Wirtschaft:Ryanair soll Nürnberger Flughafen aus der Krise helfen

Lesezeit: 3 min

Erst der Rückzug, nun die Rückkehr: Ryanair will von Ende März an wieder mehr Nürnberg-Flüge anbieten. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Zwei Flieger und 13 neue Routen: Der Billigfluganbieter stockt in Franken auf. Bedenken, der Flughafen könnte sich zu sehr von einer Fluglinie abhängig machen, zerstreut der Airport-Chef.

Von Clara Lipkowski, Nürnberg

Gut zwei Jahre ist es her, dass Ryanair seine Basis am Nürnberger Flughafen aufkündigte, nun stockt die Billigfluglinie wieder erheblich auf am Franken-Airport: Zwei Flugzeuge stationiert der irische Konzern künftig am Albrecht-Dürer-Flughafen, insgesamt 85 wöchentliche Abflüge will das Unternehmen dann anbieten. Die Offensive wird ziemlich positiv aufgenommen: Sie weckt Hoffnungen auf mehr Arbeitsplätze, mehr Reisende, die in die Region kommen, mehr Geld, das sie dort lassen. Oberbürgermeister Marcus König (CSU) freut sich über die "guten Nachrichten", Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) sieht ein "starkes Signal des Aufschwungs" und Flughafenchef Michael Hupe versichert, Ryanair werde das Streckennetz "deutlich bereichern", vor allem für Urlaubsreisen.

Die Rede ist von 200 Millionen Euro, die das irische Unternehmen investiert, 13 neue Flugrouten soll die Basis generieren, etwa ins katalanische Girona, nach Valencia, Ibiza, Venedig oder Banja Luka in Bosnien-Herzegowina. Ryanair wird mit dann 27 Reisezielen zum größten Player am Flughafen, wobei die Iren eigentlich nie ganz weg waren. Nürnberg-Flüge gab es zuletzt auch ohne Basis, nur eben zeitweise um mehr als die Hälfte reduziert.

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Wie alle Flughäfen kämpft auch der Nürnberger Corona-bedingt mit erheblichen Einbußen. Nur 1,1 Millionen Menschen flogen im vergangenen Jahr, 2020 waren es nochmal 16 Prozent weniger. 2019, vor Corona, lag die Zahl deutlich höher, bei 4,1 Millionen. Dass zeitweise neun von zehn Flugverbindungen ausfielen, Angestellte in Kurzarbeit mussten, der wirtschaftliche Schaden wuchs und wuchs, war ein bis dato unvorstellbares Szenario. Dass Ryanair Nürnberg als Basis aufgegeben hatte, war schon vor der Pandemie, Ende 2019, ein Rückschlag. Die Airline hatte damals verzögerte Flieger-Lieferungen als Grund angegeben. Ryanair hatte auf die Boeing 737 Max gesetzt, eine Maschine, die wegen zweier tödlicher Abstürze als unsicher eingestuft und zeitintensiv überprüft wurde.

Nun also liegen die Hoffnungen in Nürnberg vor allem auf dem Sommergeschäft und dass Familien in den Urlaub fliegen. Dabei ist das Kerngeschäft vor allem Italien, Spanien, Portugal und Griechenland. Die Buchungen liefen derzeit "sehr, sehr gut", sagt Ryanair-Sprecher Andreas Grube am Donnerstag bei einem Pressegespräch in Nürnberg. Und gleichzeitig sei die Situation volatil, seien die Buchungen bis Sommer schwer vorhersehbar, meint Flughafenchef Hupe. In der Pandemie hatten Reisende Buchungen oft hinausgezögert, weil sich die Bestimmungen für die Ein- und Ausreisen immer wieder änderten. Auch seien gebuchte Flüge oft einfach nicht angetreten worden, sagt Hupe.

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Ryanair will den von Corona gebeutelten Flughafen also beleben helfen, doch nicht unbedingt die Vorliebe zum Fränkischen ist der Grund. Wie vergangene Woche bekannt geworden war, zieht der Konzern seine Basis am Frankfurter Flughafen ab, weil dort die Start- und Landegebühren für die Iren zu teuer wurden. Ryanair verteilt seine Maschinen nun auf andere Flughäfen und Nürnberg gehört zu den Standorten, die deutlich weniger Gebühren verlangen.

60 direkte Arbeitsplätze verspricht Ryanair für Franken, Stellen für Pilotinnen und Piloten etwa. Unklar ist jedoch, ob nicht auch einige Crewmitglieder aus Frankfurt nach Nürnberg wechseln. Man wolle alle 150 Kolleginnen und Kollegen von dort im Konzern halten, betont Ryanair-Sprecher Gruber am Donnerstag. Fraglich also, ob für Nürnberg wirklich 60 Stellen herausspringen. Indirekte Arbeitsplätze würden aber automatisch entstehen, meint Gruber, fast 1000 in der ganzen Region, im Taxigewerbe, der Hotellerie oder Gastronomie. Schulterklopfen dafür kommt vom OB, der hofft, dass nicht nur Menschen mit den zusätzlichen Flugverbindungen aus der Metropolregion davonfliegen, sondern vor allem auch aus dem Ausland herkommen. Im besten Fall auch im Winter zum Christkindlesmarkt, der seit jeher international beliebt ist - und im nächsten Jahr hoffentlich wieder stattfindet.

Am Flughafen in Nürnberg hofft man nun auf das Sommergeschäft und vor allem Familien, die per Flieger Urlaub machen. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Ryanair wird also von Ende März an mit rund 30 Prozent Marktanteil am Passagieraufkommen größer Anbieter am Albrecht-Dürer-Airport und verdrängt damit Corendon, eine türkische Urlaubslinie, die bei etwa 23 Prozent liegt. Weitere Linien wie KLM und Air France bedienen vor allem das Business-Segment. Vueling, Wizz-Air oder Sun Express, gelten wie Ryanair ebenfalls als Urlaubsanbieter.

Auf einen Mix an vertretenen Airlines legt Flughafenchef Hupe am Donnerstag besonders Wert: Der bundesweite Air Berlin-Niedergang 2017 hatte Nürnberg besonders hart getroffen, die Airline hielt dort einst einen Marktanteil von 58 Prozent des Passagieraufkommens. Als Air Berlin pleite ging, brachen die Start- und Landegebühren und viele Verbindungen weg, Arbeitsplätze gingen verloren und es erwischte mit dem Flughafen letztlich die ganze Region.

Ryanair gilt trotz pandemiebedingter erheblicher Einbußen weiter als hochprofitabel und Europas größter Billigfliegeranbieter. Die Fluglinie habe schon in der Vergangenheit Reisende aus Spanien, etwa aus Valencia, nach Nürnberg geholt, sagt Flughafenchef Hupe. Air Berlin sei das nicht gelungen.

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