Regensburg:Wolbergs und Schaidinger verlieren Parteifreunde

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Im Jahr 2008 trat Joachim Wolbergs (links) gegen den damaligen Oberbürgermeister Hans Schaidinger an. (Foto: dpa)
  • Der Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) sitzt seit Mittwoch wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit in Untersuchungshaft.
  • Seit Freitag wird nun auch gegen seinen Amtsvorgänger Hans Schaidinger (CSU) ermittelt.
  • Parteifreunde beginnen nun, sich deutlich von den beiden Politikern zu distanzieren.

Von Andreas Glas, Regensburg

Im Zuge der Regensburger Korruptionsaffäre rücken immer mehr Parteifreunde von Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) und dessen Vorgänger Hans Schaidinger (CSU) ab. Nachdem OB Wolbergs in der vergangenen Woche wegen des Verdachts der Bestechlichkeit in Untersuchungshaft genommen wurde, legt ihm SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher nun den Rücktritt nahe.

"Jenseits der juristischen Selbstverteidigung geht es auch um den politischen Schaden. Vor diesem Hintergrund wird Joachim Wolbergs über Konsequenzen nachdenken müssen", sagte Rinderspacher der Süddeutschen Zeitung. Seit Bekanntwerden der ersten Vorwürfe im Juni 2016 hatte er dem Regensburger Oberbürgermeister stets den Rücken gestärkt. Damit scheint es jetzt vorbei zu sein.

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Nach seiner Amtszeit bekam CSU-Politiker Hans Schaidinger einen Beraterposten - bei der Firma, die SPD-Oberbürgermeister Joachim Wolbergs bestochen haben soll.

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Die Regensburger SPD-Chefin Margit Wild geht sogar einen Schritt weiter. Am Samstag sagte sie der Mittelbayerischen Zeitung, dass der SPD-Stadtverband auch den Parteiaustritt von Joachim Wolbergs diskutieren müsse. Eine ziemlich bemerkenswerte Aussage, schließlich hatte sie Wolbergs nach dessen Verhaftung am vergangenen Mittwoch noch in Schutz genommen. Nun versucht Margit Wild offenbar diejenigen zu besänftigen, die sie für ihre öffentliche Zurückhaltung im Fall Wolbergs kritisieren. Auf seiner Facebook-Seite schrieb etwa der frühere SPD-Stadtrat Tonio Walter, "dass der Partei und den Verantwortlichen weder die juristische noch die politische Lage in ihrem Ernst vollkommen bewusst sind".

Die CSU geht derweil ganz offen ins Gericht mit ihrem Parteikollegen Hans Schaidinger, der vor Joachim Wolbergs 18 Jahre lang Regensburger Oberbürgermeister gewesen ist. Am Freitag hatte die Staatsanwaltschaft bekannt gegeben, dass sie auch gegen Schaidinger wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt.

Während Wolbergs beschuldigt wird, im Gegenzug für mehrere Hunderttausend Euro Parteispenden einen Regensburger Bauunternehmer bei städtischen Grundstücksgeschäften begünstigt zu haben, geht es bei Schaidinger um dessen hoch dotierten Beraterjob bei der Firma desselben Unternehmers. Sollte sich bewahrheiten, dass Schaidinger den Unternehmer während seiner Amtszeit bevorzugt hat, müsse er aus der Partei austreten, sagte Stadtrat und CSU-Kreisvorsitzender Franz Rieger.

Zuvor hatte CSU-Stadtrat Christian Schlegl mitgeteilt, dass Schaidinger seine Ehrenbürgerwürde zurückgeben müsse, falls sich der Bestechungsverdacht erhärtet. Die Erkenntnisse der Justiz seien "bodenlos, völlig inakzeptabel und machen mich fassungslos ob der Dreistigkeit und der Missachtung jeglicher moralischer Grenzen", sagte Schlegl. Bereits am Freitag hatte CSU-Parteichef Horst Seehofer die Ereignisse in Regensburg als "Beschädigung aller, die in der Öffentlichkeit und in der Politik stehen" bezeichnet und Aufklärung von Schaidinger gefordert.

Unterdessen gehen die Ermittlungen in der Korruptionsaffäre weiter. Dass es erneut auch Durchsuchungen beim Fußballklub SSV Jahn Regensburg gab, hat Klubchef Hans Rothammer bereits bestätigt. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass Bauunternehmer und Jahn-Mäzen Volker Tretzel dem SSV Jahn für die Bevorzugung bei einem Grundstücksgeschäft durch OB Wolbergs eine Finanzspritze von 1,7 Millionen Euro in Aussicht gestellt hat. Weil seit Bekanntwerden der Ermittlungen offenbar kein Geld mehr vom Mäzen fließt, gerät nun auch der Drittliga-Fußballklub in Schwierigkeiten. In einem Zeitungsinterview sagte Jahn-Geschäftsführer Christian Keller: "Finanziell sind uns die Hände gebunden."

© SZ vom 23.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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