Vor Gericht:Ein königlich-bayerischer Wappenstreit

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Das Polohemd mit dem Wappen der Wittelsbacher wird es in den Museumsshops nicht mehr geben. (Foto: dpa)
  • Luitpold von Bayern, der Urenkel des letzten bayerischen Königs, klagt gegen die Kulturgut AG. Das Unternehmen betreibt Museumsshops in Bayern.
  • Die Kulturgut AG hat das Wittelsbacher Königswappen unter anderem auf Polohemden drucken lassen - und damit Luitpold von Bayern verärgert.
  • Die Richterin am Landgericht München I hat nun einen Vergleich vorgeschlagen.

Von Stephan Handel, München

"Es handelt sich hier um ein königlich-bayerisches Verfahren", sagt Isolde Hannamann gleich zur Begrüßung, aber sie ist dann doch nicht der Herr Rat August Stierhammer am Amtsgericht zu Geisbach wie in der Kult-Serie, sondern Vorsitzende Richterin am Landgericht München I, und draußen vor den Fenstern ist auch nicht Niederbayern, sondern der Lenbachplatz. Der Fall jedoch, den Hannamann am Dienstag zu verhandeln hat, greift weit zurück, weiter noch als in die Zeit, als die Burschen schneidig waren, die Dirndl sittsam und die Honoratioren ein bisserl vornehm und ein bisserl leger.

Der Rückgriff in die Zeit "vor anno 14" ist allerdings ein sehr direkter - denn der Kläger ist Luitpold von Bayern, und er ist der Urenkel des letzten bayerischen Königs Ludwig III., der im Vorspann der Fernsehserie "Königlich Bayerisches Amtsgericht" noch als Prinzregent erwähnt wird, "ein kunstsinniger Monarch, denn der König war schwermütig". Luitpold aber nun legt sich mit der Kulturgut AG an, das ist ein Unternehmen, das per Vertrag mit der staatlichen Schlösser- und Seenverwaltung Museumsshops in den Sehenswürdigkeiten des Freistaats betreibt, in 28 Städten und noch mehr Geschäften, denn manche Städte haben mehr als eine Sehenswürdigkeit.

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738 Jahre lang regierten die Wittelsbacher in Bayern, nach dem ersten Weltkrieg verloren auch sie die Macht. 1923 einigte sich die Familie mit dem Freistaat auf ein Modell zum Vermögen, das bis heute Bestand hat.

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Nun aber hat die Kulturgut AG es gewagt, das Wittelsbacher Königswappen zu verwenden, indem sie es auf Polohemden und Baseball-Käppis sticken und diese dann verkaufen ließ. Das hat Luitpold von Bayern offensichtlich sehr empört - immerhin ist es das heraldische Zeichen seiner Familie mindestens seit 1835, mit seinen Vorläufern noch sehr viel länger. Außerdem verwendet er es auch auf den Flaschen, die er in Kaltenberg mit "Bier von königlicher Herkunft" befüllt, und am Ende verwechselt noch jemand Poloshirt und Bierflasche. Der Prinz mahnte die Firma ab, und als die nicht einlenken wollte, verklagte er sie.

Namensrechtehalter: Luitpold Prinz von Bayern und seine Frau Beatrix. (Foto: dpa)

Der juristische Teil des Prozesses ist schnell erzählt: Luitpold von Bayern beruft sich auf das Namensrecht und nebenbei auch noch auf die Marke, die ihm - wegen der Bierflaschen - gehört. Die braucht es aber gar nicht. Richterin Hannamann macht klar, dass einem Urteil des Bundesgerichtshofs zufolge das Namensrecht auch Wappen mit einschließt. Als das geklärt ist, geht es um Verwechslungsgefahr, nämlich wegen "Namensanmaßung" und "Zuordnungsverwirrung".

Solche schwierigen Wörter hat der Amtsgerichtsrat Stierhammer nie verwendet. Das Problem der Kulturgut AG ist, dass sie das Wappen auf dem Shirt dort angebracht hat, wo auf allen Shirts was angebracht ist, das Krokodil, der Polo-Spieler: auf der linken Brust. Das aber, sagt Richterin Hannamann, verstehe der durchschnittliche Verbraucher dann eben so, dass das sozusagen das Logo der Firma ist, die das Shirt vertreibt - in diesem Fall also das Haus Wittelsbach, was den durchschnittlichen Verbraucher in seiner Zuordnung verwirrt, weil es ja die Kulturgut AG ist, die sich Namen und Wappen anmaßt.

Kulturgut-Geschäftsführer Harald Brunnhuber und sein Anwalt versuchen zu retten, was zu retten ist: Sie hätten ja einen Vertrag mit dem Freistaat Bayern, dieser wiederum sei der Rechtsnachfolger des gleichnamigen Königreichs, also ...

Außerdem hätten sie ja auch gar nicht das offizielle Wappen als Vorlage verwendet, sondern ein Dekor von einem Baldachin in einem Schlafgemach auf Schloss Linderhof, das mehr oder weniger zufällig - vor allem aber: unter anderem - auch das Wappen zeige. Allerdings: Das Wappenschild selbst ist hier wie dort identisch, in der Mitte die bayerischen Rauten, drumherum die Zeichen der bayerischen Stämme. Zu guter Letzt trägt Brunnhuber noch vor, dass Shirt wie Käppi sowieso nicht mehr angeboten werden, schon allein, weil sie wenigstens für das Shirt in den Läden und Museumsshops eine Umkleidekabine bräuchten, die sie aber nicht haben.

Der Prinz hat zwei Anwältinnen geschickt, die aber nicht viel tun müssen, denn das Gericht macht recht schnell deutlich, dass es eher aufseiten der Wittelsbacher steht. Wohl auch deshalb macht Hannamann einen Vergleichsvorschlag, der für die Wittelsbacher deutlich vorteilhafter ist als für die Kulturgut AG: Diese verspricht, das Wappen nicht mehr zu verwenden, was auf Juristisch "Unterlassungserklärung" heißt. Dafür darf sie die restlichen Shirts und Käppis noch vier Wochen lang verkaufen, wenn der Vergleich zustande gekommen ist. Luitpold von Bayern hingegen soll auf einen Teil der Abmahnkosten verzichten. Die Prozesskosten trägt die Kulturgut AG, die Kosten des Vergleichs jede Partei selber.

Nun haben beide Parteien drei Wochen Zeit, dem Vergleich zuzustimmen, was sie allerdings schon im Gerichtssaal mehr oder weniger deutlich zugesagt haben. Wenn es sich einer doch noch anders überlegt, müsste die Kammer ein Urteil sprechen, was ihr wohl nicht schwerfallen würde - auf die Guillotin' hat Richter Hannamann eh noch niemanden geschickt, und in so einem Fall schon gleich gar nicht.

© SZ vom 07.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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