Versorgung:Ein Fonds für Bayerns frühere Herrscher

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738 Jahre lang regierten die Wittelsbacher in Bayern, nach dem ersten Weltkrieg verloren auch sie die Macht. 1923 einigte sich die Familie mit dem Freistaat auf ein Modell zum Vermögen, das bis heute Bestand hat.

Von Hans Kratzer

Stolze 738 Jahre lang waren die Wittelsbacher in Bayern an der Macht, bis sie im Laufe der Revolution im November 1918 vom Thron gestürzt wurden. Der Umsturz machte es auch in Bayern erforderlich, das Verhältnis zwischen dem neuen Freistaat und der abgesetzten Herrscherfamilie neu zu justieren, erst recht mit Blick auf die Besitztümer. Die Wittelsbacher hatten nach der (nicht vollzogenen) Abdankung des Königs Ludwig III. keineswegs auf ihre historischen Rechte verzichtet. Kompliziert wurde es vor allem deshalb, weil das Privateigentum des Hauses Wittelsbach und der Besitz des Staates vor 1918 nicht eindeutig voneinander getrennt waren. Die neue Regierung unter dem Ministerpräsidenten Kurt Eisner (USPD) stellte zwar alle Zahlungen ein und betrachtete die von den Wittelsbachern genutzten Schlösser sowie die Kunstsammlungen als Staatseigentum. Dieser Zustand ließ sich aber nicht lange halten.

Nachdem das Haus Wittelsbach Entschädigungsansprüche erhoben hatte, richtete der bayerische Staat im Jahr 1923 den Wittelsbacher-Ausgleichsfonds als Stiftung des öffentlichen Rechts ein. Es war ein Kompromiss, mit dessen Hilfe das Vermögen der Wittelsbacher und das des Staates juristisch sauber entflochten werden sollten.

Ausgestattet mit Ländereien, Immobilien, Kunstschätzen und Geld, dient der Ausgleichsfonds seitdem zur Versorgung der Mitglieder des Hauses Wittelsbach, aber auch zur Erhaltung der ihm zugewiesenen Schlösser und Kunstobjekte. Aus den Erträgen des Ausgleichsfonds erhält das Haus Wittelsbach jährlich fast 14 Millionen Euro. Der Fonds wird von einem Verwaltungsrat vertreten und überwacht. Ihm gehören fünf vom Haus Wittelsbach bestellte Verwaltungsräte und zwei von der Bayerischen Staatsregierung bestimmte Staatskommissare an. Die Geschäfte führt ein vom Verwaltungsrat bestellter Generaldirektor.

Der Wittelsbacher-Ausgleichsfonds besitzt viele Kunstwerke, die ursprünglich aus dem Privatvermögen des Hauses Wittelsbach stammen. Zum Großteil befinden sie sich heute in den staatlichen Museen, Sammlungen und Pinakotheken. Bei der Gründung des Ausgleichsfonds hat sich der Staat verpflichtet, diese Kunstschätze zu erhalten, zu pflegen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Franz Herzog von Bayern, der jetzige Chef des Hauses Wittelsbach, stiftete dem Wittelsbacher-Ausgleichsfonds überdies den größten Teil seiner privaten Kunstsammlung.

© SZ vom 16.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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