"An apple a day keeps the doctor away" - oder ist doch das tägliche Kneippen besser, auf das schon der Großvater schwor? Allgemeine Weisheiten darüber, wie man sich vor der üblichen Erkältungswelle schützen kann, gibt es jede Menge. Welche davon tatsächlich wissenschaftlich belegt sind, erfahren Sie hier.
Vitamine
Ob in Zitronen oder in Tablettenform: Vitamin C gilt als Hausmittel schlechthin, wenn es um Husten und Schnupfen geht. Auch die Wissenschaft hat in zahlreichen Studien untersucht, ob Vitamin C Erkältungen vorbeugen kann. Mit dem Resultat: Manchmal ja, meistens nein.
Das Cochrane-Netzwerk hat für eine Übersichtsarbeit 30 Studien mit insgesamt 11.350 Probanden ausgewertet. Die Cochrane-Reviews gelten als besonders aussagekräftig, weil sie nur methodisch hochwertige Studien einbeziehen. Das Resultat spricht gegen das vielbeschworene Vitamin C: Egal ob man Vitamin-C-Präparate prophylaktisch einnimmt oder nicht, das Risiko einer Erkältung bleibt gleich hoch. Nur unter extremen Belastungen, zum Beispiel bei einem Marathonlauf oder in enormer Kälte, konnte Vitamin C das Erkrankungsrisiko um die Hälfte senken.
Wer jedoch täglich Vitamin C einnimmt, ist möglicherweise weniger lange krank. Bei Erwachsenen verringerte sich die Dauer der Erkältung um acht Prozent, bei Kindern um 13,6 Prozent. Viel macht das allerdings nicht aus - bei einer durchschnittlichen Erkrankungsdauer von einer Woche ist ein Erwachsener einen halben Tag weniger verschnupft. Der Schweregrad der Erkältung veränderte sich nicht.
Das Resultat der Autoren ist deshalb eindeutig: "Vitamin C senkt die Häufigkeit von Erkältungen in der normalen Bevölkerung nicht. Eine präventive Einnahme ist nicht rational begründbar."
Auch Vitamin D hält nicht, was viele Menschen sich von ihm erwarten. In einer aktuellen Untersuchung im Journal of the American Medical Association zeigen Ärzte aus Neuseeland, dass die regelmäßige Zufuhr von Vitamin D keine Auswirkung auf die Häufigkeit und Schwere von Atemwegsinfektionen und grippalen Infekten hat.
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Probiotika
In unzähligen Werbespots wurden probiotische Joghurtdrinks als Wundermittel gegen Erkältungen gepriesen. Die Firma Danone etwa warb mit dem Slogan "Actimel activiert Abwerkräfte" - und bekam dafür von der Verbraucherorganisation Foodwatch den "Goldenen Windbeutel 2009" für die dreisteste Werbelüge verliehen. Den Antrag bei der europäischen Aufsichtsbehörde, die die gesundheitsfördernden Wirkungen absegnen sollte, zog Danone wieder zurück. Ihren Joghurtdrink bewirbt die Firma mittlerweile anders.
Ein bisschen etwas ist aber doch dran an der Wirkung von Probiotika, also Bakterien, die noch lebend in den Darm gelangen. Viele Studien liefern Hinweise, dass die Einnahme bestimmter probiotischer Bakterienstämme gesundheitsfördernd sein kann.
Für ein Cochrane-Review untersuchten Wissenschaftler der chinesischen Sichuan-Universität, ob Probiotika Infektionen im Nasen- und Rachenbereich vorbeugen können. In die Übersichtsarbeit bezogen sie 14 Studien ein und stellten am Ende einen positiven Effekt der probiotischen Mittel fest: Die Studienteilnehmer entwickelten seltener Infektionen und mussten nicht so oft auf Antibiotika zurückgreifen.
