Tierschutz:Weitere Kontrollen in Bad Grönenbach nach anonymem Hinweis

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Die Organisation Soko Tierschutz hatte im Juni in den Ställen eines Betriebs in Bad Grönenbach massive Verstöße gegen die Tierschutz-Vorgaben aufgedeckt. (Foto: dpa)
  • Nach einem anonymen Hinweis auf Verstöße gegen Tierschutz-Vorlagen wurde ein weiterer großer Milchviehbetrieb in Bad Grönenbach kontrolliert.
  • Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Memmingen Vorermittlungen aufgenommen - damit sind drei große Milchviehbetriebe in dem Ort wegen Verstößen gegen den Tierschutz im Visier der Behörden.
  • Die Organisation Soko Tierschutz hatte im Juni in einem Bad Grönenbacher Milchviehbetrieb mit 2880 Kühen massive Verstöße aufgedeckt.

Von Christian Sebald, München

Der Tierschutzskandal im Allgäu weitet sich erneut aus. Am Mittwoch kontrollierten Amtstierärzte des Landratsamts Unterallgäu und Spezialisten des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) einen weiteren großen Milchviehbetrieb in Bad Grönenbach. Vorangegangen war ein anonymer Hinweis, dass auf diesem Hof gegen Tierschutz-Vorgaben verstoßen werde. Inzwischen hat sich die Staatsanwaltschaft Memmingen eingeschaltet und Vorermittlungen aufgenommen. Damit sind drei große Milchviehbetriebe in dem 5700-Einwohner-Ort wegen mutmaßlicher Verstöße gegen den Tierschutz im Visier der Behörden.

Ausgangspunkt des Skandals ist der Milchviehbetrieb der Familie E.. Mit gut 2880 Kühen, die auf mehrere Betriebsstellen in Bayern und Baden Württemberg verteilt sind, ist dieser Hof der größte seiner Art im Freistaat. Die Organisation Soko Tierschutz hatte im Juni in den Bad Grönenbacher Ställen der Familie E. massive Verstöße gegen die Tierschutz-Vorgaben aufgedeckt. Auf den Aufnahmen ist beispielsweise zu sehen, wie eine Kuh an einer Baggerschaufel mit dem Kopf nach unten über ein Gitter gezogen wird und ihr Kopf auf dem Boden aufschlägt.

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Tierschützer prangerten in Bad Grönenbach die angeblichen "Foltermethoden" in einem der größten bayerischen Milchviehbetriebe an. Videos zeigen, wie Kühe dort misshandelt wurden.

In der Folge dieses Skandals sind bisher zwei weitere Milchviehbetriebe in Bad Grönenbach angezeigt worden - ebenfalls wegen Verstößen gegen den Tierschutz. Nach Informationen der SZ hält der eine Betrieb 1200 Milchkühe, in dem anderen leben zwischen 400 und 500 Tiere. Der größere der beiden Höfe habe sich viele Jahre ein "regelrechtes Wettrennen" mit dem Großbetrieb der Familie E. geliefert, wer mehr Kühe im Stall habe, sagen Insider. Letztlich habe der Landwirt das Rennen aufgeben müssen, weil er an bauliche Grenzen gestoßen sei. Die Vorwürfe gegen den 1200-Kuh-Betrieb sollen aber weniger massiv sein als die gegen die Familie E. Allerdings soll es auch um Verstöße gegen Hygiene-Vorschriften gehen. Der Betrieb hatte vor einem guten halben Jahr für Aufsehen gesorgt, als sein Kälberstall abbrannte und zehn Tiere starben.

Der dritte Hof war SZ-Informationen zufolge bereits 2017 und 2018 im Visier der Unterallgäuer Veterinäre - einmal wegen einer schwer verletzten Kuh, die letztlich notgetötet werden musste, das andere Mal wegen der Schlachtung eines Schafs, bei der gegen Tierschutzvorgaben verstoßen wurde. Wie der Betrieb der Familie E. soll auch dieser Hof über mehrere Betriebsstätten verfügen. Die Staatsanwaltschaft und das Landratsamt Unterallgäu äußerten sich bisher nicht zu den beiden Betrieben. Auch zur Art der Vorwürfe und den Kontrollen machten sie keine Angaben. Letztere müssten erst ausgewertet werden, hieß es.

Unterdessen hat die Soko Tierschutz tierquälerische Praktiken auf Transporten von Puten aus Ungarn in einen Schlachthof im oberbayerischen Ampfing dokumentiert. Die Bilder zeigen, wie Mitarbeiter des ungarischen Mastbetriebs die Tiere schlagen, treten und in die Transportboxen des Lkws hineinstopfen. Anschließend wurden die Tiere nach Ampfing gefahren, wo die Süddeutsche Truthahn AG einen der größten Geflügelschlachthöfe Deutschlands unterhält. Dort werden täglich bis zu 20 000 Puten geschlachtet. Das Unternehmen teilte mit, der Mastbetrieb in Ungarn werde bis zur Klärung der Vorwürfe keine Puten mehr nach Ampfing liefern. Bisher hätten sich jedoch aus den Transport- und Veterinärprotokollen keine Hinweise auf Tierschutzvergehen ergeben.

Das Umweltministerium, das für den Tierschutz zuständig ist, will die Vorwürfe aufklären. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Rosi Steinberger beklagte, dass die Veterinärbehörden es erneut nicht geschafft hätten, die Missstände aus eigener Kraft aufzudecken. Sie und der SPD-Mann Florian von Brunn forderten scharfe Kontrollen von Tiertransporten und massive Sanktionen bei Verstößen.

© SZ vom 09.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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