Verfassungsbeschwerde:Beamtenverbände wollen keine Lobbyisten sein

Lesezeit: 1 min

30 Beamtenverbände klagen gegen das neue bayerische Lobbyregister. Sie haben gemeinsam eine Popularklage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingereicht. (Foto: Tobias Hase/dpa)

30 Organisationen klagen gegen das neue bayerische Lobbyregister. Sie sehen sich selbst in einer anderen Position als Branchenverbände oder Firmen. "Wir wollen ja nichts verkaufen", heißt es aus der Polizeigewerkschaft.

Von Johann Osel, München

Sind die Deutsche Polizeigewerkschaft, der Bayerische Lehrerverband, die Katholische Erziehergemeinschaft oder der Landesverband der beamteten Tierärzte als "Lobbyisten" gegenüber der Politik aktiv? 30 Beamtenverbände klagen gegen das neue bayerische Lobbyregister. Sie haben gemeinsam eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe und eine Popularklage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingereicht, zudem eine sogenannte Feststellungsklage am Verwaltungsgericht.

Auf Anfrage bestätigte eine Sprecherin des Bayerischen Beamtenbundes (BBB) entsprechende Medienberichte. Der BBB selbst ist als tarifverhandelnder Dachverband nicht von der Registerpflicht betroffen, die Kläger finden sich aber unter seinen Mitgliedern, quer durch die Berufe. Seit Jahresbeginn müssen sich Verbände und Unternehmen ins Lobbyregister des Landtags eintragen, wenn sie bei Parlament oder Staatsregierung für ihre Positionen werben, Stellungnahmen abgeben und somit Einfluss auf Gesetze nehmen wollen.

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Die Beamten-Organisationen treten laut BBB für ihre Beschäftigten ein und agierten damit anders als Branchenverbände oder Firmen, die Profit erwirtschaften wollten. Und anders als zum Beispiel im Lobbyregister des Bundestags oder in Bayern im Fall von Arbeitnehmervertretungen, die Tarife aushandeln, gelten sie nicht als Ausnahme. Mit den Klagen haben es die Verbände auch auf Rechtsschutz bis zu den Entscheidungen abgesehen; denn ohne Eintragung ins Register drohen Bußgelder.

Jürgen Köhnlein, Landeschef der Polizeigewerkschaft (DPolG), sagt: Das Registergesetz sei entstanden, "weil Politiker im Nebenberuf Schindluder getrieben haben, und wir werden mit allen in einen Sack gesteckt". Wenn seine Gewerkschaft zu Gesetzentwürfen Stellung beziehe, etwa zum Beschaffungswesen der Polizei, bringe man Wissen ein - in Vertretung der Beamten und für die Sache. "Wir wollen ja nichts verkaufen." Für Köhnlein ist das Register "handwerklich nicht zu Ende gedacht".

Mehr Transparenz als Ziel

Das Lobbyregister ist eine Folge der Maskenaffäre, neben etwa dem neuen Abgeordnetengesetz und geänderter Anzeigepflicht für Nebentätigkeiten. Wer künftig als Lobbygruppe Interessen durchsetzen will, muss sich registrieren und einen Verhaltenskodex bestätigen. Ziel der Plattform ist mehr Transparenz, der "legislative und exekutive Fußabdruck" von Organisationen soll öffentlich sichtbar werden. Rechtsexperten der beiden Regierungsfraktionen sagten laut Medienberichten, sie könnten die Klagen nicht nachvollziehen.

"Wir wollen einen engen Austausch und Dialog - aber auch weitreichende Transparenz", betonte Tobias Reiß (CSU). Alexander Hold (FW) sagte, man sei "im Interesse glaubwürdiger Transparenz" bewusst etwa über die Regeln auf Bundesebene hinausgegangen, "ohne verfassungsrechtliche Belange außer Betracht zu lassen". Er sei gespannt auf die Entscheidungen der Gerichte.

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