Parteiführung:Bayern-SPD: Lieber meucheln als debattieren

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Die bayerische SPD arbeitet nur selten miteinander oder gar füreinander. (Foto: dpa)

Öffentliche Personaldiskussionen gelten bei den Sozialdemokraten als verwerflich. Doch genau das bräuchte die Partei jetzt dringend.

Kommentar von Olaf Przybilla

Vor dem Parteitag der Bayern-SPD im Sommer 2015 hörten sich Journalisten in den Gliederungen der Partei um. Anlass war die Kandidatur eines ebenso kuriosen wie verschrobenen Genossen, der Landeschef Florian Pronold herausforderte. Das Ergebnis der Umfrage vor dem Parteitag: Alles super, unser Flori ist ein richtiger Guter, den unterstützen wir alle, das ist unser Mann.

Es kam dann ganz anders. Der Herausforderer, von dem selbst SPD-Insider noch kurz zuvor nie gehört hatten, bekam 31,7 Prozent der Stimmen. Es muss also längst ein immenses Grollen gegen Pronold gegeben haben, mutmaßlich sogar Absprachen gegen ihn: Anders war dieses schier unglaubliche Ergebnis für einen skurrilen Nobody nicht zu erklären.

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Öffentlich dazu bekannt, Pronold nicht mehr für den geeigneten Mann zu halten, hatte sich zuvor aber nahezu keiner der Genossen. Lieber würgte man ihm per Stimmzettel eine rein, genüsslich und in aller Heimlichkeit.

Seit Jahren erlebt die Bayern-SPD unter Pronolds Führung ein Debakel nach dem anderen. Immer wieder scheint der tiefste Tiefpunkt erreicht. Was aber immer nur bis zur nächsten Wahl oder Umfrage gilt, dann kommt zuverlässig der nächste historische Tiefpunkt. Und danach wiederholen die Genossen ihre eingeübten Rituale: Am Führungspersonal, so lautet das seit Jahren zumindest öffentlich gepflegte Mantra der Funktionäre, liege das alles natürlich nicht. Das gilt allerdings immer nur bis zum nächsten Parteitag. Dann werden wieder Messer gewetzt. Aber nur heimlich und anonym.

Auch daran krankt diese einst stolze Partei. Sie meuchelt lieber, statt Personaldebatten mit offenem Visier zu führen. Wer öffentlich - also nicht anonym - die Parteispitze kritisiert, gilt als derjenige, der gegen die Solidarität unter Genossen verstößt. Das aber ist nicht solidarisch, sondern einfach nur verlogen.

© SZ vom 20.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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