Nachruf:Ihr letzter Fall

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"Es ging in der Arbeit mit ihr um Genauigkeit, aber auch um Freiheit": Stephanie Heckner (rechts) 2018 mit Dagmar Manzel und Fabian Hinrichs in Bayreuth. (Foto: Regina Wagner/imago/Future Image)

Warum der Franken-"Tatort" eine Widmung trägt: über das Lebenswerk der jüngst verstorbenen BR-Redaktionsleiterin Stephanie Heckner.

Von Claudia Tieschky

Der Tatort am Sonntag trägt eine Widmung. "Im Gedenken an Stephanie Heckner", ist am Ende eingeblendet. "Hochamt für Toni" war ihr letzter Film. Heckner ist am 27. März gestorben. Ohne sie gäbe es keinen Franken- Tatort, sie hat ihn erfunden. Stephanie Heckner leitete beim BR die Redaktion Reihen und Mehrteiler; sie hat von 2013 an den Münchner Tatort betreut und die Regionalkrimis, sie war mit der Eberhofer-Reihe befasst und Redakteurin unter anderem des hochbrisanten Fernsehfilms Operation Zucker über organisierte sexuelle Gewalt gegen Kinder.

Im Gespräch mit Menschen, die mit Stephanie Heckner gearbeitet haben, entsteht das Bild einer Frau, die sehr konstant das Außergewöhnliche im Fernsehen gefördert hat, die Unter- und Nebentöne des Lebens in Filme gebracht hat, und dieses Leben durfte sogar in der sogenannten Provinz spielen. "Stephanie war jemand, der wirklich großes Interesse an Geschichten hatte, an Figuren, an Menschen", sagt Michael Polle, das als Produzent und Geschäftsführer von X-Filme mehrere Tatorte mit Heckner gemacht hat, auch ihren letzten. Gabriela Sperl, Produzentin von Operation Zucker, sagt: "Sie war jemand, der sich mit großer Freude auch an ausgefallene, schwierige Themen gewagt und sie zum Erfolg geführt hat - eine mutige Kämpferin."

Über Redakteure im öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiß man im Allgemeinen nicht viel, oft wird über Mutlosigkeit geklagt, über das angebliche Einbremsen der Kreativität von Regie und Autoren. Einige aber schaffen abseits öffentlicher Sichtbarkeit ein eigenes Lebenswerk. Stephanie Heckner gehört dazu. Sie wird als 150-Prozent-Frau beschrieben, mit allen Folgen, die das für einen selber und die anderen hat. Wenn man den Unterschied sucht zu durchschnittlichen Arbeitssüchtigen, dann hört man von ihrer Brillanz und Kreativität, oder wie Polle es ausdrückt: "Es ging in der Arbeit mit ihr um Genauigkeit, aber auch um Freiheit. Nach meinem Empfinden ging ihre Akribie mit einem großen Vertrauen einher."

Heckner 2016 bei einer "Tatort"-Premiere mit den Schauspielern Udo Wachtveitl (links) und Miroslav Nemec. (Foto: Robert Haas)

Polle hat mit Stephanie Heckner unter anderem 2019 den sensationellen Tatort "Unklare Lage" (Regie Pia Strietmann, Buch Holger Joos) gemacht, der - inspiriert vom Anschlag auf das OEZ in München - die Stadt bei der Suche nach potenziellen Attentätern zwei Tage lang in den Ausnahmezustand versetzt und mit einer radikal konzentrierten Storyführung auffiel, quasi der filmischen Übersetzung von überstrapazierter Wachheit bei den Ermittlern, die am Ende ziemlich fertig zurückbleiben. "Das muss man sich in so einem Format auch erst mal trauen", meint Polle, "seine Figuren an Ränder bringen. Für solche Ideen war Stefanie immer sehr offen."

Als der Franken- Tatort geplant wurde, da wollten die Franken natürlich Franken als Kommissare. Heckner hat trotzdem Dagmar Manzel, Berlinerin, und Fabian Hinrichs, einen gebürtigen Hamburger, durchgesetzt und dennoch die spezielle fränkische Befindlichkeit erforscht. Bei "Hochamt für Toni" war Heckner schon schwer krank; aber, sagt Polle, "wir haben uns über diesen Tatort noch bis zur letzten Mischung, den Inhaltsangaben und Pressetexten mit ihr ausgetauscht". Und die Widmung, die stehe da "einfach, weil es uns wichtig war".

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