Dass Probiotika auch bei Kindern eine positive Wirkung auf Erkältungen haben, belegt eine aktuelle Studie thailändischer Wissenschaftler. Die Forscher verabreichten Schülern zwischen acht und 13 Jahren entweder eine Mischung aus zwei verschiedenen Bakterienstämmen oder ein Placebo. Die Kinder der Probiotika-Gruppe entwickelte in der Folge seltener Erkältungssymptome und fehlten weniger oft in der Schule.
Allerdings: Schon ein normaler Joghurt scheint vor Infektionen zu schützen. Tatsächlich zeigen fast alle Studien, die herkömmliche und probiotische Joghurts vergleichen, dass beide Sorten die Immunabwehr beeinflussen - und zwar in gleichem Maße. Probiotische Joghurts sind also nicht gesünder als herkömmliche, nur teurer.
Sauna
Regelmäßiges Saunieren soll nicht nur entspannend wirken, sondern auch das Immunsystem stärken. Ob der Saunagang aber wirklich vor Erkältungen schützt, ist wissenschaftlich kaum untersucht. Für eine Studie von 1990 wiesen Forscher der Universität Wien 25 Probanden an, regelmäßig in die Sauna zu gehen. Sechs Monate lang untersuchten sie Häufigkeit, Dauer und Schwere von Erkältungen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die nicht in die Sauna ging. Das Ergebnis: Die Saunagänger erkälteten sich deutlich seltener als die Teilnehmer der Kontrollgruppe. In der Dauer oder Schwere der Infektion gab es keine Unterschiede.
Auch die für ihren Saunakult berühmten Finnen untersuchten, wie sich die Schwitzkur auf die Gesundheit auswirkt. In einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2006 verglich das UKK-Institut für Gesundheitsförderung mehrere Studien zu diesem Thema. Auf die Prävention von Erkältungen bezog sich jedoch nur eine der eingeschlossenen Studien, nämlich die der Wiener Forscher. Abschließend schrieben die finnischen Wissenschaftler: "Bevor die Sauna routinemäßig als nicht-medikamentöse Behandlung eingesetzt werden kann, ist weitere Forschung mit Teilnehmern nötig, die nicht an die Sauna gewöhnt sind."
Wer unter psychischem Stress leidet, bekommt eher eine Erkältung - zu diesem Schluss kommen diverse Studien. US-amerikanische Forscher untersuchten diesen Zusammenhang beispielsweise in einer Studie, die sie 1991 im New England Journal of Medicine veröffentlichten. Dabei verabreichten sie 394 Probanden Nasentropfen, die Erkältungsviren enthielten, 29 bekamen nur eine Salzlösung. Über einen Fragebogen wurde außerdem der Grad der psychischen Belastung gemessen.
Je höher der Stress war, unter dem die Versuchspersonen standen, desto höher war auch das Risiko, eine Atemwegsinfektion oder Erkältung zu entwickeln. Zu diesem Ergebnis kommen auch viele aktuelle Studien.
Dass zu wenig Schlaf zu Erkältungen führen kann, beobachteten indes Forscher aus Pittsburgh. 153 Probanden mussten für 14 Tage ihr Schlafverhalten dokumentieren und bekamen dann ein Erkältungsvirus verabreicht. Teilnehmer mit weniger als sieben Stunden Nachtruhe erkälteten sich in der Folge fast dreimal häufiger als diejenigen, die mindestens acht Stunden pro Tag schliefen.
Nasenspülung
Eine Nasendusche klingt erstmal wenig reizvoll: Über einen Trichter läuft Wasser in ein Nasenloch hinein und fließt aus dem anderen wieder heraus. Möglicherweise kann sie aber das Erkältungsrisiko senken - darauf deutet zumindest eine Übersichtsarbeit Karlsruher Mediziner aus dem Jahr 2011 hin. Die Methode könne bei Infektneigung zur Prävention empfohlen werden, fassen die Forscher zusammen.
