Fernsehfilm & Webserie:Erfundene Terrorzelle

In bester Verfassung

Eiskalte Chefin und dösiger Adlatus: Gudrun Landgrebe und Uke Bosse spielen unterbeschäftigte Beamte.

(Foto: Joscha Seehausen/ZDF)

Lieber islamistische Attentatspläne inszenieren, als das geliebte Provinzkaff verlassen: Das ZDF zeigt eine Satire über den Verfassungsschutz in zwei Formaten. Allerdings gibt es dabei ein größeres Problem.

Von Hans Hoff

Man muss Komik sehr ernst nehmen, um sie leicht wirken zu lassen. Komik braucht Fallhöhe, die tiefe Kluft, in die ernsthafte Charaktere bei ihrem Kampf zwischen wirklichem Wollen und ausbleibendem Gelingen zu stürzen drohen. Wer seine Figuren von vorneherein als doofe Dödel denunziert, serviert statt gelungener Komik: Quatsch mit Soße.

"Wir gehen nicht nach fucking Rostock", sagt Gudrun Langrebe, die eine Beamtin spielt

Letzterem ist In bester Verfassung zuzuordnen, eine Geschichte, die das ZDF am Montag als 65-Minuten-Stück zeigt und in der Mediathek sowie auf Youtube als Acht-Minuten-Häppchen veröffentlicht. Diese Geschichte sollte offenbar unbedingt komisch sein - und gleichzeitig noch ein Lehrstück über die Irrwege öffentlicher Meinungsmache. Da sitzen zwei Verfassungsschutzmitarbeiter im NRW-Provinzkaff Niederlützel und bekommen gesagt, dass ihre Dienststelle aufgelöst wird. In den Osten soll sie künftig der Dienstweg führen, was der von Gudrun Landgrebe gespielten Niederlassungschefin gar nicht passt. "Wir gehen nicht nach fucking Rostock", sagt sie und inszeniert gemeinsam mit ihrem dusseligen Adlatus ein islamistisches Bekennervideo zu einem Anschlag, bei dem sie eigentlich nur ein Kreuz in die Luft jagen wollen, bei dem aber ein bisschen was aus dem Ruder läuft, und auf einmal ist im wahrsten Wortsinne die Sau los.

Plötzlich ist Niederlützel der Nabel der islamistisch bedrohten Welt und von Versetzung keine Rede mehr. Leider bringt das auch die üblichen Wutbürger auf den Plan, die wild protestieren und dem örtlichen Dönerverkäufer eins drüber geben. Die Eskalation schreitet zügig voran.

Was nach einer leicht absurden, nichtsdestotrotz aber brauchbaren Idee klingt, wird von Regisseur Joseph Bolz, der mit zwei Kollegen auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, leider in Windeseile zur Klamotte geschrumpft. Alles wird überzeichnet bis zum Gehtnichtmehr, von der Dösigkeit des Adlatus bis zur Eiseskälte der Chefin. Dazu gibt es die nach dem Führer rufende Oma, die auf dem Tablet Rezo-Videos guckt, und einen populistischen Bürgermeister, dem man die Haare ein bisschen nach Hitler-Manier gescheitelt hat. Das ist in der Summe genau so grobschlächtig wie es klingt und wird noch verschlimmert durch den erhobenen Zeigefinger, der aus jeder zweiten Szene hervorragt und den Klamauk in die Kategorie "wichtig" emporfuchteln soll.

In bester Verfassung, Montag, 23.55 Uhr ZDF.

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