Unesco-Titel:Kulturerbe Schlachtschüssel

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Klischeebayern: Eine Kuh steht in der Nähe der Bichler Alm auf einer Wiese. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Bayerns immaterielles Kulturerbe ist gewachsen: Auf der Unesco-Liste stehen nun unter anderem der Dietfurter Chinesenfasching, vier Knabenchöre und die Schweinfurter Schlachtschüssel. Ein paar intensiv gepflegte Traditionen fehlen aber noch.

Glosse von Maximilian Gerl

Wer an Bayern denkt, denkt oft an Klischees. Das ist teils dem Tourismusmarketing zu verdanken; allerdings gibt es wahrlich Schlimmeres als das Bild von Kühen auf der Alm, golden leuchtendem Bier und Lederhosen. Die wenigsten hingegen denken auch an die Schweinfurter Schlachtschüssel. Dabei ist sie erinnerungswürdig.

Tatsächlich: Das Gericht und die dazugehörige Prozedur gelten seit vergangener Woche als immaterielles Unesco-Kulturerbe. Mehr Ehrung geht nicht für ein Brauchtum. Bei der Schweinfurter Schlachtschüssel handelt es sich um "ein von September bis April praktiziertes gesellschaftliches und kulinarisches Ritual", das rund um Schweinfurt seit Mitte des 19. Jahrhunderts angeboten wird. So steht es in einer Mitteilung des Heimatministeriums. An einem Essen sind demnach bis zu 150 Personen beteiligt, das Fleisch wird "tischweise gereicht". Gesungen wird dabei auch - wobei es Veganern angesichts der Fleischmassen vermutlich eher die Sprache verschlägt. Das wiederum dürfte den Stellenwert der Schlachtschüssel in manchen Kreisen noch erhöhen. Die Welt wartet bereits gespannt auf ein Schlachtschüssel-Selfie von Markus Söder. Dummerweise befindet er sich gerade auf China-Reise und folglich fernab Schweinfurter Küchen.

Dafür könnte der Ministerpräsident die Gelegenheit nutzen, um seinen Gastgebern den Chinesenfasching in Dietfurt zu erklären. Denn diese Veranstaltung, bei der chinesisch gewandete Oberpfälzer durch die Stadt paradieren, zählt nun ebenfalls zum immateriellen Kulturerbe. Gleiches gilt unter anderem für die Knabenchöre in Regensburg, Augsburg, Windsbach und Bad Tölz, das Goldschlägerhandwerk in Schwabach und das Treideln auf dem Ludwig-Donau-Main-Kanal.

Und so stehen jetzt 82 Kulturformen im bayerischen Landesverzeichnis. Hinein hat es in früheren Runden auch die "bayerische Brautradition" geschafft. Noch nicht aufgenommen wurden jedoch die oberbayerische Almwirtschaft, das Lederhosennähen und weitere liebgewonnene Klischees. Daher an dieser Stelle die dringende Bitte an die Unesco, sich folgender intensiv gelebter Traditionen anzunehmen: Funklocherhalt im Bayerischen Wald, Windrad-Allergie in Südbayern, Schimpfen auf Berlin (bayernweit, lokale Schwerpunkte CSU- und FW-Stammtische).

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