G-7-Gipfel in Bayern:Was man rund um den G-7-Gipfel in Elmau wissen muss

Lesezeit: 7 min

Alpenblick mit Schlosshotel: Hier auf Schloss Elmau wird Ende Juni der G-7-Gipfel stattfinden. Es ist nach 2015 das zweite Mal, dass die Weltpolitik hier tagt. (Foto: Daniel Kopatsch/Getty Images)

Straßensperren, Demos, Kosten: Wenn sich Ende Juni die Staats- und Regierungschefs der sieben großen Industrienationen treffen, hat das Auswirkungen auf die Menschen in der Region Garmisch-Partenkirchen. Was kommt auf sie zu? Antworten auf wichtige Fragen.

Sicher, die Welt war schon 2015 kein paradiesischer Ort: In Syrien tobte ein grausamer Krieg, der bald Millionen Flüchtende nach Europa trieb; Russland hatte gerade die Krim annektiert; und in Deutschland schlug der Abgasskandal bei VW Wellen der Empörung. Und doch scheint die Welt von damals heute wie ein Sehnsuchtsort - ohne Corona, ohne Weltkriegs-Angst. Für viele schien die Welt in Ordnung. Ein Bild, das dieses Gefühl wohl besser vermittelt als jedes andere, ist wohl die Aufnahme von US-Präsident Barack Obama, der am Rande des G-7-Gipfels auf dem Rathausplatz in Krün an einem mit Weißbiergläsern und Brezen gefüllten Tisch mit Trachtlern scherzt.

Wenn sich - sieben Jahre danach - die Staats- und Regierungschefs der großen sieben Industrienationen vom 26. bis 28. Juni nun erneut auf Schloss Elmau am Alpenrand treffen, werden die Teilnehmer rund um Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) diesmal nur wenig Grund zum Lachen haben. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Sicherheitsordnung in Europa nach dem Ende des Kalten Kriegs auf den Kopf gestellt und die Klimakrise bedroht die Zukunft der gesamten Menschheit. Größer könnten die Herausforderungen für die Weltpolitik kaum sein.

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Auch an Bayern und der Region rund um Garmisch-Partenkirchen wird der G-7-Gipfel nicht spurlos vorbeigehen: Die Polizei rechnet mit breitem Protest, wie 2015 wird es zu erheblichen Verkehrsbehinderungen kommen, auch die Kosten für die Vorbereitungen sind immens. Was kommt da auf Bayern zu? Die SZ beantwortet wichtige Fragen rund um das Staatstreffen.

Wer kommt?

Deutschland hat seit Januar die Präsidentschaft in der "Gruppe der Sieben" inne, der auch die USA, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Kanada angehören. Auch die Europäische Union nimmt an den Gipfeln teil. Als Gäste werden die Regierungschefs von Indien, Indonesien, Senegal und Südafrika die Männerrunde vergrößern, in der US-Präsident Joe Biden vermutlich die größte Aufmerksamkeit zu Teil werden wird - wie schon seinem Vor-Vorgänger Obama 2015. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird wohl die einzige weibliche Spitzenpolitikerin sein. Bundeskanzler Olaf Scholz leitet als Gastgeber erstmals ein so bedeutendes internationales Treffen.

Welches Thema steht im Zentrum?

Der G-7-Gipfel soll nach dem Willen der Bundesregierung ein starkes Signal für Frieden und Demokratie in die Welt senden. "Es ist wichtiger denn je, dass die Gruppe der Sieben ein Bild der Einigkeit zeigt nach außen", sagte der stellvertretende Chef des Bundespresseamts, Johannes Dimroth, kürzlich bei der Vorstellung der Gipfel-Vorbereitungen auf Schloss Elmau. Gerade vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sei es zentral, "dass nach außen hin sehr klar und deutlich wird, dass diese Gruppe fest zusammensteht - bei Fragen der internationalen Friedensordnung, bei Demokratie und Menschenrechten". Außerdem will die Politik beim Kampf gegen den Klimawandel vorankommen.