Auch tschechische Wissenschaftler untersuchten 2008 insgesamt 401 erkältete Kinder. Während die eine Hälfte der Gruppe nur eine Standardmedikation gegen Schnupfen bekam, erhielt die andere zusätzlich eine Nasendusche mit Salzwasser. Die Kinder mit Nasendusche wurden ihren Schnupfen nicht nur viel schneller los, sondern blieben auch danach länger gesund, mussten seltener auf Medikamente zurückgreifen und fehlten nicht so häufig in der Schule.
Allerdings ist nicht klar, wie sich tägliche prophylaktische Nasenspülungen über einen langen Zeitraum auswirken. Eine grundsätzliche Empfehlung für alle Menschen kann deshalb nicht gegeben werden.
Vor ungefähr 150 Jahren erkrankte der bayerische Priester Sebastian Kneipp an Tuberkulose. Nachdem er mehrfach kurz in der eiskalten Donau gebadet hatte, wurde er wieder gesund. Überzeugt von der heilenden Wirkung des Wassers, therapierte Kneipp in den Jahren darauf etliche Personen mit Wechselduschen oder Wassertreten.
So wunderheilerisch die Geschichte klingt, noch immer schwören viele Menschen auf die nach ihm benannten Kneipp-Kuren. Die Wasseranwendungen sollen die Abwehrkräfte stärken und Erkältungen vorbeugen. Wirklich aussagekräftige Studien, die diesen Effekt belegen, gibt es jedoch kaum.
Wissenschaftler der medizinischen Hochschule Hannover untersuchten 1990, wie Wechselduschen die Häufigkeit von Erkältungskrankheiten beeinflussen. 25 Probanden führten über die Dauer eines halben Jahres mehrmals pro Woche Wechselduschen durch, während weitere 25 Probanden keine Kneipp-Kur anwendeten. In diesem Zeitraum traten in der Kneipp-Gruppe deutlich weniger Erkältungen auf als in der Kontrollgruppe. Auch bezogen auf Erkältungsdauer und -schwere konnten die Forscher einen leichten Nutzen der Wechselduschen feststellen.
Bei Kindern konnte dieser Effekt jedoch nicht bestätigt bestätigt werden. Für eine Studie der Humboldt-Universität Berlin wurden 146 Kinder entweder nur mit einer täglichen Salzwasser-Inhalation therapiert oder zusätzlich mit Wechselduschen. Unterschiede in der Häufigkeit oder Dauer von Erkältungen gab es nicht.
Eine Doktorarbeit der Universität Ulm untersuchte 2003 allgemeine Studien zur Kneipp-Therapie - von 98 Arbeiten erfüllten aber gerade mal sechs die wissenschaftlichen Standards. Das ernüchternde Resultat: "Die wenigen verbliebenen Studien mit den beschriebenen Ergebnissen reichen nicht aus, den Aspekt der Wirksamkeit kneippscher Hydrotherapie abschließend zu klären."
Eines der wichtigsten Dinge bleibt: Hände waschen. Mit Verbesserungen der Hand-Hygiene konnten Atemwegsinfektionen um 21 Prozent reduziert werden, berichten Forscher aus Michigan in einer Meta-Analyse. Den größten Nutzen bringt demnach ganz normale Seife, spezielle antibakterielle Seife führt nur zu geringen zusätzlichen Effekten.
Dass Wasser und Seife ausreicht, belegt auch eine aktuelle Studie des Nationalen Instituts für Gesundheit und Wohlfahrt in Helsinki. Die Wissenschaftler infizierten die Handrücken gesunder Probanden mit Schnupfenviren und testeten, welche Methode die Viren am besten entfernt. Gründliches Händewaschen mit Seife war dabei sehr viel effektiver als eine kurze Desinfektion mit alkoholhaltigen Mitteln.
Die Grippeimpfung schützt dagegen nicht vor einer Erkältung. Sie wird Älteren, Schwangeren und chronisch Kranken zur Vorbeugung einer Influenza empfohlen.