Pflanzen kaufen mit Bettina Zimmermann:"Das Gärtnern bringt mich total runter"

Lesezeit: 6 min

Bettina Zimmermann hinter etwas Eisenkraut, das sie später in ihren Garten pflanzen wird. (Foto: Jan Stremmel)

Nirgendwo findet die Schauspielerin Bettina Zimmermann so viel Ruhe wie beim Gärtnern. Also müssen noch mehr Pflanzen her! Zu Besuch in einer Brandenburger Baumschule.

Von Jan Stremmel

Es beginnt gerade zu nieseln, als Bettina Zimmermann aus ihrem Minivan steigt, Lesebrille im Haar, Thermokaffeebecher in der Hand. Ein Montagmorgen, eben hat sie die Kinder in die Schule gebracht, jetzt vibriert das Handy, weil die Filmproduktion die Anreise zum Dreh am nächsten Tag planen will. Kurz: Es ist weder das schöne Wetter noch Langeweile, die Bettina Zimmermann heute zum Einkaufen in ihrer Lieblingsgärtnerei südlich von Berlin gebracht haben. Nein, es ist eine Wühlmaus.

"Diese Maus", sagt Zimmermann mit der liebevollen Genervtheit einer Tierfreundin, die gleichzeitig aber auch ihren Garten schön halten will, "hat sich in den letzten Wochen quer durch mein Beet gefressen." Knollen, Wurzeln, was Wühlmäuse offenbar halt so mögen. Die dazugehörigen Pflanzen sind jedenfalls hin. Und so holt Zimmermann an diesem Vormittag Nachschub.

Im Garten verbringt sie ein, zwei Stunden täglich mit "Rumwurschteln"

Sie und ihr Mann, der Schauspieler Kai Wiesinger, sind mit den vier Kindern vor zwei Jahren aus der Stadt gezogen. Weit raus aufs Land nach Brandenburg. Endlich ein eigenes Haus - und dazu ein weitläufiger Garten "mit sehr alten Bäumen", umgeben von Wald. Dort ist sie an freien Tagen stundenlang am "Rumackern", wie sie es nennt - ein Oberbegriff für die Tätigkeiten schneiden, pflanzen, buddeln, zupfen, gießen und ja, gelegentlich sogar pflücken und naschen. Denn sie hat auch einen kleinen Nutzgarten mit Kartoffeln, Gurken und Rhabarber. Den Rohstoff für ihre Leidenschaft, nämlich die Pflanzen und Samen, findet die Schauspielerin hier: in der Baumschule Lorberg in Kleinziethen, 10 000 Quadratmeter an "Gehölzen, Stauden, Rosen und Zubehör".

In schwarzer XXL-Strickjacke, Schlabberhose und Laufschuhen geht, nein, tigert sie durch die Reihen, vorbei an Pflanzkübeln und Setzlingen. Man merkt sofort: Hier kommt eine Stammkundin. Während sie zielgenau den hinteren Teil des Markts ansteuert, gibt Zimmermann wie nebenbei eine Kostprobe ihrer Fachkenntnis. Sie preist die Bienenfreundlichkeit eines Kirschbaums ("wie alle Obstbäume"), umreißt die Funktionsweise einer Rhizomsperre für einen Bambus ("vor allem, wenn der Bambus nicht horstend wächst!") und schwärmt von einem strahlend roten japanischen Fächerahorn.

Kennt sich bestens aus im Garten und im Pflanzenmarkt: Schauspielerin Bettina Zimmermann. (Foto: Jan Stremmel)

An einem besonders prächtig blühenden, drei Meter hohen getopften Baum bleibt sie kurz stehen, zieht sich die Lesebrille auf die Nase und streicht mit grüblerischem Gesichtsausdruck einen Daumen über ein Blatt: "Sehr interessant." Als Vollblutgärtnerin verfügt Zimmermann über die für Nicht-Gärtner schwer beeindruckende Gabe, offenbar ständig den aktuellen Wachstumsstand sämtlicher Pflanzen in ihrem Garten im Kopf zu haben. Den Baum etwa weist ein Schild als "weißbunten Etagen-Hartriegel" aus. Zimmermann weiß das natürlich, sie hat den gleichen daheim. "Aber meiner blüht noch nicht!"

