Landwirtschaft in Bayern:Sesam statt Erdbeeren, Mungbohnen statt Kartoffeln

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Klaus Fleißner von der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) steht auf einem Versuchsfeld mit Erdnusspflanzen. Das Projekt am LfL-Standort in Ruhstorf an der Rott (Landkreis Passau) ist eine Reaktion auf zunehmende Wetterextreme. Hier gedeiht in kleinen Mengen das, was künftig großflächig angebaut werden könnte. (Foto: Armin Weigel/dpa)

"Future Crop" heißt ein Forschungsprojekt, dessen Ziel es ist, die Landwirtschaft in Bayern angesichts vermehrter Wetterextreme auf die Zukunft vorzubereiten.

In langen Reihen sprießen Pflänzchen aus einem Ackerboden in Niederbayern - allerdings wachsen hier keine Kartoffeln oder Erdbeeren, sondern Erdnüsse, Sesam, Mung- und Augenbohnen. Das Projekt der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ist eine Reaktion auf zunehmende Wetterextreme. "Wir werden in 30 Jahren eine andere Landwirtschaft machen", ist Agraringenieur Klaus Fleißner überzeugt. Auf dem Feld am LfL-Standort in Ruhstorf an der Rott (Landkreis Passau) gedeiht in kleinen Mengen das, was künftig großflächig angebaut werden könnte.

Langanhaltende Trockenheit fordert auch in Bayern die Landwirtschaft heraus. Erdnüsse, Sesam, Schwarzkümmel und afrikanische Bohnensorten seien - in unterschiedlicher Ausprägung - trockentolerant, sagt Fleißner. Er sieht gute Chancen, die Pflanzen in Bayern zu kultivieren. Einige Landwirte hätten bereits Interesse. Fleißner hofft, weitere gewinnen zu können.

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Der Fachmann hat Erfahrung mit wärmeliebenden Pflanzen, schließlich hat er von 1986 bis 2007 in Namibia gelebt und gearbeitet. Über ein Praktikum sei er nach dem Studium in Freising-Weihenstephan in das afrikanische Land gekommen, erzählt der Franke. Bis 1995 habe er eine Rinderfarm gepachtet gehabt und dann im Landwirtschaftsministerium in Namibia gearbeitet. Von 2011 bis 2017 sei er für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit in Kamerun tätig gewesen. Inzwischen bringt er am LfL-Institut für Pflanzenzüchtung sein Wissen ein.

Bereits in der dritten Saison experimentiert Fleißner mit Erdnüssen. 2021 habe er erstmals Saatgut ausgebracht und in den Folgejahren wiederum die eigenen Nachzuchten gepflanzt. Aktuell hat er Sorten aus Usbekistan, Zypern, Bulgarien und Australien im Beet stehen. Der Vorteil von Erdnüssen? Sie seien Pfahlwurzler, deren Wurzel schon vier Wochen nach der Saat bis zu zwei Meter tief in den Erdboden reichten. Das heißt, die Wurzeln erreichen auch dann noch Wasser, wenn der Boden von oben her mangels Regen austrocknet.

Allerdings bräuchten Erdnüsse mehr Wasser als etwa die Augenbohne und die Mungbohne. Diese seien besonders trockentolerante Eiweißpflanzen. Ihr Laub könnte zudem getrocknet und gemahlen als Kraftfutter für Rinder verwendet werden. "Augenbohnen freuen sich über jeden Tag mit 30 Grad", sagt Fleißner. Reis benötige ebenfalls Wärme, allerdings auch viel Wasser. Er sei also nur bedingt einsetzbar.

Die Blüte einer Erdnusspflanze auf einem Versuchsfeld nahe Ruhstorf an der Rott. Angesichts des Klimawandels wird sich der Anbau von Feldfrüchten grundlegend verändern, sind Experten überzeugt. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Der LfL-Fachmann ist überzeugt, dass sich die Landwirtschaft - und mit ihr die Ernährung - in Zeiten des Klimawandels stark ändern wird. Auch ein Sprecher des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) sagt, dass gerade der Anbau von Obst und Gemüse schwieriger werden dürfte. "Den Bäuerinnen und Bauern ist bewusst, dass man dem zu verspürenden Klimawandel begegnen muss, und das tun sie auch." Landwirte seien Innovationstreiber. Sie wollten auch künftig ertragreich ernten, "um so ihren Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten zu können".

Die Komplexität bestehe auch darin, zu beurteilen, welche Kulturen wärmere Temperaturen und Extremwetterereignisse besser überstehen. Gerade Gemüsesorten wie Tomate, Rübe und Gurke benötigen Wasser, um wachsen zu können und einen guten Geschmack zu bilden. Dem pflichtet Klaus Fleißner von der LfL bei: "Mais wird an Bedeutung verlieren, die Erbse wird Probleme kriegen." Auch Kartoffel, Gurke und Weizen mache starke Trockenheit zu schaffen. Diese Kulturarten würden künftig wohl nicht verschwinden, jedoch zurückgedrängt.

Alte Weizensorten hätten eine hohe Trockentoleranz gehabt. Jedoch sei der Weizen den hiesigen Bedingungen und der Industrie angepasst worden, so Fleißner. Man müsste die Züchtungen erneut anpassen. Und die Bohne dürfte nicht nur mit Blick auf das Wetter gute Chancen haben, sondern auch wegen ihres hohen Eiweißgehaltes als Fleischersatz an Bedeutung gewinnen.

"Die Landwirtschaft klimafest zu machen, ist eine Mammutaufgabe", bilanziert der Fachmann. Das LfL-Forschungsprojekt "Future Crop" ist auf drei Jahre angelegt und wird vom bayerischen Landwirtschaftsministerium gefördert. Laut Fleißner ist bereits eine Verlängerung um drei Jahre beantragt.

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