Untersuchungsausschuss:Ministerium: Keine Masken-Mängel bekannt

Lesezeit: 3 min

Gesundheitsminister Holetschek rief die Opposition zur Sachlichkeit auf. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Die Opposition bezweifelt die Qualität der Schutzgüter aus dem umstrittenen Emix-Deal, das Gesundheitsministerium weist dies zurück. Klaus Holetschek warnt vor "parteipolitischen Spielchen".

Von Johann Osel und Klaus Ott, München

Haben Corona-Masken aus dem umstrittenen Deal mit der Schweizer Handelsfirma Emix Qualitätsmängel? Vor der Sitzung des Untersuchungsausschusses Maske am Donnerstag, in dessen nicht-öffentlichem Teil darüber beraten werden sollte, hat das Gesundheitsministerium diesen Vorwurf zurückgewiesen. Der Staatsregierung lägen keine Erkenntnisse dazu vor, dass die Masken aus der Bestellung mit dem Freistaat "unbrauchbar" gewesen wären, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. "Für einen Rückruf der Masken gab es keinerlei Anhaltspunkte."

Vergangene Woche war der Verdacht in den Reihen der Opposition aufgekommen, "teilweise wurden wohl Schrottmasken geliefert", sagte Florian Siekmann (Grüne); Markus Rinderspacher (SPD) meinte, zu den fragwürdigen Provisionen bei Maskendeals hinzu sei "unser Gesundheitspersonal gefährdet" worden.

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Es geht um eine Million FFP2-Masken eines chinesischen Herstellers zum Stückpreis von 8,90 Euro, die der Freistaat beim Schweizer Händler Emix gekauft hat - was wiederum über lukrative Vermittlung der Unternehmerin Andrea Tandler, Tochter des früheren CSU-Ministers Gerold Tandler, und unter Türöffnung durch CSU-Kanäle zustande gekommen war. Zuvor hatte der Bayerische Rundfunk von offenbar nur oberflächlichen Prüfungen bestellter Emix-Masken durch den Bund berichtet, etwa zur korrekten Faltung; aber auch von Prüfungen durch das Land Baden-Württemberg, wo erhöhte Durchlässigkeit festgestellt worden sein soll, sowie durch das bayerische Landesamt für Gesundheit.

Das LGL soll Masken als "mangelhaft" gesperrt haben, als diese bereits an Ärzte ausgeliefert waren. Der Vorwurf der Unbrauchbarkeit der bayerischen Lieferung sei "unzutreffend", sagte die Sprecherin, "wir bitten, hier genau zwischen den jeweiligen Bestellern zu differenzieren."

Inwiefern "nicht unbrauchbar" bedeutet, dass es gar keine Beanstandungen gab und welche Prüfungen wann und durch wen genau stattfanden, blieb indes unklar. Ein Sprecher des Hauses von Klaus Holetschek (CSU) ergänzte auf Nachfrage: Das Ministerium habe keine Kenntnis von "etwaigen Mängeln" der von Emix "direkt an den Freistaat Bayern gelieferten Masken"; im Rahmen der Anlieferung und Weiterverteilung seien keine festgestellt worden.

In der Sitzung am Donnerstag sprach der Untersuchungsausschuss über Beweisanträge, wonach die Regierung 60 Ansichtsexemplare jeder Masken-Charge in ungeöffnetem Zustand bereitstellen soll. Einige Abgeordnete wollen diese selbst in Augenschein nehmen und mit den Akten-Nummern abgleichen, danach steht die Bestellung eines Fachgutachtens an. Über die Abläufe wurde noch diskutiert. Strittig ist, was in staatlichen Lagern vorhanden ist oder über einstige Empfänger der Masken beigebracht werden könnte.

Derweil nahm das Gesundheitsministerium am Donnerstag auf Anfrage auch zu jüngsten Recherchen der SZ Stellung - und bestätigte diese. Denen zufolge hat es im April 2020 eine zweite Emix-Lieferung über weitere 500 000 Masken zurückgehen lassen. Mit der Begründung, die vorgelegten Zertifikate seien wertlos, die angebrachte Kennzeichnung führe in die Irre. "Die zweite Lieferung von Emix war eine Andienung ohne vorherigen Abschluss eines Kaufvertrags und somit quasi akquisitorisch", sagte die Sprecherin. Sie wurde abgelehnt, da "die Masken Kennzeichnungsmängel aufwiesen und somit nicht akzeptiert wurden." Gerade an dem Vorgang zeige sich, dass trotz des dringlichen Bedarfs "eine Qualitätskontrolle durchgeführt und keineswegs alles Angebotene akzeptiert wurde".

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Gesundheitsminister Holetschek rief am Donnerstag die Opposition zur Sachlichkeit auf und warnte vor "parteipolitischen Spielchen". Der Ausschuss habe seine volle Unterstützung, "haltlose Angriffe" von SPD, Grünen und FDP zeigten aber, "dass es ihnen nicht wirklich um Aufklärung geht", sagte der Minister der Deutschen Presse-Agentur. Die Märkte für besagte Waren seien zu Pandemiebeginn weltweit zusammengebrochen gewesen, unter großem Aufwand seien dennoch Käufe gelungen. Der Opposition scheine "nicht bewusst zu sein, dass ohne die staatlichen Lieferungen pflegerisches und medizinisches Personal ohne Schutzausrüstung dagestanden hätte".

Ziel des im Dezember gestarteten Ausschusses ist es, Maskenkäufe der Staatsregierung sowie mögliche Beteiligungen und Provisionen von Parlamentariern aufzuklären. Auch der Landtagsabgeordnete Alfred Sauter (CSU) war durch solche Deals in den Fokus geraten, er kassierte für Vermittlungstätigkeiten mehr als 1,2 Millionen Euro. Zudem sollen sämtliche Geschäfte von Abgeordneten mit dem Staat seit 2016 untersucht werden, also unabhängig von der Pandemie.

Mit der Befragung erster Zeugen ist wohl erst im März zu rechnen. Am Donnerstag stand die Anhörung eines Sachverständigen an: Martin Burgi, Experte für Vergaberecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München, gab Einblicke in die Optionen und gängige Praxis bei staatlichen Aufträgen. Burgi betonte, "die Maßstäbe transparent machen" zu wollen, er könne aber nicht einzelne Vorgänge beurteilen.

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