Fotografie:Der Holzstoß als Kulturdenkmal

Lesezeit: 2 min

Wie eine Mauer steht dieser Holzstoß in der Landschaft. (Foto: Philipp Koch)

Der Amberger Verleger Wilhelm Koch bringt einen Bildband heraus, der aufgeschichtetes Brennholz nicht allein auf den Heizwert reduziert. Es geht um Männlichkeit, Abdeckplanen und die ganz großen Fragen des Woher und Wohin.

Von Katja Auer

Es gibt Sachen, die halt gemacht werden müssen, so war das mit dem Buch über die Holzstöße bei Wilhelm Koch. "Es ist Zeit worn", sagt der Amberger Verleger am Telefon, also hat er aus den Fotos, die sein Sohn Philipp schon vor einiger Zeit für sein Grafikstudium angefertigt hat, einen bemerkenswerten kleinen Bildband gemacht. "Holzstöße der Oberpfalz" heißt er, ganz schlicht, und zu sehen sind eben: Holzstöße.

Übermannshohe Stapel, meterlang wie eine Mauer. Kleine Bündel aus geschnürten Ästen und akkurat aufgeschichtete Vorräte. Kein Holzstoß gleicht dem anderen, die einen sind passgenau bis unters Scheunendach geschlichtet, die anderen klemmen sich zwischen zwei Bäume oder stehen mitten in der Wiese. Runde Äste werden gestapelt und gespaltene Scheite, klein gehackt manche schon, sind fertig für den Kamin.

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"Es ist nichts Besonderes", sagt Herausgeber Koch, "die stehen da einfach so rum." Und dann auch wieder nicht. So ein Holzstoß wecke Begehrlichkeiten, sagt Koch, man denke nur an all die Heizdebatten. Nicht ohne Grund wird das Holz geklaut inzwischen. Viel Arbeit steckt in so einem Stapel und er sei "ein Relikt von Männlichkeit", sagt Koch. Allerhand Interpretationen für einen vermeintlich schlichten Holzstapel.

An denen haben sich auch die Autoren versucht, die Koch in dem Buch zu den Bildern versammelt hat: Künstler, Journalisten, Autoren, allesamt entweder Oberpfälzer oder dieser Gegend freundschaftlich verbunden. Gerd Burger etwa misst den Holzstößen eine Bedeutung zu, die über Brennwert und die Wärme, die aus dem Ofen kommt, hinausgehe. "Nein, es geht um Größeres - die Holzplätze und Holzstapel und Holzscheiteln sind Fingerzeige, die uns an die allzeit offenen Fragen des Woher und Wohin erinnern: Was war den Alten wichtig, was liegt uns am Herzen, wie mag's nach uns weitergehen?"

Unter einer Treppe kann ein Holzstoß seinen Platz finden. (Foto: Philipp Koch)
So ein Häuflein auf der Wiese entspricht nicht der klassischen Vorstellung vom Holzstoß. (Foto: Philipp Koch)
Die Abdeckung eines Holzstoßes kann die Grenzen der Ästhetik deutlich überschreiten. (Foto: Philipp Koch)

Wer nicht geahnt hat, mit welcher philosophischen Tiefe sich ein paar Holzscheitel betrachten lassen, der wird überrascht werden, doch es geht auch um ganz praktische Fragen. Denn kein Holzstoß ohne Abdeckung, liegt das Holz offen da, kann es nicht trocknen. So künstlerisch und naturnah allerdings mancher Holzstoß anmuten mag, so brutal-praktisch kommt oft die Abdeckung daher.

So beschreibt Uli Piehler, Journalist und Volksmusikant, das Holzmachen als archaische Arbeit, als eine Beschäftigung, "die ihn auf direktem Weg zum Ursprung seines Wesens führt". Mit einem großen Aber: "Holzmachen entlarvt aber auch die Verdorbenheit der Wohlstandsgesellschaft. Wo ein Holzstoß ist, da liegt auch der Müll." Mit den "irrsinnigsten Behängen" seien nicht wenige Holzstöße ausgestattet, mit flatternden Kunststoffbahnen, rostigen Blechen und allerhand Abfall aus der Plastikindustrie. Und manchmal, wenn es ganz dick kommt, liegen sogar noch alte Reifen zum Beschweren auf dem ganzen Stapel.

Die zehn Autoren - Männer allesamt, es scheint doch etwas dran zu sein am "Relikt von Männlichkeit", wenn es ums Holzmachen geht - haben sich vertieft ins Thema, der eine dichtet, der andere zitiert historische Quellen, der nächste kommt bis nach Woodstock gedanklich.

So überraschend ein Bildband über Holzstöße zunächst wirken mag, so wenig ist er das beim Blick auf Kochs Gesamtwerk. Man darf ihn womöglich einen Universalkünstler nennen, vielleicht nicht im ganz klassischen Sinn. Wilhelm Koch hat das Amberger Luftmuseum erfunden und mit einer Reiterstatue von Angela Merkel aus dem 3-D-Drucker Aufmerksamkeit erregt. Er hat die Asphaltkapelle bei seinem Heimatort Etsdorf in der Oberpfalz gebaut und plant dort eine Glyptothek. Und dann ist der Künstler und Visionär, den manche auch für verrückt halten mögen, eben auch noch Verleger.

Im Büro Wilhelm Verlag, der mehrfach ausgezeichnet wurde, erscheinen besondere Bücher, über Kultur und Architektur zum Beispiel, es gibt aber auch eines über "Katholische Bäume der Oberpfalz" oder jenes über die "Scheunen der Oberpfalz". Und was kommt als nächstes? Eins, sagt Wilhelm Koch, eins würde ihm vielleicht schon noch einfallen: ein Buch über Jägersitze.

Philipp Koch: Holzstöße der Oberpfalz. Büro Wilhelm Verlag Amberg. 180 Seiten, 39 Euro.

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