Internet-Initiative in Bayern:Freies Wlan für alle

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In München stellt die Stadt an 21 Orten kostenfreies Wlan. Heimatminister Markus Söder will, dass freies Netz bis 2020 in Bayern der Standard ist. (Foto: Robert Haas)
  • CSU-Finanzminister Markus Söder möchte bis zum Jahr 2020 mindestens 10 000 freie Wlan-Hotspots in ganz Bayern.
  • Bei vielen öffentlichen Wlan-Netzen ist derzeit noch eine Identifizierung nötig, weil Anbieter nur so die Störerhaftung umgehen können - dieses Problem soll schon bald gelöst werden.

Von Daniela Kuhr und Martin Schneider, München

Das mobile Surfen im Internet soll in Bayern deutlich leichter und vor allem billiger werden. Bis zum Jahr 2020 werde der Freistaat mit einem engmaschigen Netz von kostenlosen Wlan-Hotspots überzogen, kündigte Finanzminister Markus Söder (CSU) am Donnerstag in München an. In diesem Jahr würden bereits 100 freie Wlan-Hotspots entstehen, bis 2020 sollen es nach dem Wunsch des Finanzministers mindestens 10 000 werden. Ziel sei, "Wlan für jedermann, anonym, kostenfrei und zeitlich unbegrenzt", sagte Söder.

Für den Finanzminister dürfte diese Pressekonferenz ein Termin ganz nach seinem Geschmack gewesen sein. Denn je mehr Menschen Smartphones und Tablets besitzen, umso mehr Menschen wünschen sich nicht nur für zu Hause schnelles Internet, sondern auch für unterwegs. "Freie Wlan-Hotspots für ganz Bayern" ist also ein ziemlich populäres Thema. Und ein junges noch dazu. Denn 50 Prozent aller Smartphone- und Tabletbesitzer seien jünger als 35 Jahre, sagte Söder. Was ihn aber wohl am meisten freuen dürfte: Die ganze Aktion ist noch nicht einmal teuer. Gerade einmal zehn Millionen Euro soll es kosten, den Freistaat in den kommenden fünf Jahren mit Wlan-Hotspots auszustatten.

Wie sich das Wlan ausbreiten soll

Der Plan sieht so aus: Gemeinden, die Interesse an so einem Hotspot haben, können sich künftig beim Wlan-Zentrum in Straubing melden. Dieses Zentrum wird spätestens Anfang Dezember an den Start gehen. Dort können sich die Kommunen nicht nur beraten lassen, von dort aus wird auch die Installation der Hotspots organisiert. Dabei übernimmt der Freistaat die Kosten für den technischen Aufbau und auch für eventuelle Wartungsarbeiten. Ziel sei, im kommenden Jahr bereits alle staatlichen Standorte angeschlossen zu haben, und dann nach und nach immer mehr Gemeinden, sagte Söder.

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Wie das für die Nutzer in der Praxis aussehen wird, das konnte man am Donnerstag im Münchner Finanzministerium ausprobieren. Dort gibt es bereits kostenloses Wlan. Wer sich einloggen will, der muss nur in den Einstellungen seines Tablets oder Smartphones auf Wlan gehen, dann @BayernWLAN auswählen, auf "verbinden" klicken, und schon ist man drin. Weder muss man eine E-Mail-Adresse angeben, noch ist ein Passwort erforderlich.

Bei anderen öffentlichen Wlan-Netzen ist diese Identifizierung in der Regel nötig, weil die Anbieter nur so die Störerhaftung umgehen können, also die Gefahr, dass sie zur Verantwortung gezogen werden, wenn ein Nutzer in ihrem Wlan illegale Seiten aufruft oder Urheberrechte verletzt. Staatliche Anbieter von Wlan-Netzen aber können diese Gefahr ausschließen, indem sie bei der Ausschreibung der Netze von den Providern verlangen, die Störerhaftung zu übernehmen. Private Anbieter können das derzeit noch nicht so leicht.

Doch in Berlin sitzt man bereits an Lösungen, um das Problem der Störerhaftung auch für private Anbieter zu beseitigen. Wenn dieses Problem aus der Welt geschafft sei, gehe er ohnehin davon aus, dass ganz rasch ein flächendeckendes Netz in Bayern entstehe, sagte Söder. Hotels, Restaurants und Schwimmbäder würden sich dann sicher deutlich leichter tun, ihre Netze zu öffnen.

Zu den hundert Standorten, die noch in diesem Jahr installiert werden sollen, zählen vor allem Behörden, Schlösser und Burgen. Außerdem nehmen erste Kommunen an dem Projekt teil, etwa Freyung, Hersbruck, Straubing, Vilshofen und Weiden. Die Bürgermeister können selbst entscheiden, wo der Hotspot installiert werden soll. In einem Ort bietet sich vielleicht das Rathaus an, in einem anderen das Touristikzentrum oder der Marktplatz.

Wie das Problem mit der Störerhaftung gelöst werden soll

Aktuell gibt es in Bayern schon zahlreiche Möglichkeiten, auch ohne die Landesregierung kostenlos in ein Wlan zu kommen. Verschiedene Mobilfunkanbieter bieten teilweise Hotspots mit 30 Freiminuten an, aber auch viele bayerische Städte haben bereits freie Hotspots oder bauen die Netzwerke weiter aus. In Augsburg haben die Stadtwerke zum Beispiel erst vor Kurzem 60 Busse mit dem Netz ausgestattet.

Das Problem mit der Störerhaftung wird dort folgendermaßen gelöst: Haftbar ist am Ende ein von den Stadtwerken und der Stadt beauftragter Provider. Der hat den Vorteil, dass er das sogenannte Providerprivileg genießt. Dieses Privileg leitet sich aus der Logik ab, dass ein Briefträger auch nicht für einen zugestellten Erpresserbrief haftbar gemacht werden darf. Beim Thema Internet ist die Rechtsprechung deutschlandweit jedoch uneinheitlich. Darum gibt es zusätzliche Sicherheitsschranken, etwa einen Filter, der den Zugriff auf verschiedene Seiten verhindert.

Seit 2013 Wlan - und noch keine Post vom Anwalt

Sollte in Augsburg trotzdem jemand über das öffentliche Netz einen Film illegal herunterladen, könnte man den Täter anhand seiner MAC-Adresse finden. Diese Adresse ist so etwas wie die Seriennummer eines Laptops oder eines Smartphones und wird beim Nürnberger Anbieter zehn Tage gespeichert. Über die Lieferkette könnte man so zum Beispiel einen Schuldigen finden. Allerdings scheint es so zu sein, als ob die Nutzer verantwortungsvoll mit dem Netz umgehen. In München, wo es seit dem Jahr 2013 freies Wlan gibt, teilen die Stadtwerke mit, dass sie noch nie Post vom Anwalt bekommen haben.

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Rein private Anbieter können sich allerdings nicht auf dieses Providerprivileg berufen und lösen das Problem anders. Die Organisation "Freifunker", die in vielen Städten schon freies Wlan anbietet, schickt ihre Daten deswegen über einen Tunnel (einen sogenannten VPN-Client) zum Beispiel nach Schweden. Auch die Kaffee-Kette Starbucks leitet die Anfragen über das Ausland, in dem Fall sitzt der Provider in Großbritannien. Der Grund: In diesen Ländern gibt es keine Störerhaftung.

© SZ vom 06.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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