"Wonder Woman 1984":Hollywoods Sturmausläufer

Lesezeit: 3 min

Kämpft ab 18. Februar auf Sky, in den Kinos erst später: Gal Gadot in "Wonder Woman 1984". (Foto: Warner)

"Wonder Woman 1984" überspringt auch in Deutschland die Kinos und startet auf Sky.

Von Tobias Kniebe

Die Welt von Kino und Home-Entertainment ist in Aufruhr, gewaltige Umwälzungen erschüttern die Branche - und doch dauert es manchmal seine Zeit, bis das letzte Nachbeben auch bei uns ankommt. Im Fall das Blockbusters "Wonder Woman 1984" aus dem Hause Warner Brothers ist es jetzt so weit. Am Mittwoch kam die Meldung, dass der Film mit Gal Gadot und Pedro Pascal auch in Deutschland nicht länger zurückgehalten wird, während die Kinos auf ihre Wiedereröffnung warten. Vom 18. Februar an kann man ihn auf dem Pay-TV-Kanal Sky Cinema anschauen und auf dem Streamingdienst Sky Ticket abrufen. Sobald es wieder Kino gibt, soll er trotzdem noch in den Lichtspielhäusern zu sehen sein.

Heimkino und Leinwanderlebnis zugleich, das ist seit Dezember die Strategie von Warner in der Pandemie, die allerdings in den USA ungleich radikaler durchgezogen wird. Da war "Wonder Woman 1984" bereits im Weihnachtsgeschäft zu sehen, zeitgleich auf Warners eigenem Streamingservice HBO Max und in den Kinos. Und nicht nur das: Jeder Warner-Film des Jahres 2021 wird nach diesem Modell gestartet - das traditionelle Fenster der Exklusivität, das dem Kino immer zustand, ist damit eliminiert. Bei den Filmemachern, die nach wie vor auf die große Leinwand setzen, ist die Verbitterung groß - insbesondere bei Warners Starregisseuren wie Christopher Nolan oder Denis Villeneuve, die von dieser Entscheidung ihres eigenen Managements vollkommen überrascht wurden.

Deutschland ist nur ein Nebenschauplatz im Kampf um die Streaming-Vorherrschaft

Deutschland ist in diesem Ringen um die Zukunft des bewegten Bildes allerdings ein Nebenkriegsschauplatz - weil es den Streamingservice HBO Max hier noch gar nicht gibt. Dafür haben Warner und HBO schon seit Jahren einen Deal mit Sky, etwa zur Erstversorgung der Deutschen mit HBO-Serienerfolgen wie "Game of Thrones". Über diesen Partner läuft jetzt also auch die pandemische Auswertung von "Wonder Woman 1984". Weiter kündigt Sky an, dass für die kommenden Warner-Filme "The Little Things" mit Denzel Washington und "Judas and the Black Messiah" das Auswertungsfenster verkürzt wurde. Sollten sie wie geplant ins Kino kommen, werden sie schon 28 Tage später exklusiv bei Sky und Sky Ticket zu sehen sein. Im Vergleich zu der harten US-Strategie, bei der man alles zum Start auch auf der eigenen Couch konsumieren kann, ist diese Ankündigung allerdings harmlos.

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Die Erbitterung der Filmschaffenden in den USA liegt auch weniger an der Tatsache selbst, dass große Kinopremieren jetzt reihenweise online stattfinden. Das ist in einer Zeit, in der keine Aussicht auf ein schnelles Ende der coronabedingten Beschränkungen besteht, kaum zu vermeiden, und es passiert überall. Auch der Tom-Hanks-Western "Neues aus Welt" sollte ursprünglich ja ein Kino-Highlight sein, bevor dann kurzfristig klar wurde, dass er auf Netflix herauskommt. Die große Wut hängt eher damit zusammen, dass die Warner-Filmemacher massive Interessenkonflikte in ihrem eigenen Konzern ausgemacht haben.

Christopher Nolan flucht, weil Kinofilme geopfert werden, um Anleger zu beruhigen

In den USA werden die Zukunftsaussichten und damit auch die Börsenkurse von Entertainment-Giganten immer stärker danach beurteilt, wie sie in Sachen Streaming aufgestellt sind - oder anders gesagt, wie gut sie ihre Ware ohne Zwischenhändler (wie es die Kinos sind) an den Konsumenten bringen. Netflix ist in dieser Disziplin natürlich der Marktführer, aber auch der Disney-Konzern gilt mit seinem erfolgreichen Streamingableger Disney+ als hervorragend aufgestellt. Er hat Massen von neuen exklusiven Produktionen für Disney+ angekündigt, danach schoss der Aktienkurs in die Höhe.

Warners Antwort auf Disney ist HBO Max, aber diese Plattform ist im Vergleich mit den Konkurrenten noch ein Zwerg. Durch das Weihnachtsgeschäft mit "Wonder Woman 1984" gelang zwar die Verdoppelung der sogenannten aktivierten Nutzer auf 17 Millionen. Die letzte Erfolgsmeldung von Disney+ lag dagegen schon bei 86 Millionen, Netflix hat im Januar die 200 Millionen überschritten. Genau das ist dann auch der Vorwurf von Regisseuren wie Christopher Nolan an das Warner-Management: Dass hier teure Filme, die im Kino langfristig immer noch am besten aufgehoben wären, praktisch geopfert werden, um die Anleger zu beruhigen und dem lahmenden Streamingservice auf die Beine zu helfen.

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Wie auch immer diese Kämpfe ausgehen, im deutschsprachigen Raum wird man die Auswirkungen nur mit Verzögerung spüren. Klar ist zwar, dass all die neuen Strategien am Ende nur global funktionieren, und dass auch HBO Max irgendwann in Deutschland ankommen muss. Wann das aber genau passieren soll, und ob sich nicht gleichzeitig auch der Markt schon bereinigen wird, weil kein Film- und Serienfan mehr bereit ist, immer neue Abos abzuschließen - das kann derzeit noch niemand sagen.

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