Weiterbildung:Bafög für Erwachsene

Senioren an der Uni

Bildung ist für alle da und muss finanzierbar sein, heißt es bei der FDP.

(Foto: Jens Wolf/dpa)
  • Die FDP will Arbeitnehmern lebenslanges Lernen und individuell passende Weiterbildungen ermöglichen.
  • Dafür könnten sie unter anderem vom eigenen Gehalt ein digitales "Freiraumkonto" erstellen und zusätzlich finanzielle Unterstützung vom Staat erhalten.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Das Bundestagsbüro von Johannes Vogel sieht aus, als wäre der FDP-Abgeordnete erst gestern eingezogen - und zwar ohne Gepäck. Die Regale sind leer, bis auf ein paar Bilder und eine signierte Autobiografie von Barack Obama. Auf dem Schreibtisch liegen keine Akten, nur ein sehr dünner Laptop. Er versuche es möglichst papierlos zu halten, sagt Vogel fast entschuldigend, das meiste gebe es ja digital. Ausnahmsweise legt er dann aber doch noch acht Seiten Papier auf den Tisch. Ein neues Weiterbildungskonzept, das er mit seinem Fraktionskollegen Jens Brandenburg entwickelt hat, und das sie diese Woche ihrer Fraktion vorstellen wollen.

"Unser Ausgangspunkt ist: Wie sollten wir Weiterbildung denken im digitalen Wandel?", sagt Vogel, arbeitsmarktpolitischer Sprecher seiner Fraktion, auch mit Blick auf die geplante nationale Weiterbildungsstrategie der Regierung. Und ziemlich schnell wird klar, dass er dabei einen ähnlichen Ansatz verfolgt wie mit seinem Büro: mehr Übersicht, weniger Papier.

Konkret schwebt Vogel und Brandenburg ein digitales "Freiraumkonto" für jeden volljährigen Bürger vor. Wer will, zahlt eigenes Einkommen dort ein, Boni zum Beispiel, ungenutzte Urlaubstage oder Überstunden - und zwar aus dem Bruttogehalt, also steuer- und sozialabgabenfrei, dadurch gibt es einen finanziellen Anreiz für diese Form der Entgeltumwandlung. Das angesparte Geld könnten Arbeitnehmer dann zum Beispiel für Kursgebühren und den Verdienstausfall bei einer längeren Fortbildung nutzen. Oder für einen regelmäßigen Abendkurs, eine Onlineschulung oder sogar für ein Sabbatical.

Wer nur ein kleines oder mittleres Einkommen hat und dementsprechend nicht so einfach Geld abzweigen kann für Weiterbildung, bekäme dem Konzept nach zusätzliche Unterstützung vom Staat: "Es soll ein Midlife-Bafög geben", sagt Brandenburg, Sprecher für lebenslanges Lernen der FDP-Fraktion. 500 bis 1000 Euro im Jahr soll der Staat auf die Freiraumkonten all jener überweisen, die weniger als das Medianeinkommen verdienen (das genau in der Mitte aller Verdienste liegt) - ohne spätere Rückzahlungspflicht. Das Geld soll automatisch fließen, ohne Antrag, und es soll bis zu zehn Jahre lang angespart und dann für die berufliche Weiterbildung genutzt werden können - anders als bei den Einzahlungen vom eigenen Einkommen allerdings nicht für Sabbaticals oder Ähnliches.

Zusätzlich planen Vogel und Brandenburg eine "digitale Bildungsarena". "Wie bei Amazon" , sagt Brandenburg. "Man soll einfach bestellen können, was man braucht, von einem Onlinekurs bis zu einer herkömmlichen Schulung vor Ort", abgerechnet werde über das Freiraumkonto. Alle Bildungsanbieter sollen ihre Angebote dort einstellen können, Hochschulen ebenso wie Bildungswerke, private Anbieter oder Vereine. Die FDP-Politiker erhoffen sich einen übersichtlicheren Bildungsmarkt, samt einem transparenten Punktesystem für Weiterbildungszertifikate. Insgesamt erinnert diese Bildungsarena durchaus an das digitale Weiterbildungsprojekt "Milla", das Ende vergangenen Jahres von Fachpolitikern der Unionsfraktion vorgestellt worden war. Vogel und Brandenburg rechnen mit Kosten von drei Milliarden Euro im Jahr.

"Die Arbeit geht uns nicht aus, auch nicht durch den digitalen Wandel", sagt Vogel. "Aber es wird Umwälzungen geben." Deshalb müsse ein Versprechen her, dass jeder am digitalen Wandel gut teilhaben könne. Ihre Idee sei "ein zweites Bildungssystem für das ganze Leben". Letztlich würde das Freiraumkonto ähnlich funktionieren wie das Langzeitkonto, das Unternehmen heute schon anbieten können, das aber wenig verbreitet ist. Nur: Das Freiraumkonto würde jedem Arbeitnehmer zustehen, samt Rechtsanspruch auf die geförderte Entgeltumwandlung. Die Beschäftigten wären damit unabhängig davon, was ihre Firma in Sachen Weiterbildung anbietet.

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