Bayerisches Justizministerium:Opfer von Internet-Hetze sollen online Anzeige erstatten können

Lesezeit: 1 min

Der Staat müsse "klare Haltung" zeigen, wenn Kommentare im Internet die Schwelle zur Strafbarkeit überschreiten, sagte Justizminister Eisenreich. (Foto: Alessandra Schellnegger)

1650 Ermittlungsverfahren wegen Hass-Posts im Netz gab es in diesem Jahr bislang in Bayern. Für Menschen, die im Internet bedroht oder beleidigt werden, soll es künftig leichter werden, dies anzuzeigen.

Von Andreas Glas, München

Wer im Internet bedroht oder beleidigt wird, soll dies in Bayern bald über ein Online-Meldeportal zur Anzeige bringen können. Das gab Justizminister Georg Eisenreich (CSU) am Mittwoch bekannt. Bislang gibt es diese Möglichkeit nur für Medienunternehmen sowie Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker. Geprüft werden die Meldungen durch den Hate-Speech-Beauftragten der bayerischen Justiz, Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Hartleb. Auch eine Meldestelle für antisemitische Vorfälle existiert in Bayern bereits. Wann das Meldeportal für alle Bürgerinnen und Bürger online geht, steht allerdings nicht fest. Sein Ministerium verhandle noch mit einer Stiftung, die das Projekt koordinieren soll, sagte Eisenreich.

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In Bayern gab es im vergangenen Jahr laut Oberstaatsanwalt Hartleb rund 1650 Ermittlungsverfahren wegen Hass-Posts im Netz. Davon sei nur eines wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Dazu gebe es immer wieder konzertierte Aktionen, bei denen Wohnungen durchsucht und Handys, Laptops und Computer beschlagnahmt würden. Die "übliche Strafe" für Hasskommentare im Netz liege bei rund vier Monats-Nettogehältern. Bei vorbestraften Menschen könne "ein einzelner Hass-Post direkt ins Gefängnis" führen.

Der Staat müsse "klare Haltung" zeigen, wenn Kommentare im Internet die Schwelle zur Strafbarkeit überschreiten, sagte Justizminister Eisenreich und forderte erneut härtere Strafen für Beleidigungen im Netz. Er kritisierte zudem, dass "Deep Fakes", also gefälschte Bilder und Videos, im Strafrecht "noch nicht richtig abgebildet" seien. Vor allem im Messenger-Dienst Telegram sehen Eisenreich und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine Gefahr für die Demokratie durch Rechtsextreme, Corona-Leugner und Verschwörungserzähler. Telegram lösche kaum strafbare Inhalte und arbeite wenig effektiv mit den Behörden zusammen, sagte Söder. Sollte dies nach Gesprächen mit den Betreibern nicht besser werden, gebe es Möglichkeiten, den Dienst zu blockieren. Hierfür brauche es "ein nationales und europäisches Signal", sagte Söder.

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