Mitten in Nürnberg:Ein günstiger Seelenfrieden

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Nach einer Grundsatzentscheidung ist doch nun alles gut in der Nürnberger Debatte um das Operninterim, oder? Nicht wirklich. Denn für den Weihnachtsfrieden wurden drei wesentliche Fragen ausgeklammert.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Im neuen Jahr will sich der Mensch gemeinhin mit anderen Problemen herumschlagen als noch im vergangenen - und das dürfte ein Grund dafür sein, dass Nürnbergs große Stadtdebatte in Sachen Operninterim gerade etwas zum Erliegen gekommen ist. Zumal der Stadtrat neun Tage vor Heiligabend ja einen Grundsatzbeschluss gefasst hatte, der alle aufatmen ließ: Ah, eine Entscheidung, dann wird ja jetzt alles gut.

Strategisch war das ein eleganter Schachzug der Stadtspitze: Man baut das Ausweichquartier also aufs ehemalige Reichsparteitagsgelände und kehrt nach etwa zehn Jahren zurück ins Stadtzentrum, in ein saniertes Haus - und schon ist er da, der Weihnachtsfrieden.

Fraglos ein richtungsweisender Beschluss. Ein günstiger freilich auch, hat er doch - entgegen dem, was beim großen Publikum angekommen sein dürfte - drei ganz entscheidende Fragen offen gelassen.

Erstens: Wer eigentlich zahlt die Sanierung und das Interim? Selbst defensive Schätzungen gehen von mehr als einer halben Milliarde Euro an Kosten aus - sollte nur ein Bruchteil davon im auf Kante genähten Etat der Stadt hängen bleiben, hat die ein nicht geringes Problem.

Zweitens: Wohin genau soll das Haus? Die SPD will es nicht im Hof des hufeisenförmigen Baus sehen - CSU und Grüne präferieren genau das. Sie haben eine dünne Mehrheit im Stadtrat, bootet man aber die SPD aus, wäre das wohl das Aus fürs schwarz-rote Rathausbündnis.

Die dritte Frage ist die heikelste, wird aber am wenigsten beachtet. Ihre Zustimmung für einen Interimsbau an der denkmalgeschützten NS-Kongresshalle haben Denkmalschützer an eine elementare Bedingung geknüpft: Der Bau muss anschließend wieder abgerissen werden. Geschätzte 50 Millionen Euro also für eine Zehn-Jahres-Musikhalle? In einer Stadt ohne wettbewerbsfähigen Konzertsaal? Das gilt im notorisch klammen Nürnberg als kaum vorstellbar. Von Nachhaltigkeitsüberlegungen mal ganz abgesehen.

Was mancher in Nürnberg dazu denkt, dürfte der Stadtratschef der Grünen - womöglich aus Versehen - bereits ausgeplaudert haben. "Ich glaub', wir kommen im Moment nur einen Schritt weiter, wenn wir dem Denkmalschutz treuherzig versichern, dass wir's hinterher wieder abreißen", hat Achim Mletzko formuliert. Heißt das etwa: Man sagt nun mal das eine, plant insgeheim aber ganz anderes? Als Denkmalschützer dürfte man sich da durchaus veralbert vorkommen.

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