Prozess in Bamberg:Mutter Mechthild muss vor Gericht

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Mechthild Thürmer 2021 bei der Verleihung des Friedenspreises "Löwenherz" in der evangelischen Johanneskirche in Hallstadt. Sie erhielt den Friedenspreis dafür, dass sie Kirchenasyl gewährte. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

Wegen der Gewährung von Kirchenasyl wird der Ordensfrau nun doch der Prozess gemacht. Dabei gilt der Freispruch eines Ordensbruders längst als wegweisend.

Wegen der Gewährung von Kirchenasyl muss sich Mutter Mechthild Thürmer nun doch vor Gericht verantworten. Das Amtsgericht Bamberg habe die Verhandlung für den 28. Februar angesetzt, sagte ihr Rechtsanwalt Franz Bethäuser am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur. Der Äbtissin des Benediktinerinnenklosters Kirchschletten im Landkreis Bamberg, wird Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt vorgeworfen.

Der Prozess gegen Mutter Mechthild, 64, sollte schon im Sommer 2020 stattfinden, wurde dann aber kurzfristig wegen Ermittlungen in weiteren Fällen von Kirchenasylgewährung gegen sie abgesagt. Das Gericht stellte ihr damals für den Fall einer Verurteilung eine "empfindliche Freiheitsstrafe" in Aussicht. Die Benediktinerin ist gegenwärtig die einzige Ordensfrau in Bayern, gegen die noch eine diesbezügliche Anklage aufrechterhalten wird.

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Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayOLG) bestätigte vor einem Jahr den erstinstanzlichen Freispruch eines Münsterschwarzacher Benediktiners (Aktenzeichen StRR 95/21). Die Verurteilung einer Oberzeller Franziskanerin wurde daraufhin aufgehoben. Bethäuser sagte der KNA, seiner Mandantin sei eine Verfahrenseinstellung "wegen geringer Schuld" und ohne Geldauflage angeboten worden. Diese Vorgehensweise sei jedoch "nicht angebracht, nachdem das Bayerische Oberste Landesgericht so eindeutig entschieden hat, dass die Gewährung von Kirchenasyl keine Straftat ist".

Das BayOLG sieht den Tatbestand einer Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt nicht erfüllt, sofern sich die Gewährung von Kirchenasyl auf Unterkunft und Verpflegung beschränkt. Wer das tut, ist dem Gericht zufolge auch nicht verpflichtet, das Kirchenasyl aktiv zu beenden, wenn eine erneute Härtefallprüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zu einer Ablehnung führt. Diese Pflicht bestehe nur aufseiten des Flüchtlings und der Behörden. Die Vorsitzende Richterin verwies auf bestehende Absprachen zwischen Behörden und Kirchen. Seit 2015 muss für jeden im Kirchenasyl Aufgenommenen ein Dossier an das Bamf übermittelt werden. Darin drücke sich eine rechtswirksame Selbstbindung der Behörden aus. Deshalb könne einem Kirchenvertreter, der sich strikt an diese Vereinbarung halte, kein pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden.

Mutter Mechthild wurde wegen ihres Engagements für Flüchtlinge 2021 mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnet. Sie sagte damals: "Was ich gemacht habe, war für mich selbstverständlich." Nach ihren Angaben haben seit 2016 gut 30 Asylbewerberinnen und Asylbewerber Kirchenasyl in ihrer Abtei erhalten.

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