Unter Bayern:Sanktus Maradonasius, hilf!

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Porträt des Fußballers Maradona in der Altstadt von Neapel. (Foto: Sebastian Beck)

Wenn es um Selig- und Heiligsprechungen geht, hat die katholische Kirche ein umfangreiches Regelwerk aufgebaut. Doch viele Gläubige pfeifen auf Bürokratie.

Kolumne von Sebastian Beck

Zu den sympathischen Seiten der katholischen Kirche gehört ihr ausufernder Heiligenkult. Er hat inzwischen Formen angenommen, dass wahrscheinlich sogar die vielgöttrigen Römer gesagt hätten: Leute, jetzt ist aber mal gut. Offiziell führt der Vatikan derzeit 6650 Heilige und Selige, wobei die Märtyrer nicht eingerechnet sind. Man möchte gar nicht wissen, wie es in der Fachabteilung des Vatikans zugeht. Wahrscheinlich haben die dort noch nicht einmal auf Computer umgestellt. Wehe, es verschlampt einer mal ein Dokument, dann sucht man 1500 Jahre nach der Anlage B der Heiligen Afra von Augsburg, die ein Dödel im frühen Mittelalter unter Apphia abgelegt hat.

Afra zählt übrigens zu den ältesten Heiligen Bayerns. Sie wurde - angeblich - während der Christenverfolgung auf einer Lechinsel enthauptet oder verbrannt, so genau weiß man das nicht. Leider gibt es Menschen, die behaupten, dass die Geschichte Afras bloß eine Legende sei. Nichts Genaues weiß man auch nicht vom Heiligen Leonhard von Limoges, der es trotz gewaltiger Lücken im Lebenslauf zum bayerischen Bauernherrgott gebracht hat. Er gilt als Schutzheiliger des Viehs, kann aber auch bei Geschlechtskrankheiten angerufen werden, falls man einer Behandlung mit Penicillin skeptisch gegenübersteht.

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Grundsätzlich ist es so, dass die katholische Kirche den Kandidaten für Selig- und Heiligsprechungen genauer auf die Finger schaut als im früheren Mittelalter. Deshalb zieht sich die Seligsprechung der Resl von Konnersreuth seit 2005 hin, wahrscheinlich geht eher die Zweite Stammstrecke in München in Betrieb, als dass in der Causa Resl eine Entscheidung getroffen wird.

Viele Gläubige können mit dem kirchlichen Bürokratiekram nichts anfangen. Sie verehren, wen sie für verehrungswürdig halten. Deshalb wird Diego Armando Maradona in Neapel bereits an jeder zweiten Straßenecke mit Heiligenschein dargestellt, sogar Altäre wurden für den 2020 verstorbenen Fußballer errichtet. Sieht man mal von seiner Kokserei ab, können ihm mindestens zwei Wunder zugerechnet werden: Zu Lebzeiten hat Maradona am 22. Juni 1986 im Spiel Argentinien gegen England in der 55. Minute mit der "Hand Gottes", wie er selbst verkündete, ein Tor erzielt. Und im Jahr 2023 bewirkte die Anrufung von Maradona, dass der SSC Neapel italienischer Fußballmeister wurde.

Sanktus Maradonasius, ora pro nobis, quod non adhaesimus semper in Liga Tertia! Amen.

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