Was kostet der Gipfel?

In einer Kalkulation des bayerischen Innenministeriums war im Dezember von 166 Millionen Euro für den Einsatz von Polizei und Sicherheitskräften die Rede. Laut Innenminister Joachim Herrmann (CSU) würden sich die Kosten "irgendwo in dieser Größenordnung" bewegen. Damit könnte der Gipfel in diesem Jahr die Kosten des Treffens von 2015 deutlich übertreffen - damals schlugen rund 135 Millionen Euro zu Buche. "Das ist auf den ersten Blick eine Menge Geld, aber wir wollen auch wieder ein guter Gastgeber und ein Garant für eine sichere Veranstaltung sein. Am wichtigsten ist, dass das Ganze wieder friedlich abläuft", sagte Herrmann.

Je nach Einsatzsituation können sich die Kosten am Ende der Veranstaltung nach oben oder unten verändern. Der Bund hat für den G-7-Gipfel jüngst Ausgaben von 80 Millionen Euro in seinem Haushalt eingeplant - 30 Millionen mehr als zunächst angenommen, aber deutlich weniger als von Herrmann kalkuliert. Bayern will sich die Kosten für die Sicherheit vom Bund erstatten lassen.

Laut Herrmann muss bei der Planung des Sicherheitskonzeptes von einer neuen Bedrohungslage ausgegangen werden: "Dieses Mal sind wir in einer Situation, dass neben den Linksextremen auch Rechtsextreme demonstrieren könnten." Anders als bei der G-7-Premiere in Elmau 2015 müsse der Tagungsort aber dieses Mal nicht gänzlich neu hergerichtet werden, sagte Herrmann. Damals waren unter anderem auch neue Straßen gebaut worden.

Garmisch-Partenkirchens Landrat Anton Speer (Freie Wähler) und die Garmischer Bürgermeisterin Elisabeth Koch (CSU) mahnten bei der Bundesregierung bereits die Übernahme zusätzlicher Kosten für die Region an. Die Hoteliers in der Region freuen sich über gute Geschäfte, die Zimmer sind praktisch ausgebucht. Doch der Handel vor Ort fürchtet wegen Umsatzeinbußen, weil die Gipfelteilnehmer und Sicherheitskräfte kaum einkaufen gehen. Laut Michaela Nelhiebel, der Vorsitzenden der Werbegemeinschaft Garmischer Zentrum, habe es vor sieben Jahren 25 bis 49 Prozent weniger Umsatz gegeben.

Bleiben die Schulen zu?

Am Freitag, Montag und Dienstag wechseln mit wenigen Ausnahmen alle Schulen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen in den Distanzunterricht, weil die Fahrtwege zu den Schulen stark eingeschränkt sein werden. Nur die rund 500 Jugendlichen, die in der Gipfelwoche ihre Abschlussprüfungen schreiben, werden dies in den Schulräumen tun. Laut Gisela Ehrl vom Garmischer Schulamt sollen die Schülerinnen und Schüler ihre Prüfungen allerdings in jener Einrichtung schreiben können, die am nächsten am Wohnort liegt - auch wenn sie normalerweise eine andere Schule besuchen. So soll das Risiko langer Wartezeiten und Verspätungen durch weite Fahrten möglichst gering gehalten werden.

Wo kommt es zu Straßensperrungen und Staus?

Bayerns Polizei rechnet im Großraum um München und Garmisch-Partenkirchen mit Verkehrsbeeinträchtigungen. Betroffen sind vor allem die Umgebung des Tagungsortes in der Gemeinde Krün als auch die Strecken zwischen dem Flughafen im Erdinger Moos und dem Münchner Zentrum sowie von München nach Garmisch-Partenkirchen (A 95) und nach Mittenwald (B 2). "Der starke Veranstaltungsverkehr sowie die zu erwartenden Kundgebungen machen temporäre Verkehrssperren notwendig", heißt es bei der Polizei.

