Fernsehen und Streaming:Das sind die Serien des Monats

"Stadtgeschichten" träumt von Akzeptanz und Diversität, "Dark" hält auch in der zweiten Staffel die Spannung und "Good Omens" enttäuscht mit flachen Witzen vor biblischer Kulisse.

Aus der SZ-Redaktion

Stadtgeschichten (Netflix)

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(Foto: Alison Cohen Rosa/Netflix)

Stadtgeschichten knüpft an die mittlerweile vielfach weitergesponnene Zeitungskolumne an, die Armistead Maupin in den Siebzigern über seine queere Nachbarschaft in San Francisco schrieb. Die zehn Netflix-Folgen sind weniger radikal als vor allem sympathisch und fast altmodisch. Aber ihre große Stärke liegt in den kleinen, komplexen Momentaufnahmen queeren Lebens. Auch 2019 taugt der Schauplatz, die Barbary Lane 28, allen Fortschritten zum Trotz noch immer als utopisch-idyllischer Sehnsuchtsort für alle Menschen, die sich als Außenseiter fühlen oder von Akzeptanz und Diversität träumen. Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Patrick Heidmann.

La Zona - Do not cross (ZDF)

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(Foto: Emilio Pereda/ZDF)

Die Zusammenarbeit von ZDF Neo und dem spanischen Bezahlsender Movistar+, erzählt die Geschichte eines fiktiven Reaktorunfalls im Norden Spaniens. Anders als die Sky-Produktion Chernobyl, die vor Kurzem für viel Aufmerksamkeit sorgte, verzichtet die achtteilige Serie der Brüder Jorge und Alberto Sánchez-Cabezudo auf Action und Pathos. Stattdessen beschäftigt sie sich, sehr real und atmosphärisch inszeniert, mit den Nachwirkungen der Katastrophe und den Verantwortlichen, die sich weitgehend aus der Verantwortung stehlen. Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Kathrin Hollmer.

Dark, Staffel 2 (Netflix)

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(Foto: Netflix)

Dark gilt als Türöffner für weitere deutsche Genre-Wagnisse wie Der Pass oder Parfum sowie für eine Vielzahl neuer hiesiger Netflix-Produktionen. Auch in der der zweiten Staffel lebt die Serie vor allem von atmosphärischen Bildern, wenig subtiler, aber effektiv eingesetzter Musik und von Pathos- und Philosophie- durchzogenen Dialogen, aufgesagt mit getragenem Ernst. Selbstironie und Leichtfüßigkeit sind noch immer nicht die Stärke von Dark, was vom hochkarätigen Ensemble so gut wie möglich aufgefangen wird. Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Patrick Heidmann.

Eichwald, MdB (ZDF)

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(Foto: ZDF)

Auch in der zweiten Staffel zeigt die Bundestags-Satire Eichwald, MdB, dass sie eine gute, stellenweise sogar eine brillante Serie ist. Serienschöpfer und Autor Stefan Stuckmann gelingt es, das Wechselspiel aus Gefallsucht und Hybris in entlarvende und sogar witzige Dialoge zu gießen. Der parlamentarische Betrieb mit seinen Seilschaften und Intrigen wird hier bis zur Kenntlichkeit entstellt. Hajo Eichwald ist eine Wurst unter Würsten, in einer Welt, in der es vorrangig um Performance geht, nicht zu verwechseln mit Leistung, und höchstens am Rande auch mal um die angeblich so wichtigen "Sachthemen". Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von David Denk.

When They See Us (Netflix)

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(Foto: AP)

When They See Us basiert auf einer wahren Geschichte, dem Central-Park-Jogger-Fall aus dem Jahr 1989, bei dem die schwarzen Jugendlichen Yusef Salaam, Kevin Richardson, Raymond Santana, Antron McCray und Korey Wise für die Vergewaltigung Trisha Meilis verantwortlich gemacht wurden. Zwischen sechs und 13 Jahre saßen vier der fünf jungen Männer unschuldig im Gefängnis. Denn erst im Jahr 2002 legte der Täter, Matias Reyes, ein Geständnis ab. Die Serie ist Bürgerrechtsdrama, Politdrama und Familiendrama in einem. Doch trotz der fatalen Diskriminierung schwingt Hoffnung auf Gerechtigkeit und Veränderung mit. Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Susan Jörges.

Good Omens (Amazon)

Good Omens, die Romanvorlage für diese Serie, erschien 1990, der junge Comicautor Neil Gaiman und Terry Pratchett, Erfinder der satirischen Scheibenweltromane, hatten sich damals so lange Disketten mit dem Text hin und her geschickt, bis der Roman fertig und nicht mehr zu klären war, wer von den beiden welchen Teil der Geschichte über einen abhanden gekommenen Antichristen und das bevorstehende Ende der Welt geschrieben hatte. Noch 30Jahre nach Erscheinen des Romans merkt man der Verfilmung den Einfallsreichtum der beiden an: Biblische Motive, Popkultur, historische Ereignisse, Horrorfilme und sogar Fast Food mixen sie assoziativ und vollkommen planlos durcheinander. Aber alles wird angerissen, kaum etwas zu Ende gedacht, wichtiger als die gezogenen theologischen und philosophischen Register sind flache Witze vor biblischer Kulisse. Auch die großartige Besetzung kann da nicht mehr viel retten. Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Nicolas Freund.

