Waldpakt 2023:Wie Bayerns Wald der Zukunft aussehen soll

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Rehe gehören genauso zum Wald wie Bäume, da sind sich Jäger und Förster einig. (Foto: David & Micha Sheldon/IMAGO)

Ministerpräsident Söder und die bayerischen Waldbesitzer schließen einen "Waldpakt" - mit erstaunlich deutlichen Formulierungen zur Jagd.

Von Christian Sebald

Das Verhältnis zwischen dem Bayerischen Jagdverband (BJV) auf der einen und den Waldbesitzern und Bauern auf der anderen Seite ist seit jeher denkbar angespannt. Seit der CSU-Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch 2020 die Führung des BJV übernommen hat, gilt es sogar als zerrüttet.

Der Grund ist der Streit um die Jagd. Viele Waldbesitzer werfen dem BJV vor, er halte an überkommenen Jagdmethoden fest und achte viel zu wenig darauf, dass die Wälder in Bayern gedeihen. Denn Rehe, Hirsche und in den Bergen auch Gämsen fräßen viel zu viele junge Bäume zusammen. Insgesamt lebe zu viel Wild in den Wäldern. Die Jäger kontern, die Waldbesitzer und Förster würden schon jetzt vielerorts eine gnadenlose Hatz auf das Wild betreiben. Das wollten sie, die Jäger, nicht länger hinnehmen.

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Am Sonntag haben sich Ministerpräsident Markus Söder und Agrarministerin Michaela Kaniber (beide CSU) ausdrücklich auf die Seite der Waldbesitzer gestellt. Auf dem Waldtag in Kelheim schlossen Söder und Kaniber mit dem Präsidenten des Waldbesitzerverbands, Josef Ziegler, dem Präsidenten des Bauernverbands, Günther Felßner, dem Chef der Familienbetriebe Land und Forst, Alexander Stärker, und dem Vorsitzenden des Forstausschusses im Bayerischen Städtetag und Bürgermeister des unterfränkischen Iphofen, Dieter Lenzer, den Waldpakt 2023. In dem elfseitigen Papier bekennen sich Söder und Kaniber für die Staatsregierung zu den jagdpolitischen Positionen und Forderungen der Waldbesitzer. Der BJV war weder am Zustandekommen des Waldpakts beteiligt, noch stellte er einen Unterzeichner.

Vor mehreren tausend Waldbesitzern würdigte Söder den Waldpakt als "einzigartigen Schulterschluss für die Zukunft unserer Wälder". "Wald ist prägend für die Seele unseres Landes", sagte er. "Mit dem heutigen Waldpakt mit den Waldbesitzern geben wir ein klares Bekenntnis zu unserer Lebensart und zum Eigentum." Es sei wichtig, dass die Wälder zu Klimawäldern umgebaut werden, die Waldbesitzer seien die besten Klimaschützer, sie hätten "unsere volle Unterstützung verdient". Auch Kaniber lobte die Waldbesitzer. "Sie leisten mit ihrer täglichen Arbeit und ihrem Engagement einen unverzichtbaren Beitrag für die Schönheit und die Zukunftsfähigkeit unserer Heimat", sagte sie. "Deshalb unterstützen wir sie nach Kräften."

Jägerpräsident Ernst Weidenbusch ist im BJV umstritten. (Foto: Daniel Vogl/dpa)

Nun ist die Staatsregierung bekannt dafür, dass sie gerne Pakte mit Interessensgruppen schließt, gerade in Wahljahren. Denn sie gelten als probates Mittel der Beziehungspflege. Es gibt einen Mittelstands- und einen Familienpakt, einen Umweltpakt, einen Eigentumspakt mit der Landwirtschaft, einen "Pakt der Freiheit" für den Bürokratieabbau in der Wirtschaft und viele andere Pakte mehr. Allen gemeinsam ist das Bekenntnis des Freistaats zu einer guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den jeweiligen Partnern. Außerdem enthalten sie das eine oder andere Versprechen, meist auf finanzielle Unterstützung. Klare Kante dagegen findet man eher selten in ihnen.

Der BJV nimmt den Pakt "interessiert zur Kenntnis"

Auch der Waldpakt enthält allerlei politische Lyrik und Bekenntnisse. In puncto Jagd ist er dagegen ungewöhnlich eindeutig. "Waldverträgliche Wildbestände müssen auf ganzer Fläche realisiert werden", heißt es darin. Die Staatsregierung stellt sich zudem klar hinter den Grundsatz "Wald vor Wild", der besagt, dass die Vitalität der Wälder Vorrang vor hohen Wildbeständen hat. Viele Jäger akzeptieren ihn nicht, obwohl er im Jagdgesetz verankert ist. Außerdem zeigt sich die Staatsregierung offen für Modernisierungen des Jagdrechts, in vorsichtigen Worten zwar, aber immerhin. Die Reaktion des Jägerpräsidenten Weidenbusch fiel denn auch reserviert aus. Der Jagdverband nehme den Waldpakt "interessiert zur Kenntnis", teilte er am Sonntag mit. Für eine gegebenenfalls teilweise Umsetzung seiner jagdlichen Aspekte sei es unerlässlich, den BJV eng einzubeziehen.

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