Landgericht Würzburg:Ordensschwester nach Gewährung von Kirchenasyl freigesprochen

Landgericht Würzburg: Juliana Seelmann, Ordensschwester im Kloster Oberzell.

Juliana Seelmann, Ordensschwester im Kloster Oberzell.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Schwester Juliana hatte einer geflüchteten Frau Zuflucht gewährt. Auch, nachdem diese schon einen negativen Asylbescheid erhalten hatte.

Eine Ordensschwester aus Unterfranken muss keine negativen Folgen mehr fürchten dafür, dass sie einer Nigerianerin Kirchenasyl gewährte. Sie ist vor dem Landgericht Würzburg am Donnerstag im Berufungsverfahren vom Vorwurf der Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt freigesprochen worden. Die 39-jährige Juliana Seelmann hatte eine Nigerianerin, der die Abschiebung drohte, im Februar 2020 im Kloster Oberzell beherbergt. Auch nach einer negativen Härtefallentscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte sie die 1987 geborene Frau nicht des Klosters verwiesen.

Strittig war vor allem, ob das Verhalten Seelmanns nach dem negativen Bamf-Entscheid eine Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt war. Seelmann sagte während der Verhandlung aus, die Nigerianerin nicht zum Bleiben im Kloster ermutigt oder gar gedrängt zu haben, was die Nigerianerin im Zeugenstand bestätigte. Alleine Beherbergung und Verpflegung wiederum begründen nach einem im Februar erfolgten Urteil des Bayerisches Obersten Landesgericht in Bamberg in einem ähnlichen Fall keine Beihilfe. Damals stand ein Mönch aus dem Kloster Münsterschwarzach vor Gericht. Sein Freispruch gilt als wegweisendes Urteil zur Strafbarkeit von Kirchenasyl.

Der nun erfolgte Freispruch von Schwester Juliana Seelmann ist daher in allseitigem Einvernehmen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihren Berufungsantrag während des Prozesses am Donnerstag zurückgenommen.

Seelmann hatte im Juni 2021 vorm Amtsgericht Würzburg zunächst eine sogenannte Verwarnung mit Strafvorbehalt erhalten. Dagegen hatten sie selbst wie auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Seelmann begründete ihre Entscheidung zur Aufnahme ins Kirchenasyl damit, dass die 2019 illegal aus Italien eingereiste Nigerianerin Angst hatte, nach einer Abschiebung nach Italien dort erneut in der Zwangsprostitution zu landen. Die Nigerianerin sei in großer Angst gewesen. "Ich habe einen Ort gebraucht, an dem ich sicher bin. Ich wollte nicht nochmal erleben, was ich erlebt habe", erzählte sie im Zeugenstand. Die Frau ist inzwischen in Landshut wohnhaft und darf in Deutschland bleiben. Ein Verfahren gegen sie war gegen eine Geldzahlung eingestellt worden. Auch ein zweites Kirchenasylverfahren gegen Schwester Juliana in einem anderen Fall war eingestellt worden.

Nun steht noch ein weiteres Berufungsverfahren aus, das von Äbtissin Mechthild Thürmer aus der Abtei Maria Frieden im oberfränkischen Kirchschletten. Sie hatte einer Asylbewerberin aus Eritrea Kirchenasyl gewährt und einen Strafbefehl über 2500 Euro nicht akzeptiert. Ihr Anwalt Frank Bethäuser, der auch die beiden anderen Ordensleute vertreten hat, geht davon aus, dass auch dieser Fall mit einem Freispruch endet. Ein Gerichtstermin sei jedoch noch nicht angesetzt.

Mit dem Kirchenasyl versuchen Christen manchen Migranten, denen eine Abschiebung droht, meist per Aufnahme in Gottes- oder Pfarrhäuser mehr Zeit für ein ausführliches Rechtsverfahren zu schaffen. Seit 2015 gibt es zwischen den Kirchen und dem BaMF eine Vereinbarung, wonach in Ausnahmefällen im Rahmen von Kirchenasyl eine erneute Härtefallprüfung angeregt werden kann. Laut BaMF waren im ersten Halbjahr dieses Jahres 742 Personen in Deutschland im Kirchenasyl. Im gesamten Jahr 2021 erhielt das Bundesamt eine entsprechende Kirchenasylmeldung über 1231 Personen.

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