Sie sagt, sie sei ein sehr ungeduldiger Mensch, doch: "Das Gärtnern bringt mich total runter. Ich arbeite vor mich hin, ohne Handy, ohne Ablenkung, und vergesse die Zeit." Das klingt plausibel: An diesem Vormittag wirkt sie wie ein sympathisch-verplanter Energieball, der im Gespräch mit hoher Frequenz von Thema zu Thema springt und dabei schon mal versehentlich Lesebrille und Thermobecher in der Auslage für Katzenminze stehen lässt. Man kann sich jedenfalls bestens vorstellen, dass die doch eher gemächliche Geschwindigkeit von Pflanzen, die aus einem Beet sprießen, einen guten Gegenpol darstellt zum natürlichen Zimmermann-Tempo.

Nachdem sie vor gut zwanzig Jahren ihren Durchbruch hatte als zeitreisende mesopotamische Superheldin im von heute aus betrachtet in jeglicher Hinsicht bemerkenswerten Kinofilm "Erkan und Stefan", gehört sie heute längst fest zur deutschen TV-Elite, gleich hinter Furtwängler-Ferres-Berben. Im ZDF spielt sie seit Jahren Staatsanwältin Claudia Strauss in "Ein Fall für zwei", demnächst macht sie in der Verfilmung des erfolgreichen Gruselhörspiels "Kohlrabenschwarz" mit.

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Als Schauspielerin ist sie die erste in ihrer Familie, aber das Gärtnern hat sie sozusagen geerbt. Ihre Mutter verbringt schon ihr ganzes Leben lang den Großteil ihrer Zeit im Garten, bei ihren drei Kindern firmierte sie früher aufgrund ihres grünen Daumens liebevoll als "Kräuterhexe". Hatte die kleine Bettina oder eine ihrer älteren Schwestern Mückenstich oder Sonnenbrand, holte Mutter Zimmermann keine Salbe aus der Drogerie, sondern rieb eine aus dem eigenen Garten zusammen. Unkraut jäten darf bei ihren Eltern bis heute niemand außer der Mutter höchstpersönlich.

Schon als Kind kannte Bettina Zimmermann sämtliche Baumschulen und Gärtnereien im Großraum Burgwedel, ihrer Heimat, auswendig. Freilich eher gegen ihren Willen: Die endlosen Einkaufstouren ihrer Mutter fand sie "stinkend langweilig". Seit sie aber selbst einen Garten hat und einen Alltag, von dem sie gerne mal eine Auszeit nimmt, ist Zimmermann erstaunt, wie sich die Liebe fürs "Rumackern" vererbt. In der Whatsapp-Gruppe der Familie teilt ihre Mutter bis heute Gartentipps und Fotos vom Beet und lässt ihre erwachsenen Töchter regelmäßig staunen, weil bei ihr etwa schon im Februar die Krokusse blühen. Typischer Kommentar darunter: "Mama, hast du anderes Wetter als wir?"

Auch ihren eigenen Kindern versucht Bettina Zimmermann den Garten näherzubringen, indem sie Wassermelonen oder Sonnenblumen pflanzt. Letztere seien "super Beobachtungspflanzen", findet sie: Im Sommer ziehen sie Bienen und Hummeln an, im Herbst Vögel, die sich die Kerne aus den verblühten Blumen picken.

"Ein Garten muss für all seine Bewohner da sein."

Bestimmte Pflanzen haben bei ihr allerdings Gartenverbot - nämlich solche, von denen Bienen nichts haben. Eine Zierrosenhecke, aus der sie keinen Nektar saugen können, käme ihr zum Beispiel nie unter: "Ein Garten muss für all seine Bewohner da sein, nicht nur für die Zweibeiner." Gerade wenn man als Familie ein Haus bewohne und damit der Tierwelt quasi ein Stück Natur wegnähme. Sie achtet also auf reichlich Farne für die Ringelnatter aus dem Teich der Nachbarn, sonnige Feldsteine mit Sandfundament für die Eidechsen, und natürlich auf Wildblumen und altes Holz für Insekten. Ihr Ziel ist ein Gartenlook, der zwar dem Menschen gefällt, aber nicht so tut, als dominiere er die Natur. Zu sich nach Hause will sie die SZ nicht einladen, aber sie zeigt ein paar Fotos auf dem Handy: Man sieht einen sommerlich-üppigen Garten, den man mangels Fachvokabular leider nicht detaillierter beschreiben kann als ein sanft gestuftes, wundervoll abwechslungsreiches, buntes Paradies.

