Tegernsee:Saurüsselalm: Höhenmeter auf dem Instanzenweg

Lesezeit: 2 min

Die ehemalige Söllbachaualm bei Bad Wiessee ist seit bald zwei Jahren als Saurüsselalm eine neue Gastro-Location am Tegernsee. (Foto: Matthias Köpf)

Ein erstes Gericht hat den Umbau der einstigen Söllbachaualm bei Bad Wiessee zur neuen Gastro-Destination am Tegernsee noch für rechtens erklärt. Doch nun geht der Streit in eine neue Runde.

Von Matthias Köpf, Bad Wiessee

In ein paar Tagen gibt es Martinsgans auf der Saurüsselalm. Dort droben, eine runde Dreiviertelstunde zu Fuß oberhalb von Bad Wiessee, sollen sich Bergwanderer zu erschwinglichen Preisen mit almtypischen Speisen stärken können. Unter anderem das hat die Gemeinde mit dem örtlichen Großgrundbesitzer Franz Josef Haslberger vereinbart. Dafür stimmte sie vor zwei Jahren den Plänen des Baustoffunternehmers aus Freising zu und das Landratsamt Miesbach ließ ihn dann per Bescheid die einst eher abgelegene und rein der Rinderhaltung vorbehaltene Söllbachaualm zur heutigen Saurüsselalm aufmöbeln. Ob er das am Ende auch wirklich gedurft haben wird, ist inzwischen allerdings wieder offen.

Denn der Rechtsstreit darüber geht absehbar in die zweite Instanz. Bis die Justiz den Fall endgültig entschieden hat, wird jedenfalls die diesjährige Martinsgans längst gegessen sein. Zubereitet wird sie einstweilen vom Küchenteam des ehemaligen Leibkochs von Helmut Kohl und heutigen Nobel-Caterers Martin Frühauf. Diesen lässt Haslberger auf der Saurüsselalm seit Ende 2021 Speisen auftischen, die den einen durchaus almtypisch und erschwinglich erscheinen und den anderen eher nicht. Dem Verein zum Schutz der Bergwelt stellt sich die ganze eventfreudige Saurüsselei am Tegernsee jedenfalls als Paradebeispiel für die fortschreitende Gentrifizierung in Bayerns Bergen dar, weshalb er mit Unterstützung der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal Klage gegen die Genehmigung zum Umbau erhoben hat.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

In erster Instanz hat das Verwaltungsgericht München diese Klage nach einem Ortstermin im vergangenen Jahr größtenteils zurückgewiesen und nur die 15 Extra-Events plus Kleinbus-Shuttleservice für geschlossene Gesellschaften für rechtswidrig erklärt. Damit wiederum war Haslberger unzufrieden, und so drangen sowohl er als auch die Kläger auf eine Berufung. Die hat der übergeordnete Bayerische Verwaltungsgerichtshof nach eigenen Angaben nun zugelassen. Wann er die ganze Angelegenheit noch einmal aufrollen wird, ist allerdings offen.

Vor einer neuen Gerichtsverhandlung werden mindestens einige Monate mit dem Austausch von juristischen Schriftsätzen ins Land ziehen. Mangels Rechtskraft des ersten Urteils kann Hüttenwirt Frühauf so lange weitere Events für geschlossene Gesellschaften veranstalten. So wie im Juli, als sich angemeldete Gäste für 249 Euro pro Person von vier Spitzenköchen aus dem Tal einen "Hochgenuss" bereiten lassen konnten. Sie mussten für diese eher almuntypische Verpflegung auch gar nicht bergwandern, sondern konnten sich die 120 Höhenmeter hinaufchauffieren lassen - dies aber nicht mehr über den üblichen Weg. Denn der gehört zum Teil den Staatsforsten, die mit Haslberger über die Durchfahrt von Holzlastern streiten und den Weg zur Ereignisalm für die Shuttles gesperrt haben.

Die beiden Brückenfundamente links und rechts des staatseigenen Söllbachs hat der umtriebige Baustoffunternehmer inzwischen notgedrungen wieder wegreißen lassen. (Foto: Matthias Köpf)

Der Shuttleservice fiel daher ein bisschen rustikaler aus, was bei der Kundschaft aber gut als urig durchgeht. Der Weg des Traktors mit dem Anhänger führte jedenfalls mitten durch den Söllbach, der aber ebenfalls dem Freistaat gehört und von den Staatsforsten verwaltet wird, weshalb auch die von Haslberger darin angelegte Furt aus Flussbausteinen umstritten ist. Das Landratsamt hat eine nachträgliche Genehmigung der Furt zuletzt abgelehnt, und auch die an die Ufer betonierten Brückenfundamente hat Haslberger vor ein paar Wochen notgedrungen wegreißen lassen, so wie er dort droben schon einen ungenehmigten Tanzboden entfernen und einen zweistöckigen und mit Balkon versehenen Ziegenstall zu einem einstöckigen zurückbauen ließ.

Die Gäste auf der Alm lassen sich von all dem den Spaß nicht verderben. Doch im Landratsamt hätte man es deutlich lieber gesehen, wenn Haslberger eine scheinbar schon greifbare Einigung mit den Klägern nicht hätte platzen lassen. Stattdessen müssen sich nun abermals Richter ein Urteil bilden.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusLeben in der Jachenau
:Vom Glück der Einsamen

Kein Skizirkus, kein Wellnesshotel, kein Gewerbegebiet - im abgeschiedenen Gebirgstal der Jachenau leben die Menschen nach alten Traditionen. Es gibt viele Gründe, warum von hier niemand weg will.

Von Matthias Köpf (Text) und Sebastian Beck (Fotos)

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: