Klimawandel:Bayerns CO₂-Emissionen sinken deutlich langsamer als im Bund

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Markus Söder sprach im Juni auf der Erdinger Demo gegen das Heizungsgesetz der Bundesregierung. Es soll die CO₂-Emissionen im Gebäudesektor senken. In der Klimabilanz steht Söders Regierung im Vergleich zum Bund nicht gut da. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Der Ausstoß von Treibhausgasen ist seit 1990 um 18 Prozent zurückgegangen - deutschlandweit ist die Reduktion doppelt so groß. "Die Klimabilanz ist verheerend", kritisieren die Grünen - und machen der Staatsregierung schwere Vorwürfe.

Von Christian Sebald

Der Klimaschutz kommt in Bayern deutlich langsamer voran als im Bund. Das geht aus einer Antwort des bayerischen Umweltministeriums auf eine Anfrage des grünen Landtagsabgeordneten Martin Stümpfig hervor. In Bayern sind demnach laut Umweltministerium die CO₂-Emissionen zwischen 1990 und 2021 um 18 Prozent gesunken. Auf Bundesebene waren es dem Umweltbundesamt zufolge etwas mehr als 40 Prozent.

"Bayern hat nicht einmal die Hälfte von dem geschafft, was der Bund erreicht hat", sagt Stümpfig. "Dabei hat Ministerpräsident Markus Söder vollmundig das Ziel ausgegeben, den Freistaat bis 2040 klimaneutral zu machen. Davon sind wir meilenweit entfernt. Das ist verheerend." Sollte Söder seine Klimaziele noch erreichen wollen, müsste die Staatsregierung das Tempo beim Klimaschutz mindestens verzehnfachen.

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Der größte Klimasünder in Bayern ist und bleibt laut Umweltministerium der Verkehr. Etwa 30 Prozent der Treibhausgasemissionen sind im Jahr 2019 auf diesen Sektor entfallen. Den weitaus größten Anteil daran hat der Straßenverkehr. Das Erschreckende aus Stümpfigs Sicht: Zwischen 1990 und 2019 ist der verkehrsbedingte CO₂-Ausstoß im Freistaat nicht nur nicht gesunken. Sondern um 5,5 Prozent angestiegen. Zwar seien in dem Zeitraum auch bundesweit die verkehrsbedingten Emissionen angestiegen. Aber mit 0,2 Prozent lange nicht so deutlich wie in Bayern, sagt Stümpfig. Seine Forderung: "Die Staatsregierung muss endlich Schluss machen mit ihren Straßenbauorgien. Busse und Bahnen müssen gestärkt, Radwege dringend neu gebaut werden."

Im Gebäudebereich ist die Diskrepanz zwischen dem Bund und Bayern ebenfalls dramatisch. In dem Sektor fällt etwa ein Viertel des bayerischen Treibhausgasausstoßes an. 1990 belief er sich im Gebäudebereich auf gut 25 Millionen Tonnen, 2019 waren es knapp 23 Millionen Tonnen oder 8,5 Prozent weniger. Deutschlandweit dagegen nahmen diese Emissionen dagegen von 210 Millionen Tonnen in 1990 auf 121 Millionen Tonnen in 2019 ab. Das entspricht einer Reduktion um 42 Prozent. "Damit ist bundesweit eine Halbierung in Reichweite", sagt Stümpfig. "In Bayern verweigert sich die Staatsregierung aber trotz ihrer miserablen Bilanz weiter einem Wärmegesetz, sie tut nichts für den Ausbau der Geothermie und sie legt kein gutes Förderprogramm für die energetische Sanierung und Wärmenetze auf. So wird das nie was mit der Wärmewende."

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Harte Kritik übt Stümpfig außerdem an der Informationspolitik der Staatsregierung. "Weder der aktuelle Klimabericht noch die Webseiten der zuständigen Informationen enthalten aussagekräftige Daten", sagt er. Erst auf seine schriftliche Anfrage habe das Umweltministerium ihm diese zur Verfügung gestellt. Pikant sei: Stümpfigs Anfrage an die Staatsregierung und die Veröffentlichung des bayerischen Klimaschutzberichts passierten praktisch zum gleichen Zeitpunkt. "Nur beim Tricksen und Verschleiern von Klimadaten hat Bayern die Nase vorn", sagt Stümpfig. "Mit ihrer verheerenden Klimabilanz trägt die Staatsregierung eine hohe Mitverantwortung an den zunehmenden Schäden durch Unwetter, Dürren und großen Belastungen der Menschen durch Hitze."

Die große Diskrepanz zwischen Deutschland und Bayern kann nach Stümpfigs Überzeugung auch nicht mit der besonders starken Zunahme der Bevölkerung in Bayern erklärt werden, wie es die Staatsregierung gerne und oft versuche. "Denn auch bezogen auf die Pro-Kopf-Emissionen wurde im Bund eine Reduktion von sechs Tonnen erreicht", sagt er. "In Bayern sind es dagegen nur 2,5 Tonnen pro Kopf." Einzig die Tatsache, dass in Bayern keine Kohle gefördert und in größerem Stil in Kohlekraftwerken verbrannt werde, verbessere die Bilanz Bayerns. Gleichzeitig unterschlage die Staatsregierung aber die ansteigenden Stromimporte in den Freistaat, die auch einen Kohlestrom enthielten. Stümpfig: "Die würden aber Bayerns CO₂-Bilanz noch mal um eine knappe halbe Tonne pro Kopf verschlechtern."

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