Nahrungsergänzungsmittel:Hilft Zink wirklich gegen Erkältungen?

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Hatschi - und gute Besserung! Was hilft gegen Schnupfen? (Foto: Jana Mänz/imago/Westend61)

Das Spurenelement soll helfen, die Symptome einer Erkältung zu lindern. Das kann funktionieren, zeigen Studien - aber nur, wenn es in der richtigen Form eingenommen wird.

Von Stefan Aerni

Wenn die Tage kürzer und kälter werden, kommt die Erkältungszeit. Was also tun? Schutz bieten die aus der Corona-Zeit bekannten Tricks: Maske, Lüften, Abstand. Eine Impfung aber gibt es nicht, die Grippeimpfung wirkt nur gegen eine echte Grippe, die Influenza.

Wenn eine Erkältung in aller Regel auch harmloser verläuft als eine Grippe, so wären doch die meisten Menschen froh, wenn sie ebenfalls etwas zur Hand hätten gegen die lästigen Erkältungssymptome wie Schnupfen, Husten, Hals- und Kopfweh.

In dieser Situation suchen viele Linderung in bewährten Hausmitteln oder viel beworbenen Nahrungsergänzungen.

Hohe Erwartungen weckt dabei vor allem Zink. Das lebensnotwendige Spurenelement erfüllt zahlreiche Aufgaben im Körper, besonders wichtig ist es für ein gut funktionierendes Immunsystem. Da unser Körper Zink nicht selbst herstellen und auch nicht speichern kann, müssen wir es täglich zuführen - über die Nahrung, als Supplement oder beides zusammen.

Zink hilft tatsächlich etwas

So überrascht es nicht, dass praktisch jedes frei verkäufliche Erkältungsmittel neben Vitaminen auch Zink enthält. Seinen guten Ruf verdankt das Spurenelement vor allem einer wissenschaftlichen Analyse, die schon einige Jahre zurückliegt: 2011 werteten Forschende des renommierten Cochrane-Instituts alle bedeutenden Studien zum Thema aus und kamen zum Schluss: Zink hilft tatsächlich etwas. Allerdings wurde die Auswertung später wegen möglichen Fehlern und Plagiatsvorwürfen zurückgezogen.

Keinen nennenswerten Effekt scheint Zink dagegen zu haben, wenn es zur Vorbeugung genommen wird. Auch nützt Zink nichts gegen alle anderen Erkrankungen.

Für Präventivmediziner und Ernährungswissenschaftler David Fäh von der Berner Fachhochschule wirft die Cochrane-Auswertung ohnehin Fragen auf - insbesondere die nach den möglichen Nebenwirkungen und Gesundheitsrisiken bei einer längerfristigen Anwendung mit erhöhten Zink-Dosierungen.

Da die gesteigerte Menge Zink sich kaum über die normale Nahrung einnehmen lässt, müsste dies vorwiegend über Nahrungsergänzungsmittel geschehen. Und das in einer ganz bestimmten Darreichungsform: als Lutschtablette. Denn das Zink sollte eine gewisse Zeit über die Schleimhäute des Rachenraums lokal einwirken können, um seine Wirkung zu entfalten. Viele der gängigen Erkältungsmittel mit Zink seien aber zum Schlucken - und damit de facto also nutzlos.

Tatsächlich hat Zink auch seine Tücken. Fitnesssportler schlucken mitunter große Mengen von Zinktabletten in der Absicht, die Testosteronproduktion zu fördern und damit mehr Muskeln aufzubauen. Denn auch diese Wirkung wird dem Spurenelement nachgesagt, zumal in einschlägigen Internetforen.

Doch die übermäßige Einnahme von Zink kann im Körper die Aufnahme von Kupfer behindern. Und weil Kupfer wiederum für die Aufnahme von Eisen wichtig ist, kann ein Eisenmangel und in der Folge eine Blutarmut auftreten.

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Auch der Schweizer Ernährungswissenschaftler Samuel Mettler, der auf Sporternährung spezialisiert ist, trifft immer wieder auf Athletinnen und Athleten, die über längere Zeit unnötig hohe Supplementierungen, auch von Zink, aufweisen - und damit negative Interaktionen mit anderen Mineralstoffen wie Eisen in Kauf nehmen. Im Spitzensport könne es zwar entscheidend sein, wenn sich eine Erkältung abschwächen und verkürzen lasse. Allerdings nütze auch hier nur eine kurzfristige, sehr gezielte Supplementierung über Lutschtabletten etwas. "Für den Muskelaufbau hingegen bringt Zink sicher nichts", stellt Mettler klar. "Im schlechten Fall kann es sogar der Gesundheit schaden."

Auch Fachkollege David Fäh ist beim Erkältungsschutz zurückhaltend mit Empfehlungen in puncto Zink: "Der geringe Nutzen steht meines Erachtens in keinem Verhältnis zu den möglichen Risiken. Von einer dauerhaften Einnahme über mehrere Monate rate ich klar ab."

Sinnvoller sei es, über eine ausgewogene Ernährung genügend Zink aufzunehmen und so das Immunsystem zu unterstützen. "Dann kommt es garantiert auch nicht zu Überdosierungen."

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes wurde die Cochrane-Auswertung zum Nutzen von Zink gegen Erkältungen zitiert, ohne darauf hinzuweisen, dass diese nach Veröffentlichung wegen Fehlern zurückgezogen wurde. Wir haben den Absatz entsprechend aktualisiert.

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