Garmisch-Partenkirchen:Erste Waggons des verunglückten Zugs werden abtransportiert

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Seit dem Zugunglück vom Burgrain sind viele Bahnstrecken in der Region gesperrt. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Ein Jugendlicher und vier Frauen sind gestorben, als am Freitag bei Garmisch-Partenkirchen ein Regionalzug entgleiste. Bei den Untersuchungen zur Ursache rücken Schienen und Fahrgestelle ins Zentrum.

Von Katja Auer, Garmisch-Partenkirchen

Nach dem schweren Zugunglück in Oberbayern sind alle Toten identifiziert, und es werden keine weiteren Menschen mehr vermisst. Ein Junge im Teenageralter und vier Frauen im Alter von 32, 39, 70 und - nach bisherigen Erkenntnissen - 51 Jahren sind gestorben, als am Freitagmittag in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen ein Regionalzug entgleiste. Zwei der Frauen sind nach Informationen des Evangelischen Pressedienstes Ukrainerinnen, die mit ihren Kindern vor dem Krieg geflohen waren. Die evangelischen Ortspfarrer Martin Dubberke und Irene Konrad zeigten sich betroffen: "Das ist wirklich schwer auszuhalten. Die Frauen entkommen dem Krieg in der Ukraine und sterben bei uns in einem Zug." Mindestens 40 Menschen wurden teils schwer verletzt.

Die beiden großen Kirchen planen für den 11. Juni einen ökumenischen Gedenkgottesdienst mit dem Münchner Erzbischof Reinhard Marx und dem evangelischen Regionalbischof Christian Kopp. Bereits am Montagabend sollte ein ökumenisches Gebet im Gedenken an das Zugunglück in der Kirche Maria Himmelfahrt in Garmisch-Partenkirchen stattfinden.

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Unterdessen gehen die Bergungsarbeiten weiter. Zwei Waggons wurden am Montag mit Spezialkränen von der Strecke gehoben und abtransportiert. Ein weiterer Waggon und der Steuerungswagen sollten folgen, sagte eine Bahnsprecherin. Die Lok bleibt für weitere Ermittlungen zunächst auf den Gleisen stehen. Die Waggons wurden auf der Straße von einem Bagger zerteilt - nur so konnten sie per Tieflader von der Unfallstelle weggebracht werden. Die Bergung ist sehr aufwendig, seit Freitagabend hatten sich die Rettungskräfte bemüht, den verunglückten Zug anzuheben, doch dafür musste erst Spezialgerät angefordert werden.

Ersten Angaben zufolge könnte ein technischer Defekt die Ursache sein

Unklar ist weiter, warum der Regionalzug mit etwa 140 Fahrgästen an Bord am Freitagmittag auf dem Weg von Garmisch-Partenkirchen nach München entgleiste. Am letzten Tag vor den Pfingstferien waren viele Schülerinnen und Schüler auf dem Heimweg von der Schule. Die Soko "Zug" arbeitet unter der Leitung der Staatsanwaltschaft München II. Auch die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) ist an der Ursachenforschung beteiligt. Das sei ein normales Prozedere bei Zugunfällen, sagte eine Bahnsprecherin. Ersten Angaben zufolge könnte ein technischer Defekt am Gleis oder am Zug die Ursache sein. Ein zweiter Zug oder ein anderes Fahrzeug waren nicht beteiligt.

Bei den Untersuchungen zur Ursache rücken die Schienen und Fahrgestelle ins Zentrum. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sagte am Montag dem Bayerischen Rundfunk, die Unfallursache werde "mit dem Schwerpunkt in Richtung technische Defekte gesucht". Fahrgestelle von Waggons seien bereits sichergestellt worden, "und es wird im Moment auch überlegt, inwieweit einzelne Schienen oder Schwellen sichergestellt werden müssen. Auf jeden Fall werden die im Moment peinlichst genau untersucht und vermessen", sagte der Minister.

Nach einem Bericht der Zeitung Die Welt plante die Deutsche Bahn auf der Unglücksstrecke in Kürze Sanierungsarbeiten an den Gleisen. Demnach sollten vom 25. Juni bis 9. Juli zwischen Oberau und Garmisch-Partenkirchen eine nächtliche Gleislageberichtigung und Schienenerneuerungen stattfinden. Die Deutsche Bahn habe auf Fragen der Welt dazu mitgeteilt, aufgrund der laufenden Ermittlungen könne sie sich hierzu derzeit nicht äußern.

Die Strecke bleibt nach Angaben der Bahn auf unbestimmte Zeit gesperrt. Am Montag wurde ein Schienenersatzverkehr zwischen Oberau und Garmisch-Partenkirchen eingerichtet. Auf der Homepage hieß es: "Von nicht zwingend erforderlichen Zugfahrten im Bereich Garmisch-Partenkirchen - Murnau wird abgeraten." Das Unglück wirkt sich auch auf den Straßenverkehr aus, da die Unfallstelle weiträumig abgesperrt ist. Die Autobahn 95 ist betroffen, ebenso die Bundesstraße 2. Der Tunnel Farchant, an dessen Ausgang das Unglück auf der nebenan verlaufenden Zugstrecke geschah, ist ebenfalls gesperrt.

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