Semaglutid:Abnehmspritze schützt das Herz

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Unter dem Namen Wegovy ist der Wirkstoff Semaglutid zum Abnehmen zugelassen. (Foto: Jim Vondruska /Reuters)

Eine neue Studie zeigt, dass das populäre Medikament das Risiko von kardiologischen Problemen bei Vorerkrankten reduzieren kann. Allerdings ist der Effekt nicht sehr groß.

Von Berit Uhlmann

Der in den Abnehmspritzen enthaltene Wirkstoff Semaglutid kann einer neuen Studie zufolge die Gefahr von schweren Herzproblemen verringern. Laut der im New England Journal of Medicine veröffentlichten Arbeit reduziert das populäre Medikament das Risiko, an einer Herzerkrankung zu sterben oder einen nicht tödlichen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, um 20 Prozent.

Das internationale Wissenschaftlerteam hatte insgesamt 17 600 Menschen untersucht, die bereits an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung litten und einen Body-Mass-Index (BMI) von mindestens 27 hatten. Die Hälfte der Teilnehmer erhielt etwa 34 Monate lang Semaglutid in der höchsten zum Abnehmen zugelassenen Dosis. Die andere Hälfte bekam ein Scheinmedikament. In der Placebogruppe erlebten im Laufe der Studie acht Prozent der Teilnehmer schwerwiegende kardiologische Probleme. In der Gruppe, die Semaglutid erhielt, waren es 6,5 Prozent.

Andreas Zeiher, Kardiologieprofessor der Universität Frankfurt nannte den Effekt "durchaus klinisch relevant". Garron Dodd, Spezialist für Metabolische Erkrankungen an der Universität Melbourne sprach von "relativ bescheidenen" Ergebnissen und warnte, sie nicht überzubewerten. Die Studie wurde vom Semaglutid-Hersteller Novo Nordisk gesponsert. Die Nebenwirkungen entsprachen denen, die aus früheren Untersuchungen bekannt sind. Es traten überwiegend Magen-Darm-Beschwerden und in einigen Fällen Gallenprobleme auf.

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Womöglich ist nicht nur der Gewichtsverlust für den schützenden Effekt verantwortlich

Die neuen Daten waren mit Spannung erwartet worden. Denn bisher war lediglich für Diabetiker gezeigt worden, dass die Gesundheit von Semaglutid profitieren kann. Für Menschen ohne Diabetes wusste man zwar, dass sie gut abnehmen können, aber noch nicht, wie sehr dies ihre Gesundheit verbessert. Nun wurde erstmals belegt, dass auch Nicht-Diabetiker auf zumindest moderate gesundheitliche Effekte hoffen können.

Unklar bleibt allerdings, wie genau es zu dieser Wirkung kommt, sagt Garron Dodd. Die Studienautoren halten es für möglich, dass der schützende Effekt von Semaglutid nicht allein auf das geringere Körpergewicht zurückgeht. Es sei denkbar, dass der Wirkstoff auch unabhängig vom Abnehmerfolg physiologische Veränderungen im Körper hervorruft, die sich günstig auf das Herz auswirken. So sei beispielsweise in Tierversuchen beobachtet worden, dass Semaglutid Entzündungen reduziert. In der aktuellen Studie wurde gezeigt, dass sich während der Einnahme des Präparats auch Entzündungs- und Cholesterinwerte sowie der Blutdruck verbesserten.

Offen ist außerdem, wer alles von der schützenden Wirkung profitieren könnte. In die Studie wurden nur Patienten mit bereits bestehenden kardiologischen Problemen einbezogen. Wie groß der Schutz für Menschen mit gesundem Herzen ist, lässt sich noch nicht absehen. Ebenso bleibt unklar, wie sehr Menschen mit starkem Übergewicht auf eine prophylaktische Wirkung hoffen können. Die Probanden der aktuellen Studie hatten im Schnitt einen BMI von 33, was einer leichteren Adipositas entspricht.

Sie verloren im Lauf der Studie durchschnittlich neun Prozent ihres Körpergewichtes. In den Zulassungsstudien hatten die Probanden ihr Gewicht mit Semaglutid um durchschnittlich 15 Prozent reduziert. Noch mehr scheint mit dem Konkurrenzpräparat Tirzepatid möglich zu sein, das vor wenigen Tagen in den USA zugelassen wurde. Mit dem Mittel des Pharmakonzerns Eli Lilly sind bisherigen Erkenntnissen zufolge durchschnittliche Gewichtsverluste von 21 Prozent möglich. Der Wirkstoff, der ebenfalls wöchentlich gespritzt werden muss, ist auch in Europa zur Zulassung eingereicht.

Mit Material des Science Media Centers

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