Innere Sicherheit in Bayern:Polizei will Chats von Kriminellen knacken

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Die Entschlüsselung von Täterkommunikation im Netz werde im Kampf gegen Organisierte Kriminalität immer wichtiger, betonen Innenminister Herrmann und Justizminister Eisenreich.

Von Sonja Hößl, München

Polizei und Justiz in Bayern wollen die Organisierte Kriminalität (OK) verstärkt bekämpfen - und sehen im Abgreifen von Chats von Verbrechern einen Schlüssel dazu. Innenminister Joachim Herrmann und Justizminister Georg Eisenreich (beide CSU) hoben am Montag bei einem Pressetermin im Landeskriminalamt drei zentrale Aspekte hervor: eben die Entschlüsselung von Täterkommunikation im Netz, zudem enge Zusammenarbeit von nationalen und internationalen Ermittlungsbehörden sowie Vermögensabschöpfung, also das Sicherstellen von Tatbeute.

Verschlüsselte Chats von Kriminellen zu knacken und auszuwerten, werde bei der Bekämpfung der OK immer wichtiger; so ließen sich tiefe Einblicke in die Verflechtungen gewinnen. Als gelungenes Beispiel hierfür nannte LKA-Vizepräsident Guido Limmer die Zerschlagung des Kommunikationsdienstes Encrochat. 2020 war es französischen Ermittlern gelungen, Chats Krimineller zu knacken und Informationen an andere Behörden weiterzugeben. So konnten laut Limmer über das Bundeskriminalamt 100 Ermittlungsverfahren eingeleitet, 60 Haftbefehle vollzogen und etwa eine Tonne Rauschgift sichergestellt werden.

"Organisierte Kriminalität macht an Ländergrenzen keinen Halt, sie arbeitet vernetzt und digital länderübergreifend", sagte Eisenreich. Deswegen müssten auch Justiz und Polizei immer vernetzter agieren. Auch bedürfe es immer mehr Expertenwissen. OK umfasse unterschiedliche Kriminalitätsphänomene wie etwa Zwangsprostitution, Drogenhandel oder Cyber-Trading. Deshalb habe man Experten aus allen Bereichen, die in den Staatsanwaltschaften unterstützend tätig seien.

Zudem arbeite man eng mit den Nachbarländern sowie europäischen Behörden zusammen. Grenznahe Staatsanwaltschaften in Bayern wurden personell verstärkt: "Unsere Spezial-Staatsanwälte ermitteln an Bayerns potenziellen Einfallstoren der internationalen Kriminalität - von den Flughäfen München und Memmingen über die Alpenregion bis zum Grenzübergang Waidhaus in der Oberpfalz." Als weiteres Werkzeug gegen Organisierte Kriminalität nannte Eisenreich die Vermögensabschöpfung: "Verbrechen darf sich nicht lohnen." 2020 konnte Tatbeute im Wert von insgesamt 12,6 Millionen Euro vorläufig sichergestellt werden.

Trotz bisheriger Erfolge gegen die OK sehen Herrmann und Eisenreich aber weiteren Handlungsbedarf. Die Bundesregierung sei ihrer Aussage nach verpflichtet, für Verbesserung zu sorgen: Der Zugriff auf verschlüsselte Telekommunikation müsse im Zusammenhang mit der Einführung des 5-G-Standards beim Mobilfunk erleichtert werden. Außerdem sei für die wirkungsvolle Bekämpfung eine zeitnahe Regelung zur Ausgestaltung der Verkehrsdatenspeicherung notwendig. Eisenreich forderte: "Bei schweren Straftaten brauchen unsere Ermittler ausreichende digitale Ermittlungsbefugnisse." Herrmann plädierte für die Einbindung des Verfassungsschutzes bei der Bekämpfung von OK in allen Bundesländern - nach bayerischem Vorbild.

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