Sie empfiehlt, die betroffenen Verbindungen großräumig zu umfahren. An den großen Autobahnkreuzen bei Würzburg, Nürnberg, Feuchtwangen, Ulm, Memmingen und im Großraum München werden laut Polizei Umfahrungen ausgeschildert sein. Auch der ÖPNV wird während des Gipfels von den vorübergehenden Sperrungen und Kontrollen beeinträchtigt sein.

Was ist mit Fahrten von und nach Österreich?

Auch der Verkehr aus dem Nachbarland Österreich soll während des Gipfeltreffens umgelenkt werden. Die Polizei empfiehlt Einreisenden, die Grenzübergänge Griesen/Ehrwald sowie Mittenwald/Scharnitz zu meiden und auf die A 93 oder die A 8 auszuweichen - oder falls möglich im Westen den Grenzübergang Füssen/Reutte zur A 7 zu nutzen. Wer aus dem Norden Bayerns nach Österreich unterwegs ist, kann laut Polizei ab Nürnberg über die A 3 nach Oberösterreich und über die B 20 via Straubing in den Raum Salzburg gelangen. Als weitere Ausweichstrecke in Richtung Süden bietet sich demnach die A 7 über Ulm und Füssen an.

Seit Mitte Juni gibt es zudem regelmäßige Kontrollen an den deutschen Grenzen. Sie sollen bis 3. Juli anhalten.

Welche Sicherheitsvorkehrungen gibt es?

Die Polizei richtet rund um Schloss Elmau mehrere Sicherheitsbereiche ein. Der Tagungsort soll von einem 16 Kilometer langen Zaun komplett umschlossen und von Sicherheitskräften bewacht werden. Die Absperrung, teils aus Maschendraht, teils aus Lawinenschutz, wird an einigen Stellen drei Meter hoch sein. Die Sperrzone, die nur Personen mit einer Akkreditierung betreten dürfen, wird eine Gesamtfläche von vier Quadratkilometern umfassen. Touristen dürfen den Bereich nicht betreten. Seit dem 19. Juni ist die Sperrzone um den Tagungsort geschlossen.

Ende Mai fing die Polizei an, Zehntausende Gullydeckel entlang der sogenannten Protokollstrecke vom Flughafen München bis Elmau zu versiegeln. Sie gelten, wie auch manche Briefkästen, als potenzielles Versteck von Sprengsätzen oder Waffen und werden deshalb vorübergehend verschlossen. Das gilt auch für den Luftraum über dem Gipfelort: Sportflugzeuge, Drohnen, oder Gleitschirmflieger müssen während der An- und Abreise der Staatsgäste stundenlang am Boden bleiben. Die Flugbeschränkung erstreckt sich laut Polizei auf ein Gebiet von mehreren hundert Kilometern. Linienflugzeuge sollen davon allerdings nicht betroffen sein.

Die Polizeipräsenz in der Region rund um die Gipfeltage wird massiv sein. Vor sieben Jahren waren etwa 18 000 Polizeibeamte im Einsatz. Auch diesmal soll die Zahl ähnlich hoch liegen. Allein die Bundespolizei rückt mit 7000 Beamtinnen und Beamten an. In der Garmischer Skisprungarena wird eine Art Justizzentrum in Form eines Containerdorfs eingerichtet.

Während viele Anwohner hofften, dass der Gipfel nicht noch einmal in ihre Region kommt, schwärmte Hotelchef Dietmar Mueller-Elmau vom G-7-Treffen: "Von mir aus kann das jedes Jahr stattfinden. Aber ich habe das ja nicht zu entscheiden." Die Sicherheit auf dem Gelände sei umfassend und nachhaltig zu gewährleisten.

Wo und wann wird gegen das Treffen demonstriert?

