein Trampolin der Hoffnung werden können. Doch der römische G-20-Gipfel produziert nur ein vages Schlussdokument - nicht eben eine Starthilfe für COP26 in Glasgow. Eine Gipfelbilanz in sechs Kennzahlen.

Von Oliver Meiler, Rom

Auch eine durchgemachte Nacht der Unterhändler brachte keinen Durchbruch. Das Treffen der G-20-Staaten in Rom ist am Ende auch hinter den Erwartungen der gastgebenden Italiener zurückgeblieben. Das gilt vor allem für den Klimaschutz, der im Zentrum dieses ersten Gipfels nach Beginn der Corona-Pandemie stand. Rom hätte ein Wegbereiter werden können für die zweiwöchige Klimakonferenz in Glasgow, die COP26. Eine Art Trampolin der Hoffnung. Stattdessen haben die großen Wirtschaftsmächte einmal mehr offenbart, dass sie sich nicht einig sind über die Dringlichkeit beim Kampf gegen die Erderwärmung. Wider anderslautender Bekenntnisse. Dabei sind sie es, die zusammen für achtzig Prozent des globalen CO2-Ausstosses verantwortlich sind. Italiens Premier Mario Draghi sprach von "ungenügenden Zusagen", obschon das der "entscheidende Moment" zum Handeln sei.

2050? 2060?

Der Westen und Europa im Besonderen hatte darauf gedrängt, dass sich die G 20 darauf festlegen, bis 2050 Kohlendioxidneutralität zu erreichen. Doch mindestens drei wichtigen Partnern geht das zu schnell.

So war Chinas Staatschef Xi Jinping erst gar nicht nach Rom gereist. Er will höchstens über ein Zieldatum 2060 mit sich reden lassen. Xi sagte in seiner Videobotschaft, der industrialisierte Westen, der über Jahrzehnte hinweg keine Rücksicht nehmen musste auf die Umwelt, solle mal mit guten Beispiel vorangehen. Die nun aufstrebenden Mächte sollten dieselben Chancen für einen Aufstieg haben, wie die früh industrialisierten Staaten. Das findet auch Indien, das gar keine Zeitangabe nennen mochte.

Auch Russland wehrte sich gegen eine Zielvorgabe mit dem Datum 2050, Präsident Wladimir Putin war ebenfalls zu Hause geblieben. Für ihn würde eine schnelle Einschränkung fossiler Brennstoffe bedeuten, dass er weniger geopolitische Druckmittel hätte: So ist Gas ist ein Machtfaktor im Wettstreit mit dem Westen, gerade in Zeiten knapper Ressourcen.

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Und so einigte man sich in Rom für die Klimaneutralität auf die vage und deshalb für viele enttäuschende Definition "bis Mitte des Jahrhunderts".

100 Milliarden Dollar

Als sich abzeichnete, dass kein Konsens über eine fixe Jahreszahl zu erreichen war, versuchte Italien eine parallele Verhandlungsschiene. Diese sollte den Flop des Gipfels etwas kaschieren: Man wollte den Betrag, den die reichen Länder den armen für den ökologischen Wandel zuschießen wollen, von den ausgemachten 100 auf 150 Milliarden Dollar aufstocken. Doch auch da gab es Widerstand, am Ende bleibt es bei den 100 Milliarden, die schon vorher klar waren.

1,5 Grad

Im Schlussdokument des Gipfels steht nun auch, die G 20 würden sich dafür einsetzen, dass die globale Erderwärmung bis Mitte des Jahrhunderts nicht mehr als 1,5 Grad Celsius betragen soll - im Vergleich zum vorindustriellen Niveau. Das wurde am Sonntagmorgen als Übereinkunft in letzter Minute präsentiert, als wäre es ein Fortschritt. Doch die 1,5 Grad waren das schon immer vereinbarte Ziel. In den vergangenen Tagen hatte in den Unterhändlerrunden in Rom aber eine andere, weniger ambitionierte Formulierung für das Statement zirkuliert, nämlich "zwischen 1,5 und 2 Grad". Und so galt 1,5 Grad plötzlich als halber Erfolg.

3,3 Tonnen

Drei ganze Erfolge gab es beim römischen Gipfel dann doch. Allerdings ist von denen höchstens einer nebenbei auch klimafreundlich: Die USA und die EU haben ihren Streit über Strafzölle auf Stahl und Aluminium beigelegt. Gemeinsam möchten sie nun dafür sorgen, dass deren Herstellungsmethoden künftig nachhaltiger werden: Überkapazitäten sollen abgebaut und die CO2-Emissionen verringert werden, möglichst global. Der Konflikt über die Zölle ging auf die Zeit zurück, als Donald Trump US-Präsident war. Nachfolger Joe Biden nutzte seinen Aufenthalt in Rom dafür, die Bande mit den europäischen Partnern wieder zu festigen. Die USA werden zwar weiterhin Einfuhrzölle erheben: 25 Prozent für Stahl und zehn Prozent für Aluminium. Doch im Fall der EU sollen mindestens die ersten 3,3 Millionen Tonnen pro Jahr ganz zollfrei sein.

15 Prozent

Die Staats- und Regierungschefs der G 20 finalisierten außerdem einen Beschluss der Finanzminister: Demnach sollen künftig international tätige Großunternehmen in allen Ländern, in denen sie Geschäfte machen, eine Mindeststeuer von 15 Prozent auf ihre Gewinne entrichten müssen - egal, wo sie ihren Steuersitz haben. So sollen auch die globalen Big Player aus der Netzökonomie zum Zahlen gebracht werden, etwa Google, Facebook und Netflix.

70 Prozent

Die G 20 setzten sich auch ein Ziel bei der Bekämpfung der Pandemie: Bis Mitte 2022 sollen mindestens 70 Prozent der Weltbevölkerung gegen Covid-19 geimpft sein. Draghi sagte, es sei "moralisch inakzeptabel", dass im reicheren Teil der Welt bereits 70 Prozent der Menschen geimpft seien, während die Quote in den ärmsten Ländern bei lediglich drei Prozent stehe. Auch da sei multilaterales Engagement nötig, sagte Draghi. Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass die Reichen den Armen Impfstoffe versprechen. Bisher blieb es weitgehend beim Versprechen.

Hier finden Sie die Abschlusserklärung des G-20-Treffens im Original.

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