Energiewende:1000 Windräder in Bayerns Wäldern

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Die jetzt geplanten Lockerungen bei der Windkraft in Bayern reichen nicht, heißt es von den Grünen. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

Wirtschaftsminister Aiwanger will private und staatliche Forste als Standorte erschließen. CSU-Landwirtschaftsministerin Kaniber warnt davor, die Wälder "unkontrolliert mit Windrädern vollzupflastern".

Von Andreas Glas, Creußen/München

Hubert Aiwanger fasst die Dinge ja gern in einfache Bilder. An diesem Montag hört sich das so an: "Der Wald hat den Vorteil, dass dort die Windräder etwas versteckt sind." Insgesamt 300 Standorte kann sich der Wirtschaftsminister in den Wäldern des Freistaats vorstellen, mit Platz für bis zu 1000 Windräder. Entsprechende Pläne präsentiert er bei einem Ortstermin im oberfränkischen Creußen (Landkreis Bayreuth). Aber bringt das wirklich "neue Bewegung" in die bayerische Windkraftdebatte, wie Aiwanger ankündigt?

Um auszuloten, welche Wälder sich für Windräder eignen, hat das Ministerium die Waldgebiete in Bayern kartiert. In die Auswahl kamen solche Gebiete, in denen relativ viel Wind weht, die mindestens 1250 Meter von der nächsten Siedlung entfernt liegen und keine Naturschutzgebiete sind. Etwa ein Drittel der Flächen, die sich demnach für Windkraft eignen, befinden sich laut Aiwanger in Staatswäldern, zwei Drittel auf privaten Flächen. Die privaten Waldbesitzer will der Minister mit Pachteinnahmen locken. Wer seinen Wald für ein Windrad zur Verfügung stelle, könne mit mehreren Zehntausend Euro Pacht pro Jahr rechnen, sagt Aiwanger.

Die 10-H-Regln müsse weg

Das Grundproblem der Windkraft in Bayern, dass Aiwanger mit seinen Plänen umgehen möchte, ist bekannt: die 10-H-Regel, seit Ende 2014 in Kraft. Demnach muss der Abstand zwischen neuen Windrädern und Ortschaften mindestens das Zehnfache der Anlagenhöhe betragen, bei modernen Windrädern sind das wenigstens zwei Kilometer. Da es in Bayern aber nur wenige Standorte gibt, die diese Vorgabe erfüllen, und maßgebliche CSU-Landtagsabgeordnete hartnäckig an der Regel festhalten, werden im Freistaat kaum noch neue Windräder aufgestellt. Dass die Lösung dieses Problems nun allerdings im Wald liegen soll, daran glauben längst nicht alle.

"Ein Armutszeugnis", sagt Richard Mergner, Landeschef des Bundes Naturschutz (BN), über Aiwangers Pläne. Der BN lehne Windräder in Wäldern nicht ab, doch kämen dafür "nur naturferne Wälder" infrage. In jedem Fall brauche es eine "besondere artenschutzrechtliche Prüfung". Es reiche nicht aus, für Windräder gefällte Bäume anderswo aufzuforsten, wie Aiwanger vorschlägt, und lediglich Naturschutzgebiete auszuschließen. Ein Windrad im Wald "muss die Ausnahme bleiben". Um den Ausbau der Windenergie anzuschieben, müssten die 10-H-Regel weg und zwei Prozent der Landesfläche als Vorranggebiete für Windräder ausgewiesen werden.

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Die Zwei-Prozent-Pläne seien "zu schablonenhaft"

Auch Ludwig Hartmann, Fraktionschef der Grünen im Landtag, spricht von einem "Notstrohhalm", den Aiwanger suche, um "aus dem faktischen Windbaustopp rauszukommen". Hartmann und die Grünen, die ebenfalls seit Jahren für die Abschaffung der 10-H-Regel kämpfen, setzen bei der Windkraft auf die Ampelkoalition im Bund. Dort zeichnet sich ab, dass SPD, Grüne und FDP jedes Bundesland verpflichten wollen, zwei Prozent der Landesfläche für Windräder zur Verfügung zu stellen - was der Forderung von BN-Chef Mergner entspräche. Aiwanger findet die Zwei-Prozent-Pläne "zu schablonenhaft".

Und wie findet die CSU die Vorschläge des Wirtschaftsministers? Im Juli hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ja bereits zusätzliche Windräder in Staatswäldern in Aussicht gestellt. Die Reaktion der CSU-Forstministerin Michaela Kaniber auf Aiwangers Pläne ist trotzdem nicht freundlich. Sie warnt davor, die Wälder "unkontrolliert mit Windrädern vollzupflastern" und fordert "gezielte und gut durchdachte Regelungen als Ausnahmen von der 10-H-Regel" statt pauschaler Ansätze. "Möglichst viele Windräder in Bayerns Wäldern zu errichten, sind schöne Worte ohne wirkliche Lösung."

Auch für Tiere und Pflanzen seien die Anlagen eine gute Nachricht, da die Gebiete ökologisch aufgewertet würden, sagte Aiwanger. Anstelle von Baum-Monokulturen würden auf den etwa 50 mal 50 Meter großen Bauflächen Blumen und Disteln wachsen, die vielen Tieren wie Schmetterlingen als Lebensraum dienten. Die für die Windräder gefällten Bäume könnten zudem andernorts wieder aufgeforstet werden.

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