Ob heute noch jemand 1700 Seiten liest? Ein Tagebuch der verlorenen Kindheit, erinnert in New York als alleinerziehende Mutter? Vermutlich braucht es dazu eine harte Dosis Anti-Gegenwart. Uwe Johnsons Literaturdinosaurier "Jahrestage" besitzt genau die richtige Menge analoge Vergangenheit, um die Gegenwart zu verdrängen, die Erzählung ist aufgehängt an einem Rückgrat aus Welt- und Lokalnachrichten der New York Times zwischen Sommer 1967 und 1968, zwischen Sechstagekrieg und Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in Prag.
"Jahrestage" am Schauspiel Leipzig:Ein Abend wie 1700 Seiten
Allein ein Kabelgewirr an den tief und schief hängenden Scheinwerferbalken sorgt für Atmosphäre.
(Foto: Rolf Arnold/Schauspiel Leipzig)Anna-Sophia Mahler inszeniert in Leipzig Uwe Johnsons Literaturkoloss "Jahrestage" wie eine Gerhart-Hauptmann-Inszenierung - zu dessen Lebzeiten.
Von Till Briegleb
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