Die kurze Meldung klang banal, dabei enthält sie jede Menge Sprengstoff: Ein vom österreichischen Innenministerium einberufenes Expertengremium empfehle, so heißt es, das Verbot "des umstrittenen jährlichen Kroatentreffens auf dem Loibacher Feld bei Bleiburg in Kärnten". Am Mittwoch beschloss die Regierung in Wien eine entsprechende Initiative zum "Expertenbericht Bleiburg", über die demnächst im Nationalrat abgestimmt werden soll. Parlamentarische Normalität? Keineswegs.
Es hat Jahrzehnte gedauert, bis - vor allem auf Druck der Grünen - tatsächlich von einer Gruppe Juristen, Historikern, Vertretern von Kirche, Polizei und Politik auf insgesamt 110 Seiten zusammengetragen und begründet wurde, was längst hätte geschehen müssen: Das wohl größte Treffen von Faschisten in Europa, das (bis auf zwei coronabedingte Ausnahmen) alljährlich im Mai in Kärnten stattfand, soll es nicht mehr geben - zumindest nicht in der bisherigen Form.
Offiziell erinnert der Aufmarsch an das "Massaker von Bleiburg": Im Mai 1945 hatten Angehörige der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee eine unbekannte Zahl von Kämpfern der mit dem Naziregime verbündeten kroatischen Ustascha-Miliz sowie Zivilisten getötet, die sich vor den Partisanen Titos ins damalige britische Besatzungsgebiet geflüchtet hatten, aber von den Briten zurückgeschickt worden waren. Spätestens seit den Fünfzigerjahren mutierte das Gedenken zunehmend zu einem Treffen, das SS und Nazi-Diktatur, vor allem aber die gefallenen Soldaten des faschistischen kroatischen Staates als Widerstandskämpfer idealisierte. Später wurde auch des Kroatienkriegs in den Neunzigerjahren gedacht.
Offen gezeigt wurden Symbole, Uniformen, Fahnen und andere einschlägige Erkennungsmerkmale des faschistischen kroatischen Staates NDH, der von 1941 bis 1945 existierte, aber auch von kroatischen Paramilitärs. Ein Gedenkstein auf dem privaten Gelände, auf dem ein als "religiöse Feierlichkeit" deklarierter "Kreuzweg" endet, ist bis heute "Ehre und Ruhm der gefallenen kroatischen Armee, Mai 1945", also der Armee des NDH gewidmet. Die regionalen Behörden und die Kirche sahen sich lange Zeit nicht in der Lage oder willens einzugreifen, tatsächlich vermieden sie wohl aus Opportunitätsgründen die Auseinandersetzungen mit den Veranstaltern. Regelmäßige Anzeigen wegen Volksverhetzung wurden nicht verfolgt.
Zumindest die Aufschrift des Gedenksteins muss entfernt werden
Das soll nun alles anders werden. Die Expertengruppe kommt zu dem Schluss, dass die vom "Bleiburger Ehrenzug" am Loibacher Feld organisierte Feier nicht stattfinden darf, weil sie den Verpflichtungen im Staatsvertrag von Wien aus dem Jahr 1955 widerspricht. Außerdem muss die Aufschrift auf dem Gedenkstein entfernt werden. Die Liste verbotener Ustascha-Symbole wird erweitert. Die Grünen feiern Bericht und Beschluss als Zäsur. Deren Sprecherin für Kunst, Wissenschaft, Gedenkpolitik und Rechtsextremismus, Eva Blimlinger, sagte der SZ, die bisher von den Veranstaltern genutzten Möglichkeiten, bestehende Gesetze zu umgehen, würden nun radikal eingeschränkt. Leider hätten sich die Verantwortlichen im Bezirk Bleiburg ebenso wie die katholische Kirche zu lange vor konsequentem Handeln gedrückt. Erst in den letzten Jahren hatte sich die Diözese Gurk-Klagenfurt deutlich von dem als Gottesdienst getarnten Aufmarsch distanziert, auch die kroatische Regierung, die immer wieder hochrangige Vertreter und zuletzt noch ihren Botschafter geschickt hatte, zeigte sich in den vergangenen Jahren zunehmend kritisch.
Die Experten selbst sind gleichwohl ein wenig skeptisch, ob entsprechende gesetzliche Nachschärfungen tatsächlich ausreichen, um den Rechtsextremen den Antrieb für ihr Jahrestreffen zu nehmen. "Auch wenn eine Veranstaltung, wie sie vor 2020 abgehalten wurde, in Hinkunft zu untersagen wäre", heißt es, schließe das doch nicht aus, "dass es dennoch zu einem Totengedenken kommt". Gegen eine katholische Messe sei aber im Prinzip nichts zu sagen, da es ja auch "neutrale Totengedenken" gebe, bei denen es "nicht um die Würdigung eines faschistischen Gedankenguts" gehe. Skeptisch zeigt sich auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), der einen "klaren Plan" fordert, um auszuschließen, dass "ein mögliches Totengedenken auch in Zukunft von einigen Personen zur Darstellung ihrer gestörten Verklärung für ein Terrorregime missbraucht" werde. Dabei wäre es auch an ihm, einen solchen Plan mit den örtlich Zuständigen zu entwickeln und durchzusetzen.
Im ihrem aktuellen Podcast "Ballaballa Balkan" mit dem Titel "Bye, bye Bleiburg" stellen die Journalisten Krsto Lazarević und Danijel Majić fest, der Bericht lasse eine konkrete Handlungsaufforderung an die "chronisch untätigen Behörden" vermissen. Schon bisher hätten die Revisionisten und Faschisten "Katz und Maus" mit den Verantwortlichen gespielt.