Dschinn (Netflix)

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(Foto: Ahmad Blaibleh/Netflix)

Dschinn unterläuft Vorurteile über den Nahen Osten. Das zeigt sich schon am Schauplatz: Die Serie spielt in der jordanischen Hauptstadt Amman, die vergleichsweise modern, sauber und friedlich ist. Genau dieses Bild aus dem Nahen Osten gehört dringend auch mal auf die Bildschirme. Die Hauptcharaktere sind durchweg jung besetzt, und die Geschichte schafft es, mit vielen Klischees zu brechen. Nur zwischendurch lässt Dschinn ein wenig Authentizität vermissen. Selbst für die jordanische Oberschicht, zu der nicht alle der Schüler gehören, ist das freizügige Teenagerleben in Amman wohl ein wenig übertrieben dargestellt. Abgesehen davon aber liefert der libanesische Filmemacher Mir-Jean Bou Chaaya eine wirklich unterhaltsame Serie. Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Dunja Ramadan.

Feud (TV Now)

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(Foto: TV Now)

Feud gibt vor, hinter die Kulisse der Dreharbeiten zu Was geschah wirklich mit Baby Jane? zu blicken. Der Film war Anfang der Sechzigerjahre nicht zuletzt deshalb ein Coup, weil seine Hauptdarstellerinnen Joan Crawford und Bette Davis damals schon seit Jahrzehnten als Rivalinnen galten. Mitunter droht Feud in perfekt inszeniertem Retro-Pathos abzusaufen, doch dann gibt es immer wieder Szenen, die zeigen, wie ernst es die Serie mit ihrem Thema meint. Die bis heute gängige Idee, dass ambitionierte Frauen sich nicht solidarisieren würden, wird hier gleichzeitig bestätigt und unterwandert. Lesen Sie hier die ausführliche Rezension Luise Checchin.

Jerks, Staffel 3 (Joyn)

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(Foto: © ProSieben/André Kowalski)

In der dritten Staffel von Jerks setzt Regisseur, Autor und Hauptdarsteller Christian Ulmen erneut auf kompromisslose Komik und verfeinert diese durch Spielfreude und vorbildliche Inszenierung. Die Machart ist die bekannte. Alle Akteure hangeln sich im leichten Doku-Look improvisierend am Erzählstrang entlang, und das Hauptduo stapft zehn Folgen lang von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen. Allerdings geht Mastermind Ulmen diesmal mehr in die Tiefe und streut lustvoll Salz in bereits aufgerissene Wunden und dehnt die Momente der Fremdscham, wenn er zeigt, wie seine Antihelden in ihrem krampfhaften Bestreben, niemanden zu enttäuschen, am Ende alle enttäuschen. Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Hans Hoff.

Black Mirror, Staffel 5 (Netflix)

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(Foto: Netflix)

Seine Serie sei keine verfilmte Technikkritik, sondern erzähle "normalerweise einfach von Menschen mit einer Schwäche, die es am Ende versauen", sagt Charlie Brooker, Erfinder der Dystopie-Reihe Black Mirror. Ohne zu viel verraten zu wollen, versauen es in Staffel fünf unter anderem ein Mann, der Midlife-Crisis-bedingt in einem VR-Spiel verlorengeht, und Mädchen, die eine etwas zu enge Verbindungen zu einer Art Alexa-Version von Chucky der Mörderpuppe aufbauen. Lesen Sie hier den ausführlichen Text von Johannes Kuhn.

How to Sell Drugs Online (Fast) (Netflix)

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(Foto: Netflix)

Nach einem Jahr des Wartens kommt Moritz' Freundin endlich vom Schüleraustausch aus den USA zurück. Doch es hat sich viel geändert. Sie steht nicht mehr auf ihn und fährt stattdessen auf Partys und Ecstasy-Tabletten ab. Dem blassen Computer-Nerd bleibt da nicht mehr viel übrig als mit seinem todkranken Freund Lenny einen effektiven Drogen-Versand im Darknet aufzubauen. Mit How to Sell Drugs Online (Fast) gelingt Netflix eine abwechslungsreiche Mischung aus Gangstergroteske und Coming-of-Age-Komödie, die so gut gefilmt ist, dass man sie kaum für eine deutsche Produktion halten möchte. Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Benjamin Emonts.

In bester Verfassung (ZDF)

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(Foto: Joscha Seehausen/ZDF)

Die Geschichte dieser Mini-Webserie, die gleichzeitig als Fernsehfilm daherkommt, sollte offenbar unbedingt komisch sein - und gleichzeitig noch ein Lehrstück über die Irrwege öffentlicher Meinungsmache: Da sitzen zwei Verfassungsschutzmitarbeiter im NRW-Provinzkaff Niederlützel und bekommen gesagt, dass ihre Dienststelle aufgelöst wird, was ihnen gar nicht passt. Also inszenieren sie ein islamistisches Bekennervideo zu einem Anschlag, bei dem sie eigentlich nur ein Kreuz in die Luft jagen wollen, bei dem aber ein bisschen was aus dem Ruder läuft, und auf einmal ist im wahrsten Wortsinne die Sau los. Was nach einer leicht absurden, nichtsdestotrotz aber brauchbaren Idee klingt, wird von Regisseur Joseph Bolz, der mit zwei Kollegen auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, leider in Windeseile zur Klamotte geschrumpft. Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Hans Hoff.

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