Überparteilicher Zusammenschluss:Zammrüggn für die Demokratie

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Zammgerüggt für das Foto sind von links: Wolf Maser (FDP), Brigitte Wellhöfer (Grüne), Renate Schmidt (SPD), Hermann Imhof (CSU) und Günter Gloser (SPD). (Foto: Katja Auer)

In Nürnberg gründen fünf Polit-Pensionäre um SPD-Ikone Renate Schmidt eine Initiative gegen Extremismus, Europafeindlichkeit und Verschwörungsfantasien. In einem Punkt darf sich auch Markus Söder angesprochen fühlen.

Von Katja Auer, Nürnberg

Sie wollen nichts mehr werden, trotzdem oder eher gerade deswegen haben sich fünf Nürnberger Polit-Pensionäre zusammengetan, um die Demokratie zu retten. Das ist freilich etwas verkürzt, aber sie "wollen einen Beitrag leisten, damit sich das Engagement für die Demokratie verstetigt", so drückt es Renate Schmidt (SPD) aus, die Initiatorin und frühere Bundesfamilienministerin. Deswegen hat sie zusammen mit dem ehemaligen Staatsminister Günter Gloser (SPD), dem früheren Landtagsabgeordneten Hermann Imhof (CSU), der ehemaligen Grünen-Stadtratsfraktionsvorsitzenden Brigitte Wellhöfer und Wolf Maser von der FDP die Initiative "Zammrüggn" gegründet.

Zammrüggn ist fränkisch für Zusammenrücken, den Begriff haben sie sich vom Kabarettisten Bernd Regenauer ausgeliehen. Der Anlass ist jedoch kein heiterer, denn man habe "fast schlafwandlerisch gewisse extremistische Positionen wachsen lassen", sagt Gloser. Und wenn dann auch noch Umfragen ergäben, dass ein großer Teil der Gesellschaft glaube, dass es in Deutschland keine Meinungsfreiheit gibt, "dann kann man auch als Pensionär nicht ruhig sitzen bleiben".

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Also haben die fünf einen Verein gegründet, denn ohne solche Formalitäten wird es kompliziert, wenn es etwa ums Unterschriftensammeln geht. Genau das haben sie vor, 100 000 sollen bis zum Jahresende zusammenkommen. Die Nürnbergerinnen und Nürnberger sollen eben zammrüggn für die Demokratie.

Im Aufruf heißt das so: "Demokraten und Demokratinnen dulden keine Diskriminierung wegen des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der sexuellen Orientierung, der Religion, der Behinderung, des Alters. Wir dulden keinen Antisemitismus oder Aufrufe zu Hass und Gewalt. Wir treten ein für eine weltoffene, tolerante und solidarische Gesellschaft, und lehnen jegliche Zusammenarbeit mit Parteien und Organisationen ab, die diese Werte nicht achten."

CSU-Mann Imhof tadelt seinen Parteichef Söder - nicht die einzige Kritik an ihm

Die AfD wird nicht explizit genannt, darf sich aber angesprochen fühlen. Doch auch bei Politikern aus den eigenen Reihen sehen die Initiatoren Defizite im Ton. Dabei gehe es ihnen nicht darum, alles mit einer "Harmoniesoße" zu übergießen, sagt Gloser, das Ringen um Positionen gehöre freilich zur Demokratie dazu. Aber eben auch die Kompromissfähigkeit.

Und ein ordentlicher Umgangston. So sei es nicht angemessen, eine Politikerin mit Margot Honecker zu vergleichen, sagt Hermann Imhof und spielt damit auf seinen Parteifreund Ministerpräsident Markus Söder an, der eben das am politischen Aschermittwoch mit Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) getan hatte. Söder könnte sich am Donnerstag mehrfach angesprochen fühlen, selbst wenn er nicht explizit genannt wird. Als Unterzeichner des Aufrufs sei er freilich auch eingeladen, sagt Renate Schmidt, der erste war Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU).

Am 19. April soll es offiziell losgehen, dann sind Plakate und Buttons erhältlich, auch einen Online-Auftritt wird es geben unter www.zammrueggn.de. Vereine, Kirche, Firmen und Organisationen wollen die fünf gewinnen, um mitzutun. Die Plakate in verschiedenen Farben könnten von den demokratischen Parteien etwa im Europawahlkampf neben den eigenen verwendet werden. Das Alleinstellungsmerkmal ihrer Initiative, neben anderen, die sich für die Demokratie engagieren, sieht Schmidt in der Überparteilichkeit. Und in der Niedrigschwelligkeit. Geht es nach ihr, erkennen sich Nürnbergs Demokratinnen und Demokraten bald am Zammrüggn-Button.

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