Bundeswehrreform:Berlin macht Front gegen Seehofer

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Umweltminister Söder und Ex-CSU-Chef Huber schlagen sich bei der Bundeswehrreform auf die Seite Guttenbergs. Der Druck auf Seehofer wächst.

P. Blechschmidt und M. Szymanski

Die CSU erhöht den Druck auf Parteichef Horst Seehofer, im Streit um die Zukunft der Bundeswehr einzulenken und den Weg für eine Aussetzung der Wehrpflicht freizumachen. Der Berliner Landesgruppenchef der CSU, Hans-Peter Friedrich, sagte am Mittwochabend vor Journalisten, er gehe davon aus, Seehofer werde auf den Kurs seines Parteifreundes, des Bundesverteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg, einschwenken. "Am Ende wird es zu einer Aussetzung der Wehrpflicht kommen", wird Friedrich zitiert. Auch der frühere Parteichef Erwin Huber hält nicht mehr an der Wehrpflicht fest.

CSU-Parteichef Horst Seehofer will unbedingt an der Wehrpflicht festhalten und stellt sich damit gegen Bundesverteidigungsminister Guttenberg. (Foto: ddp (Archivbild))

Die CSU-Führung will sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung noch vor der gemeinsamen Präsidiumssitzung mit der CDU Ende September auf eine Linie verständigen. Bislang vertritt Parteichef Seehofer die Auffassung, dass es ein Fehler sei, die Wehrpflicht abzuschaffen. Er hatte seine Partei vor wenigen Wochen offen davor gewarnt, die Wehrpflicht auch nur auszusetzen. Damit hatte sich der Parteichef klar gegen Verteidigungsminister zu Guttenberg gestellt. Guttenberg favorisiert das Modell einer Berufsarmee. Er will die Truppe um ein Drittel auf etwa 165.000 Mann verkleinern und den Wehrdienst lediglich als freiwilliges Angebot aufrecht erhalten.

"Die CSU muss bereit sein, die Wehrpflicht infrage zu stellen"

Nun bekommt Guttenberg für sein Reformvorhaben prominente Unterstützung. Mit Friedrich stellt sich Seehofers wichtigster Mann in Berlin auf die Seite des Verteidigungsministers. Bereits in der Vergangenheit hatte Friedrich offen seine Unterstützung für Guttenberg zu erkennen gegeben. Nun versucht er offenbar durch seine Äußerungen Fakten zugunsten von Guttenberg zu schaffen.

Am Donnerstag meldete sich auch der frühere Parteichef Erwin Huber zu Wort und warb im Gespräch mit dem Straubinger Tagblatt für eine Aussetzung der Wehrpflicht. Er sagte dem Blatt: Die CSU müsse bereit sein, "zeitgemäß und grundsätzlich über Größe und Struktur der Bundeswehr zu diskutieren und auch die Wehrpflicht infrage zu stellen".

Huber erklärte weiter: "Wenn der Verteidigungsminister sagt, er könne sicherheitspolitisch und militärisch die Aufgaben der Bundeswehr ohne Wehrpflicht erfüllen, dann hat das ein starkes Gewicht." Guttenbergs Idee, die Wehrpflicht im Grundgesetz zu lassen, sie aber auszusetzen, müsse "schon ernsthaft erwogen werden".

Guttenberg in Afghanistan
:Er kann das tragen

Wenn er reist, wird auch aus Kameras scharf geschossen: Karl-Theodor zu Guttenberg macht aus seinem Truppenbesuch in Afghanistan ein Fotoshooting. Mit Helm, Schutzweste und Fliegerbrille. So viel Pose war selten.

Bildern.

Auch weitere führende CSU-Politiker schlagen sich auf die Seite Guttenbergs. Bayerns Umweltminister Markus Söder erklärte im Gespräch mit der SZ, er habe "viel Sympathie" auch für Guttenbergs Modell einer Freiwilligenarmee. Die Bundeswehr müsse reformiert werden, er habe "großen Respekt" vor Guttenberg, der sich dieser Aufgabe annehme.

Als möglicher Kompromiss, der Gegner wie Befürworter der Bundeswehrreform versöhnen soll, wird innerhalb der CSU diskutiert, die Truppe nicht so stark zu verkleinern, wie Guttenberg das vorgeschlagen hatte. Dies könnte es den Reformgegnern leichter machen, einer Abschaffung der Wehrpflicht doch noch zuzustimmen.

Seehofer vermeidet mittlerweile eine Festlegung

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hält mindestens 200.000 Mann in Zukunft für notwendig. Er gehört aber auch weiterhin zu jenen, die gegen eine Aussetzung der Wehrpflicht sind. "Wir sollten auf die Wehrpflicht nicht verzichten", bekräftigte er am Donnerstag. Parteichef Seehofer vermeidet inzwischen eine Festlegung: "Gehen Sie davon aus, dass wir eine sehr gute Gesamtlösung gemeinsam beschließen werden", sagte er am Donnerstag.

Im Verteidigungsministerium in Berlin reagierte man zurückhaltend auf die Meldungen aus Bayern. Von einer Einigung zwischen Guttenberg und Seehofer sei nichts bekannt, hieß es. Allerdings hat man im Ministerium registriert, dass die Landesgruppe der CSU im Bundestag ebenso wie viele CDU-Abgeordnete den Personalumfang der Bundeswehr nicht so stark abbauen will, wie es Guttenberg vorschlägt. Offenbar sind viele Unionspolitiker der Meinung, dass ein Verzicht auf die Wehrpflicht leichter falle, wenn gleichzeitig die Truppenstärke nicht zu sehr schrumpfe.

Guttenberg hat immer betont, dass er auch für eine Bundeswehr mit mehr als den von ihm vorgeschlagenen 163.500 Soldaten offen ist. Diese Zahl hält er lediglich für die absolute Untergrenze. Guttenberg verweist aber auch darauf, dass mit einer größeren Zahl von Soldaten das Sparziel von 8,3 Milliarden über die nächsten vier Jahre erst recht nicht zu erreichen sein wird. 10.000 Mann mehr schlagen allein bei den Kosten für Personal und persönliche Ausrüstung mit 400 Millionen Euro pro Jahr zu Buche.

© SZ vom 03.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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