In der Baumschule bleibt sie hinter einem Schlitzahorn abrupt stehen. Was liegt denn da auf dem Weg, leer und verloren? "Ein Vogelnest!" Sie hebt es auf, kaum größer als eine Kaffeetasse. "Das müsste irgendeine Meisenart sein." Mit Vögeln kennt sie sich aus: Ihre Mutter päppelt für den Naturschutzbund verletzte oder aus dem Nest gefallene Vögel bei sich zu Hause auf. Einen Winter lang teilte die junge Bettina Zimmermann ihr Elternhaus sogar mit einem verletzten Schwan.

Das leere Nest erinnert sie an eine Geschichte: Als sie einmal in der Baumschule einen jungen Kirschbaum kaufte, flog in dem Moment, als sie ihn auf den Einkaufswagen hob, ein Vogel heraus. Er hatte in dem Bäumchen sein Nest gebaut - mit Eiern! Daraufhin bezahlte Zimmermann den Baum, ließ ihn aber an Ort und Stelle stehen, nachdem eine Verkäuferin hoch und heilig geschworen hatte, ihn so lange nicht zu verrücken, bis die Jungvögel geschlüpft und ausgeflogen waren. Sechs Wochen später holte Zimmermann den Baum dann ab.

Die Ausbeute am Ende dieses Vormittags: drei Zieste, fünf Verbenen, einen Zitronenthymian, zwei Zierdisteln und eine Katzenminze. Mehr als genug Ersatz für den Schaden der hungrigen Wühlmaus. Fröhlich schiebt Zimmermann die Pflänzchen in einem Wagen zur Kasse. Aber bevor sie die in den Fußraum ihres Autos lädt, bleibt sie kurz noch verwundert stehen: In der Ecke der Baumschule steht ein halbhoher Baum, der auffallend opulent blüht, in einem pudrigen Zartrosa. Auf dem Schild im Topf steht: Japanische Zierkirsche. Zimmermann schüttelt den Kopf. "Das Schild ist falsch." Sie zückt ihr Handy und scannt die Blätter mit einer App. Es wirkt, als wäre sie sich selbst kurz nicht sicher - ist es denkbar, dass sie eine Wissenslücke hat, bei einem so auffälligen Baum? In ihrer eigenen Lieblingsgärtnerei, in der sie jede Ecke kennt? Das Handy vibriert. "Wusste ich's doch. Eine Französische Tamariske." Sie steckt das Handy weg und geht zufrieden zum Parkplatz.

Keine Leidenschaft ohne Zubehör. Diese Gegenstände braucht Bettina Zimmermann zum Gärtnern:

Die Gartenschere

(Foto: Jan Stremmel)

"Meine Gartenschere verwende ich fast jeden Tag. Ich schneide damit meist Triebe ab. Sie liegt gut in der Hand und muss richtig scharf sein, damit sie auch holzigere Zweige glatt durchschneidet."

Der Haargummi

(Foto: Jan Stremmel)

"Normalerweise verwende ich meine Brille als eine Art Haarreif, um mir die Sicht frei zu halten. Das geht beim Gärtnern schlecht, vornübergebeugt fällt mir die Brille oft in die Erde. Deshalb trage ich da die Haare zurückgebunden."

Die Schaufel

(Foto: Jan Stremmel)

"Eigentlich grabe ich am liebsten mit den Händen. Manchmal geht das schlecht, etwa wenn die Erde hart ist - dann kommt meine Schaufel zum Einsatz. Ich mag an ihr, dass sie vorne nicht zu spitz ist. So verletzt sie Wurzeln nicht ganz so schnell."

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