Prozess:"Reichsbürger" von Georgensgmünd rechnete offenbar mit Polizeieinsatz

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Wolfgang P. steht seit Ende August vor Gericht. Er soll einen Polizisten erschossen und zwei weitere verletzt haben. (Foto: Daniel Karmann/dpa)
  • Ein Zeuge sagt im Prozess aus, Wolfgang P. habe mit einem Polizeieinsatz in seiner Wohnung in Georgensgmünd gerechnet.
  • Der sogenannte Reichsbürger soll gesagt haben: "Aber bei mir kommen die nicht rein. Ein paar von denen nehme ich mit."
  • Bei dem Einsatz am 19. Oktober hatte P. auf SEK-Beamte geschossen. Dabei starb ein Polizist, zwei weitere wurden verletzt.

Von Hans Holzhaider

Im sogenannten Reichsbürger-Prozess vor dem Landgericht Nürnberg hat am Donnerstag ein Zeuge den Angeklagten Wolfgang P. schwer belastet. P., ein Kampfsporttrainer und ehemaliger Vermögensberater, wird beschuldigt, am 19. Oktober 2016 in Georgensgmünd im mittelfränkischen Landkreis Roth einen Polizeibeamten erschossen und zwei weitere verletzt zu haben.

Der Zeuge berichtete, der Angeklagte habe ihm nur wenige Tage vor der Tat erzählt, er rechne damit, dass die Polizei oder ein Spezialeinsatzkommando (SEK) zu ihm kommen werde, um seine Schusswaffen zu beschlagnahmen. Dann habe er gesagt: "Aber bei mir kommen die nicht rein. Ein paar von denen nehme ich mit", und diese Aussage mit einer Geste mit ausgestrecktem Zeigefinger untermalt. "Ich habe das so verstanden, dass er ein paar von den Polizisten mitnehmen will", sagte der Zeuge.

Wolfgang P. nahm der Zeugenaussage zufolge an dem fraglichen Abend an einer Glücksspiel-Veranstaltung in einem Nürnberger Sauna-Club teil. "Er saß den ganzen Abend an meinem Pokertisch", sagte der Zeuge. Im Lauf des Abends habe P. darüber gesprochen, dass die Bundesrepublik Deutschland nur "eine Art GmbH"sei, dass er jedoch in dieser GmbH kein Mitarbeiter sei und deshalb das Rechtssystem nicht anerkenne und auch keine Steuern zahle. "Das war für mich schon sehr außergewöhnlich", sagte der Zeuge. "Er hat das aber ganz überzeugend rübergebracht. Man hat gemerkt, er ist nicht blöd."

Die Aussage, dass P. "ein paar Polizisten mitnehmen" wolle, habe er nicht ernst genommen. Nach dem Vorfall in Georgensgmünd habe ihn dann aber ein Kollege darauf aufmerksam gemacht, dass der mutmaßliche Täter eben jener Pokerspieler war. Daraufhin meldete sich der Zeuge bei der Polizei.

Zu den tödlichen Schüssen war es gekommen, als etwa 30 SEK-Beamte um sechs Uhr morgens in das Haus von Wolfgang P. eindrangen, um einen Durchsuchungsbeschluss zu vollziehen. Als die Polizisten die Wohnungstür im ersten Stock gewaltsam öffnen wollten, feuerte P. mit einer Pistole elfmal durch die geschlossene Wohnungstür. Eine Kugel drang einem 30-jährigen Polizisten durch die Schulter in den Brustkorb. Nachdem die Polizisten das Feuer erwidert hatten, ließ sich der nur mit einer Unterhose und einer Schutzweste bekleidete P. widerstandslos festnehmen.

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