Fernsehen:Unter Würsten

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Ausgenutzt: Eichwald (Bernhard Schütz) und Hanke (Maren Kroymann). (Foto: ZDF)

"Ich hab so viel Großes in mir. Die ganze Scheißumgebung zieht mich runter": Die Bundestags-Satire "Eichwald, MdB" mit Bernhard Schütz und Maren Kroymann geht in die zweite Staffel.

Von David Denk

Hans-Josef Eichwald ist eine Wurst. Aber eine mit Bundestagsmandat, woraus der Parlamentarier, Wahlkreis Bochum II, eine rätselhafterweise schier unerschöpfliche Kraft zieht, die ihn Rückschläge und Demütigungen wegstecken lässt, die andere längst umgehauen hätten. Eichwald hingegen, dieser Duracellhase des Politbetriebs, trommelt und trommelt; Machtstreben ist seine Batterie, wobei das mit der Macht bei einem Hinterbänkler äußerst relativ ist.

Vier Jahre nach der ersten Staffel kehrt Hajo Eichwald mit der von ZDF Neo ins Hauptprogramm beförderten Serie Eichwald, MdB ins Fernsehen zurück und bekommt es mit einem Dopingskandal im Fußball zu tun, was Eichwald, Mitglied des Sportausschusses, plötzlich zu einem gefragten Interviewpartner werden lässt. Balsam für sein Ego, doch die Freude währt nur kurz, bis er erkennen muss, dass seine Fraktionschefin Birgit Hanke (Maren Kroymann) ihn in der Affäre instrumentalisiert. Denn er ist, wie Serienschöpfer und Autor Stefan Stuckmann mal gesagt hat, "natürlich kein guter Politiker".

In dem geschilderten Politbetrieb geht es um Performance, nicht zu verwechseln mit Leistung

Eichwald, MdB aber ist eindeutig eine gute Serie, stellenweise sogar eine brillante, denn es gelingt Stuckmann, das Wechselspiel aus Gefallsucht und Hybris in entlarvende und sogar witzige Dialoge zu gießen. Dabei ist die Serie überzeichnet, Satire halt, und doch kann sich, wer Eichwald, MdB sieht, über die Politikerverdrossenheit dieser Tage nicht ernsthaft wundern. Der parlamentarische Betrieb mit seinen Seilschaften und Intrigen wird darin bis zur Kenntlichkeit entstellt. Hajo Eichwald ist eine Wurst unter Würsten, in einer Welt, in der es vorrangig um Performance geht, nicht zu verwechseln mit Leistung, und höchstens am Rande auch mal um die angeblich so wichtigen "Sachthemen".

Eichwald, MdB werfe einen "Blick auf ein System, in dem keiner gut wegkommt", so Autor Stuckmann. Diesem Anspruch wiederum genügt die Serie letztlich aber nur begrenzt, weil sie Tom und Jerry näher ist als House of Cards, eher auf schnelle Gags setzt als auf tiefe Einsichten und einen großen erzählerischen Bogen, der den Figuren auch Entwicklungsmöglichkeiten zugesteht. Nein, bei Eichwald, MdB gilt: Einmal Wurst, immer Wurst.

Hauptdarsteller Bernhard Schütz und das gesamte Ensemble tragen es mit Fassung und reizen die engen Grenzen mit ihrer Spielfreude aus. Keine der Figuren ist liebenswürdig, der eine Referent (Rainer Reiners) eine verfressene Lusche, der andere (Leon Ullrich) ein großkotziger Möchtegern-Checker ("Was Steine für Häuser sind, ist Bildung für Kinder"), am sympathischsten kommen noch die Frauen im Abgeordnetenbüro (Lucie Heinze, Hanna Hilsdorf) rüber, aber vielleicht auch nur, weil es nicht allzu schwer ist, in diesem misogynen Männerhaufen positiv aufzufallen. "Wenn hier was platzt, ist das dann versichert?", fragt Hans-Josef Eichwald etwa einmal seine hochschwangere Büroleiterin. Empathie ist ein Fremdwort, dafür sind alle viel zu sehr mit ihrer eigenen Mittelmäßigkeit beschäftigt.

In einer dunklen Stunde ruft sogar der sonst so unerschütterliche Duracell-Eichwald aus: "Ich hab so viel Großes in mir. Die ganze Scheißumgebung zieht mich runter." Um sich dann von seiner Assistentin mit einer Praline füttern zu lassen, weil er die Heldentat vollbracht hat, dem Vorwort zum Buch eines Kollegen einen weiteren Absatz hinzuzufügen.

Eichwald, MdB , ZDF, 22.30 Uhr.

© SZ vom 14.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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