Streaming II:Jenseits von Gut und Böse

Good Omens

Michael Sheen (l.) und David Tennant als Gut und Böse.

(Foto: Chris Raphael/Amazon)

Die Serie "Good Omens" von Neil Gaiman und Terry Pratchett ist voller planloser Anspielungen.

Von Nicolas Freund

Den Bösen erkennt man an der Sonnenbrille. Das ist, zugegeben, ein schwaches Indiz, aber in der Serie Good Omens einer der wenigen Anhaltspunkte für die intendierte moralische Gesinnung der beiden Hauptfiguren. Die sollen eigentlich die Verkörperungen von Gut und Böse auf Erden sein: ein naiver Engel (Michael Sheen) und ein dunkler Dämon (David Tennant), der einst jene fiese Schlange war, die Eva im Garten Eden zum Apfelessen verführte. Der Dämon ist aber ansonsten ein ganz Lieber, der außer der Sache mit Eva nicht wirklich viel angestellt hat und sich vielleicht deshalb so gut mit dem Engel versteht. Selbst die finstere Sonnenbrille trägt er hauptsächlich, damit seine gelben Reptilienaugen nicht so arg auffallen. Selten waren Gut und Böse so austauschbar wie bei diesem Pärchen.

Good Omens, die Romanvorlage für diese Serie, erschien 1990, der junge Comicautor Neil Gaiman und Terry Pratchett, Erfinder der satirischen Scheibenweltromane, hatten sich damals so lange Disketten mit dem Text hin und her geschickt, bis der Roman fertig und nicht mehr zu klären war, wer von den beiden welchen Teil der Geschichte über einen abhanden gekommenen Antichristen und das bevorstehende Ende der Welt geschrieben hatte. Noch 30 Jahre nach Erscheinen des Romans merkt man der Verfilmung den Einfallsreichtum der beiden an: Biblische Motive, Popkultur, historische Ereignisse, Horrorfilme und sogar Fast Food mixen sie assoziativ und vollkommen planlos durcheinander. Alles wird angerissen, kaum etwas zu Ende gedacht, wichtiger als die gezogenen theologischen und philosophischen Register sind flache Witze vor biblischer Kulisse.

Ursprünglich sollen für die Verfilmung Terry Gilliam als Regisseur und Johnny Depp sowie Robin Williams in den Hauptrollen vorgesehen gewesen sein. Später ging es mit verschiedenen Ideen für eine Fernsehumsetzung des Romans hin und her, bis sich schließlich 2017 Amazon Studios in Kooperation mit der BBC erbarmte und unter Gaimans Aufsicht eine Adaption in Auftrag gab. Obwohl Gaiman mehrmals die Rolle des inzwischen verstorbenen Terry Pratchett betonte, wirkt die Serie nun sehr wie eines seiner Werke, voller planloser Anspielungen und mit einem zynischen Menschenbild. Auch die großartige Besetzung kann da nicht mehr viel retten, obwohl man David Tennant als fiesen Dämon nicht besser hätte besetzen können.

Neben der Planlosigkeit ist das größte Problem von Good Omens, dass die Charaktere ihre Gesinnung, auf der die ganze Prämisse der Serie fußt, nur behaupten. Sie sind weder gut noch böse und lustig sind sie schon gar nicht. Klar, das soll die Austauschbarkeit und Konstruiertheit solcher Konzepte zeigen. Interessanter macht es die Serie aber nicht. Es ist sogar so belanglos, dass es weder richtig gut noch schlecht ist.

Good Omens, bei Amazon Prime Video*

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