Podcasts des Monats September:Die perfekte Fälschung

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Modegeschichte in "Iconic", True-Crime am "Tatort Kunst" und "Fakten, Front und Fakes": die Hörempfehlungen der Redaktion.

Von Aurelie von Blazekovic, Stefan Fischer, Léonardo Kahn und Clara Westhoff

Iconic

ardaudiothek.de

In der unbedingt sehenswerten Serie The Bear über einen Sternekoch, der in Chicago den Sandwichladen seines toten Bruders übernimmt, geht es in Wirklichkeit: um Männermode. Zu diesem Urteil kam jedenfalls das amerikanische Modemagazin GQ im vergangenen Jahr. Das mag etwas verkürzt sein, aber es stimmt, dass die weißen T-Shirts schon sehr gut sitzen beim Hauptdarsteller Jeremy Allen White. Und es ist absolut so, dass man wissen möchte, wer diese Shirts herstellt. Der neue Modepodcast Iconic der ARD trifft in eine popkulturelle Themenlücke. Er widmet dem normalen, weißen T-Shirt eine 40-minütige Folge und klärt dabei auch in Sachen Serienshirt auf. Aminata Belli führt als Fachfrau durch die sehr dichten Episoden, die mit verschiedenen Experten die Geschichte jeweils eines Kleidungsstücks aufarbeiten. Neben dem T-Shirt sind da bisher die Doc Martens sowie der Hoodie und damit drei Unisex-Klassiker, die Ikonen der Damenmode folgen hoffentlich alsbald. Aurelie von Blazekovic

Tatort Kunst

deutschlandfunk.de

März 2023: Für rekordverdächtige 8,3 Millionen Euro soll Oskar Kokoschkas Bild "Frau mit dem Sklaven" in Prag versteigert werden. Als Beatrice Kretschmer das mitbekommt, ist sie geschockt: Das Werk gehörte mal ihrer Familie. Mit weiteren Arbeiten ging es bei der Flucht vor den Nazis verloren. Eines dieser Kunstwerke hängt im Wuppertaler Von der Heydt-Museum. Eine Rückgabe scheint in beiden Fällen aussichtslos - oder doch nicht? Dem geht Stefan Koldehoff, Chefreporter Kultur beim Deutschlandradio, auf die Spur. In seinem neuen Podcast recherchiert er investigativ zu True-Crime-Fällen, in denen sich jeweils maßgebliche Teile der Kunstwelt lieber bedeckt halten. Von Raubkunst über Fälschungen bis hin zum Fall Gurlitt - die sieben Folgen der ersten Staffel sind extrem gut aufbereitet, neben engagierten Provenienzforschern kommen auch Persönlichkeiten wie der Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi zu Wort. Am Mikrofon steht Koldehoff die Moderatorin Rahel Klein zur Seite, die an den nerdigen Stellen die für Kunstlaien wichtigen Nachfragen stellt und auch mal selbst auf Recherchereise fährt. Clara Westhoff

Fakten, Front und Fakes - Desinformation im Krieg gegen die Ukraine

correctiv.org

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine ist auch einer über die Deutungshoheit, über die Bewertung der Geschehnisse. Es geht um Reputation und Rechtfertigung, darum, als der Gute in diesem mörderischen Konflikt dazustehen. Speziell der russischen Seite sind anscheinend alle Mittel recht, um den Westen im Allgemeinen und die Ukraine im Speziellen zu diskreditieren - sowohl in den Augen der eigenen Bevölkerung als auch der Bewohner des Westens. In sechs Episoden erklärt die Journalistin Gabriele Scherndl vom Recherchezentrum Correctiv gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen, wie gezielte Desinformation funktioniert, wie man sie trotzdem als solche erkennen kann, welches die zentralen Erzählmuster sind und wer für diese Kampagnen verantwortlich ist. Correctiv vermeidet den Begriff Fake News, denn der sei politische längst missbraucht. Es geht Scherndl nicht um Fehler in der medialen Berichterstattung, die es natürlich auch gibt, und nicht um strittige Einschätzungen. Sondern um bewusste Fälschungen und Täuschungen, die absichtlich eingesetzt werden, um das Image der Ukraine zu unterminieren und die Solidarität des Westens mit dem Land zu erschüttern. Teilweise gelingt das, und deshalb ist die Aufklärungsarbeit, die unter anderem Correctiv mit seinen Faktenchecks leistet, so wichtig. Neben seiner inhaltlichen Relevanz ist dem Podcast obendrein sein Beitrag zur Stärkung der Medienkompetenz hoch anzurechnen. Stefan Fischer

Über Leben - Armut in Deutschland

ardaudiothek.de

Gute Reportagen brauchen gute Protagonisten, vor allem wenn das Thema so universell und heikel ist wie Armut in Deutschland. Den Autoren des WDR - Teresa Lonnemann, Max Radestock, Thomas Kasper und Janis Gebhardt - ist das in ihrem Podcast Über Leben sensationell gelungen. In sechs Folgen je dreißig Minuten begleiten die Zuhörer die obdachlose Wera durch ihre Schwangerschaft, lernen Lirim kennen, der am Ende seiner Familienplanung Vater von Drillingen geworden ist und nun mit seinem Gehalt fünf Kinder ernähren muss. Und sie treffen Patrick und Patrick aus Sachsen-Anhalt, die früh Gewalt erfahren und in Drogen Zuflucht gesucht haben. Sechs Personen geben jener sozialen Gruppe ein Gesicht, über die in der Bürgergelddebatte und wegen der Inflation viel gesprochen wird, die aber in den Medien selten selbst zu Wort kommt. Umso ärgerlicher sind die fiktionalen Einschübe in der Moderation und die Musikkulisse, die oft an Elend-Fetischisierung grenzt - ja, auch der Soundtrack von Trainspotting wird gespielt. Léonardo Kahn

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