Zudem steht der Verdacht im Raum, N. könnte mit der italienischen Mafia zusammengearbeitet haben, die im Allgäu seit Jahrzehnten stark vertreten ist. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass die Mafia versucht, die Polizei zu unterwandern und mit Beamten gemeinsame Sache zu machen. Auf solch eine Kooperation gebe es keinen Hinweis, stellt das LKA fest. Demgegenüber stehen aber Vorwürfe von Neu-Ulmer Drogenfahndern, die sich offiziell über das laxe Verhalten ihrer Kemptner Kollegen beschwerten. Das LKA bezeichnet diesen Verdacht nun als unbegründet. Andererseits berichten die Ermittler von einem privaten Kontakt des Armin N. zu einem Mitglied der Rockerbande Bandidos. Einen Zusammenhang zur Kokain-Affäre sieht das LKA aber nicht.
Entgegen seiner ersten Angaben hat Armin N. inzwischen auch eingeräumt, selbst Kokain geschnupft zu haben. Seine Frau berichtet sogar von jahrelangem Drogenkonsum ihres Mannes. Sollte diese Aussage stimmen, wäre es schon recht sonderbar, dass Armin N.s Kollegen im Drogendezernat die Kokain-Sucht ihres Vorgesetzten nie wahrgenommen haben. Immerhin wurden die Polizisten geschult, um alle Symptome von Betäubungsmittel-Missbrauch zu erkennen. Wussten Sie davon, aber hüllten sich in Schweigen? Haben sie die Anzeichen einfach verdrängt, weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Oder konnte N. seinen Konsum perfekt überspielen?
Welche Rolle spielt eine andere Polizistin?
Ebenfalls noch ungeklärt ist die Rolle einer 43-jährigen Polizistin aus dem Oberallgäu. Sie hatte eine Liebes-Beziehung zu N., bevor er seine jetzige Frau heiratete. Auf dem sichergestellten Kokain aus N.s Büro wurde eine DNA-Spur der Kollegin gefunden. Im Juli wurden ihre Wohnung und ihr Büro durchsucht. Sie wurde suspendiert, aber blieb auf freiem Fuß. Wann und wie kam ihr genetischer Fingerabdruck auf den Stoff? Diese Frage bleibt offen, das Ermittlungsverfahren gegen sie läuft noch.
Heikel ist auch die Frage, warum Armin N. Chef des Drogen-Dezernats bleiben konnte, obwohl bereits 2009 gegen ihn wegen Körperverletzung an seiner Frau ermittelt wurde. Schon damals soll er sie massiv geschlagen haben. Das Verfahren wurde seinerzeit eingestellt. Offenbar, weil die Ehefrau keine Anzeige erstattete und ihre Vorwürfe zurücknahm.
All diese Fragen könnten in dem Prozess beantwortet werden. Er soll im Winter vor dem Landgericht Kempten beginnen. Die Staatsanwaltschaft München I bestätigt bislang nur, dass sie die Ermittlungen abgeschlossen hat und das Ergebnis allen Verfahrensbeteiligten zugeschickt hat. Weitere Erklärungen will sie aber erst abgeben, wenn alle Parteien den Empfang des Ermittlungsberichts bestätigt haben. Das ist frühestens am Montag der Fall.