Geschlechtergerechtigkeit:Mehrheit lehnt Vorschlag für mehr Frauen im Landtag ab

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So viele Frauen sitzen normalerweise nicht im bayerischen Landtag, damals fand im Plenarsaal eine Frauenkonferenz statt. Im Parlament sind die Frauen deutlich in der Unterzahl. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Bayerns Grüne scheitern mit ihrem Versuch, das Parlament per Gesetz paritätisch zu besetzen. Die Debatte beschäftigt sich aber kaum mit sachlichen Argumenten. Die Rede ist vom "grünen Takatukaland" und von Männern als "Person zweiter Klasse".

Von Andreas Glas

Mit ihrem Versuch, das Parlament per Gesetz paritätisch zu besetzen, sind die Grünen am Donnerstag im Landtag gescheitert. CSU, Freie Wähler, AfD und FDP stimmten dagegen, die SPD enthielt sich. Außer den Grünen werteten alle Fraktionen den Gesetzentwurf als verfassungswidrig oder rechtlich problematisch. Es sei "wünschenswert, dass sich mehr Frauen in der Politik engagieren", sagte Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU). Aber der Grünen-Entwurf sei "der vollkommen falsche Weg".

In einer emotionalen Debatte argumentierten die Grünen damit, dass das Grundgesetz den Staat ausdrücklich auffordere, Ungerechtigkeiten zwischen Männern und Frauen zu beseitigen. Stattdessen erlebe sie "eine CSU, die nichts tun will" und auf "Männervorherrschaft" setze, sagte Eva Lettenbauer (Grüne).

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Der Plan der Grünen sieht vor, dass die Zahl der Stimmkreise bei der Landtagswahl auf etwa 44 halbiert und dafür künftig von zwei Personen direkt vertreten werden soll. Jede Partei sollte demnach ein Duo aufstellen, die Wählerinnen und Wähler erhielten zwei Erststimmen. Der Mann mit den meisten Stimmen und die Frau mit den meisten Stimmen kämen in den Landtag. Im Ergebnis führte dies dazu, dass ein Duo aus verschiedenen Parteien einen Stimmkreis vertritt.

Darüber hinaus sollten Listenmandate paritätisch zugeteilt werden, also die Zweitstimmen. Die Parteien müssten dafür keine Listen aufstellen, die abwechselnd mit Frauen und Männern besetzt sind, aber die Listenmandate wären nach der Wahl abwechselnd an Kandidatinnen und Kandidaten mit den meisten Stimmen verteilt worden. Es gäbe also eine Spur für Männer und eine für Frauen.

Nur gut jedes vierte Mandat wird von einer Frau besetzt

Zu Beginn der Debatte hatte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze die Abstimmung zum "Schwur" erklärt "für ein gleichberechtigtes Bayern". Sie wies darauf hin, dass im Landtag nur gut jedes vierte Mandat einer Frau gehört. Laut Schulze hat Bayern damit die derzeit niedrigste Quote aller deutschen Länderparlamente. Sie habe "keinen Bock", noch länger auf Parität zu warten. "Die Hälfte der Gesellschaft sind Frauen, darum gehört ihnen auch die Hälfte der Macht", sagte Schulze und verteidigte den Gesetzentwurf ihrer Fraktion, den Christoph Maier (AfD) eine "Zwangsquote" nannte. "Freiwilligkeit alleine reicht nicht", sagte dagegen Schulze.

Das sagte auch Ruth Müller (SPD). Nur SPD und Grüne besetzen ihre Listen streng paritätisch. Darin, dass die anderen Parteien dies nicht tun, sieht Müller den Hauptgrund für den niedrigen Frauenanteil im Parlament. "Damit können wir uns nicht zufrieden geben", sagte sie. Müller verwies zwar auf die Paritätsgesetze in Thüringen und Brandenburg, die von den jeweiligen Landesverfassungsgerichten gekippt worden waren. Allerdings nannte Müller den Gesetzentwurf der Grünen trotz der Stimmenthaltung ihrer Fraktion einen "notwendigen Debattenbeitrag".

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Eine echte Sachdebatte war am Donnerstag aber kaum zu beobachten. Nachdem die CSU-Abgeordnete Petra Guttenberger den Grünen vorgeworfen hatte, "aus ideologischen Gründen hier das Geschlecht zum einzig wichtigen und entscheidenden Kriterium ausbauen" zu wollen, sprach ihr Parteikollege Benjamin Miskowitsch vom "grünen Takatukaland". Nachdem AfD-Mann Maier den Grünen "Sexismus" vorgeworfen hatte, sah Alexander Hold (Freie Wähler) im Entwurf zum sogenannten Hälfte-der-Macht-Gesetz die Gefahr, dass ein Mann zur "Person zweiter Klasse" werden könnte. Den Vorstoß der Grünen bezeichnete er als "Wahlkampfgetöse".

Die Grünen-Abgeordnete Lettenbauer wies derweil auf ein Rechtsgutachten von Silke Laskowski hin, Professorin für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht an der Universität Kassel und Mitglied der Wahlrechtskommission des Bundestags, die zum Ergebnis gekommen war, dass der Entwurf einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten würde. Ihr Argument: Indem das Gesetz ein verfassungsrechtlich legitimiertes Ziel habe, nämlich die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, könne auch die Zielerreichung nicht verfassungswidrig sein.

FDP-Fraktionschef Martin Hagen bezichtigte die Grünen, derart ins Wahlrecht einzugreifen, dass "nicht mehr die Wählerinnen und Wähler über die Zusammensetzung entscheiden" würden, sondern die Politik. Nach Hagens Logik haben die Frauen in Bayern schon jetzt "die Hälfte der Macht", und sogar etwas mehr, weil im Freistaat knapp mehr Frauen als Männer leben - und damit mehr Wählerinnen als Wähler, die über die Zusammensetzung des Parlaments entscheiden.

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