Rund 15 Organisationen wollen am Samstag, 25. Juni, um 12 Uhr auf der Münchner Theresienwiese für einen besseren Klima- und Artenschutz und gegen Hunger und Armut demonstrieren. Das Bündnis, zu dem unter anderen Attac, der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) oder die Welthungerhilfe zählen, fordert von den Staats- und Regierungschefs, "Konsequenzen aus dem russischen Krieg gegen die Ukraine zu ziehen und die Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle zu beenden". Zur Großdemo werden Tausende Teilnehmer aus Deutschland und ganz Europa erwartet.

Mit diesen Forderungen und der Großdemonstration in München kann sich auch das Bündnis "Stop G 7 Elmau" identifizieren - nach eigenen Angaben ein Zusammenschluss klimaaktivistischer, kapitalismuskritischer, feministischer und antimilitaristischer Gruppen. Das Bündnis hat für den 26. Juni eine Demonstration in Garmisch-Partenkirchen angemeldet und will dort ein mehrtägiges "Aktionscamp" auf einer Wiese an der Loisach veranstalten. Bereits 2015 übernachteten zeitweise bis zu 1500 Demonstranten in einem Zeltlager, das die Behörden ursprünglich gar nicht genehmigen wollten. Proteste sind auch an den Bahnhöfen in Mittenwald und im Krüner Ortsteil Klais angemeldet. Am Montag, 27. Juni, soll ein Sternmarsch mit insgesamt fünf Routen rund um Garmisch-Partenkirchen stattfinden.

Die Politik beobachtet die Vorbereitungen der unterschiedlichen Protestgruppen genau. Der stellvertretende Chef des Bundespresseamts, Johannes Dimroth, sagte vor Kurzem: "Jeder, der sich friedlich versammeln möchte, um seine Meinung zum Ausdruck zu bringen, sei es gegen die G7 als solche, sei es zum Thema Klimaschutz oder was auch immer, ist herzlich willkommen." Die klare Grenze sei bei Gewalt. "Da wird es eine Null-Toleranz-Strategie geben, das ist völlig klar." Der Präsident des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Manfred Hauser, betonte: "Wir haben uns auf alle möglichen Szenarien eingestellt." Die Bürger, versprach er, würden aber keinen Unterschied zu 2015 merken.

Gibt es Folgen für Natur und Umwelt?

Politik und Behörden versichern, dass sie eine gute Balance bei den Einschränkungen einhalten wollen. Dennoch gibt es Eingriffe. Ein Wanderparkplatz nahe des Schlosses wurde zum Beispiel zum Hubschrauberlandeplatz umfunktioniert. Die im Weg stehenden Bäume mussten zum Teil gefällt oder ausgegraben und an anderer Stelle eingesetzt werden. Die Landefläche muss für die ankommenden und startenden Hubschrauber asphaltiert werden - wie schon 2015.

Wie können sich Bürger über Einschränkungen und Aktionen informieren?

Weil Straßensperrungen, Polizeieinsätze oder Demos während des Staatsgipfels kurzfristig stattfinden können, hat die Polizei Bürgerbüros für Anfragen eingerichtet. Die Stellen sind in den Rathäusern der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen und der Gemeinde Krün angesiedelt. Bürgerinnen und Bürger, Verbände, Organisationen und Gewerbetreibende können dort Fragen klären, Sorgen besprechen und Informationen rund um den polizeilichen Einsatz erhalten.

Bereits Ende Februar hatte der G-7-Planungsstab der Polizei ein Bürgertelefon freigeschaltet. Dort kamen seitdem vor allem Fragen zu Verkehrsbehinderungen und anderen Einschränkungen für die Bevölkerung, wie ein Sprecher mitteilte.

Bürgertelefon Inland: täglich 0 bis 24 Uhr: 0800 / 7766330

Bürgertelefon aus Österreich: täglich 0 bis 24 Uhr: 00800 / 77663300

Bürgerinformation Email-Adresse: g7.buergerinfo@polizei.bayern.de

Webseite (mit Kontaktformular): www.polizei.bayern.de/G7

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