Fotografische Spurensuche:Stille Begleiter der Landschaft

Fotografische Spurensuche: Scheunen sind zwar schlicht, aber praktisch. Vier Wände, ein Dach, quasi das Urhaus in der Landschaft.

Scheunen sind zwar schlicht, aber praktisch. Vier Wände, ein Dach, quasi das Urhaus in der Landschaft.

(Foto: Rudi Wilhelm)

Ein neuer Bildband widmet sich den Scheunen in der Oberpfalz. Die schlichten Bauwerke senden eine moderne Botschaft aus: Auch mit bescheidenen Mitteln ist ein nachhaltiges Bauen möglich.

Von Hans Kratzer, Amberg

Zu den nur wenig beachteten Bauwerken in unserer Landschaft zählen zweifellos die Scheunen und Schupfen. Dabei hätten sie uns so viel mitzuteilen über gutes und schonendes Bauen, über Nachhaltigkeit und über bauliche Ästhetik. "Sie sind das Einfachste vom Einfachen", sagt der Autor Dieter Wieland, der einst mit seinen TV-Sendungen über das Bauen auf dem Land großes Aufsehen erregte. Und doch ist jede Scheune anders, "das sind Individuen mit eigenem Charakter", sagt Wieland. Es ist ein großes Glück, dass das Büro Wilhelm, ein Amberger Verlag, diesem berührenden Thema jetzt einen Bildband gewidmet hat (Scheunen der Oberpfalz, Büro Wilhelm Verlag, 29,90 Euro). An originellen Ideen hat es dem Büro Wilhelm ja noch nie gemangelt. Wilhelm Koch, einer der Köpfe des Verlags, hat sich mit Projekten wie dem Luftmuseum Amberg, der Glyptothek Etsdorf oder zuletzt mit dem Reiterstandbild von Angela Merkel als künstlerischer Visionär längst einen Namen gemacht. Und schon vor 20 Jahren hat sein Verlag die Dokumentation "Stille Örtchen der Oberpfalz" aufgelegt, ein Klassiker im Reigen der bayerischen Bildbände.

Koch sagt, für wichtige Dinge sei er immer aufgeschlossen. Und das Scheunenprojekt ist wichtig, "es ist das Ergebnis einer sinnvollen Sinnlosigkeit", sagt er. Für ihn ist der Band ein klassisches Architekturbuch, weil das Thema lehrt, was man mit bescheidenen Mitteln an sinnvoller Architektur schaffen kann.

Beim Bau der Scheunen wurde einst verwendet, was an Material da war. Alte Dachplatten, Eternit und natürlich Bretter, das einfachste Baumaterial, das es gibt, sie halten locker 50 bis 60 Jahre. Die Scheunen, Stadel und Schupfen sind zwar schlicht, aber praktisch. Vier Wände, ein Dach, es ist quasi das Urhaus in der Landschaft. Dieter Wieland, der den Begleittext geschrieben hat, ist fasziniert von der bäuerlichen Fantasie und der hemmungslosen Lust am Selbermachen, die dort zum Ausdruck kommt. Er spricht vom Charme genehmi­gungsfreien Bauens, ohne Architekten und ohne Bebauungspläne, wie es das Baugesetzbuch im Paragraphen "Privilegiertes Bauen im Außenbereich" möglich macht. "In den letzten Jahrzehnten aber haben wir dieses bäuerliche Privileg fürchten gelernt", sagt Wieland. Mit industriellen Fertigställen und Biogas­-Anlagen habe die­se bäuerliche Freiheit der Landschaft nicht unbedingt zu neuer Schönheit verholfen.

Ganz anders die Scheunen. Sie künden vom Gespür, das die Großväter vor Jahrzehnten noch hatten, wenn sie einen Platz für einen Stadel aussuchten. So unscheinbar sie sein mögen, diese Stadel prägen die Landschaft, was die stimmungsvollen Fotos des Dokumentaristen Rudi Wilhelm unterstreichen. Noch dazu, als auch die Natur meistens wunderbar mitspielt. Fast kein einziger Stadel steht da ohne einen Baum: Eichen, Erlen, Wildkirschen oder auch nur ein alter Hollerbusch. In fast allen Fällen hingeschissen von den Vögeln. Die Bäume verknüpfen die Bauten harmonisch mit der weiten Landschaft. "Schöner geht es nicht", sagt Wieland.

Der einzige Wermutstropfen: Leider sind es Abschiedsbilder. Viele dieser Holzhütten werden nicht mehr gebraucht, sie verfallen und sterben im Schatten der industriellen Landwirtschaft leise vor sich hin.

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