Landespolitik:FDP stellt Frauen nach vorne und Ex-Minister nach hinten

Lesezeit: 2 min

Da lächelt Wolfgang Heubisch, aber bei der Listenaufstellung der FDP in Oberbayern ging es wenig amüsant aus für den Landtagsvizepräsidenten. (Foto: Florian Peljak)

Die FDP wählt in Oberbayern, wichtigster Regierungsbezirk für die Landtagswahl, ihren weiblichen Nachwuchs prominent auf die Liste. Landtagsvizepräsident Heubisch landet nur auf Platz 15.

Von Johann Osel

Die FDP in Oberbayern hat ihre Liste für den Landtag gewählt und ein Foto der "Top 10" veröffentlicht. Rund um Fraktionschef Martin Hagen und seine Stellvertreterin Julika Sandt steht da das Team, das im Oktober ins Parlament strebt. Und zwei Dinge stechen sofort ins Auge. Erstens: viele Frauen, die Hälfte sogar. Das ist ungewöhnlich, weil die Liberalen bisher nur eine einzige Frau im Maximilianeum haben, eben Sandt. Und zweitens fällt auf, wer nicht auf dem Foto ist: zwei Abgeordnete von Bekanntheit. Vor allem Wolfgang Heubisch, 76, Vizepräsident des Landtags, früherer Wissenschaftsminister und Münchner Stimmen-Zugpferd (2018 deutlich zweistellig). Und Albert Duin, 69, Ex-Landeschef. Was ist da am Sonntag passiert bei der Aufstellungsversammlung im Chiemgau?

Oberbayern ist als einwohnerstärkster Bezirk für alle Parteien wichtig. Und für die FDP das traditionell beste Pflaster. Fünf der zwölf derzeitigen Abgeordneten kommen von hier. Oberbayern war 2018 zudem der einzige Bezirk, in dem die Liberalen es über die Fünf-Prozent-Hürde schafften - nur so reichte es für den Einzug. Hagen und Sandt führen nun die neue Liste an, Heubisch und Duin traten beide um Rang vier an, verloren gegen den Münchner FDP-Chef Michael Ruoff. Am Ende landete Duin auf Platz 13, Heubisch auf 15. Ohne Berechtigung fürs Top-10-Foto also.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Keine Abstrafung der Promis oder dergleichen, das hört man am Tag danach aus der FDP. Sondern die "oft nicht steuerbare Dynamik" einer Aufstellung, zumal in der Stadt-Land-Verteilung der Plätze. Durchgereicht worden seien Heubisch und Duin ausdrücklich nicht, heißt es, sie hatten zwischendurch nicht für einstellige Plätze kandidiert. Dort hätten sie gegen junge Frauen antreten müssen. Schlechte Platzierungen quasi als Kollateralschaden des Ziels, die FDP-Liste endlich weiblicher zu gestalten. In Parteikreisen hielten es manche übrigens für schier "unmöglich, dass wir das jemals hinbekommen".

Wobei Julika Sandt, bisherige liberale Solo-Dame im Landtag, betont: Es gebe keine Quote, keine Absprache dazu. "Frauen mit tollen Profilen" hätten "klasse Reden gehalten und sich durchgesetzt - und das nicht, weil sie Frauen sind". Weiblicher FDP-Nachwuchs vernetze sich seit Jahren, die Frauen wurden "nicht händeringend gesucht oder zum Jagen getragen". Sandt glaubt, "dass die Diversität dem Laden richtig gut tut". Unter den Top 10 steht Britta Hundesrügge, stellvertretende Landrätin von Starnberg, die mehrmals vergeblich für Wahlen kandidierte. Und Susanne Seehofer, Tochter des früheren CSU-Ministerpräsidenten, deren Engagement für die Partei viele Liberale als Coup sehen. Sowie zwei weitere FDP-Frauen, beide Anfang 30. Ein Misstrauensvotum gegen ältere Herren ist die neue Liste dennoch nicht: auf Platz fünf kam der Abgeordnete und Ex- Focus-Herausgeber Helmut Markwort, 86.

Mitten in Bayern
:Tiktok-Star Wolfgang Heubisch

Der Ex-Wissenschaftsminister hat eine erstaunlich große Anzahl von Followern - was unter anderem die AfD zu spüren bekommt.

Glosse von Johann Osel

Heubisch und Duin haben trotzdem Chancen auf ein erneutes Mandat. Das Wahlsystem, über das auch auf der Liste Einzelbewerber angekreuzt werden, macht's möglich. Vor allem bei Heubisch mit seiner Bekanntheit in München und seiner Vernetzung in Wissenschaft und Kunst zeigt man man sich in FDP-Kreisen optimistisch. Und auch der Staatsminister a.D. selbst ist "ganz locker und entspannt", wie er am Montag der SZ sagte. Einerseits wäre er nie auf den Gedanken gekommen, gegen die jungen Frauen in die Kampfkandidatur zu gehen. Andererseits sei es ein "Trugschluss", dass ein vorderer Listenplatz Voraussetzung ist für einen Wahlerfolg. Er vertraue da ganz auf seinen Stimmkreis, das "FDP-affine Umfeld" wie in München-Schwabing.

Maßgeblich dafür ist natürlich, ob es für die FDP überhaupt reicht. In Umfragen steht sie bei nur vier Prozent, der Bundestrend ist verheerend. Parteichef Hagen will im Wahlkampf auf "FDP pur" setzen und dabei die ungeliebte Ampel-Beteiligung in Berlin vergessen lassen. Und er hofft, etwa den Freien Wählern Stimmen abzujagen, da man als Koalitionspartner der CSU mehr Wirtschaftskompetenz aufbiete als Hubert Aiwanger. Über den, wie Hagen unlängst beim Politischen Aschermittwoch sagte, der Hightech-Standort Bayern mit seinen zehn DAX-Unternehmen nur den Kopf schüttele.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSöders Stellvertreter
:Ein Mann für jeden Kuhfladen

Kaum ein Politiker gibt so viel irres Zeug von sich wie Hubert Aiwanger, im Norden können sie über exotische Geschöpfe wie den bayerischen Wirtschaftsminister nur noch staunen. Doch wer denkt, dass da einer nicht weiß, was er tut, der kennt ihn schlecht.

Von Roman Deininger, Andreas Glas und Johann Osel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: